Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
noch drei bis fünf Minuten in immer tieferer Bewusstlosigkeit. Grau geht in Schwarz über; hello darkness, my old friend. Er hatte ausgerechnet in einem von Jonesys geliebten Kinsey-Millhone-Krimis von dieser Methode gelesen. Kriminalromane und Horrorfilme – das war Jonesys Ding.
    Alles in allem tendierte Henry eher zur Hemingway-Lösung.
    Pete trank sein erstes Bier aus, machte sich ein zweites auf und sah schon viel zufriedener aus. »Was hältst du davon?«, fragte er.
    Henry fühlte sich aus einem anderen Universum gerufen, aus einer Welt, in der die Lebenden auch wirklich leben wollten. Und wie stets in letzter Zeit machte ihn das gereizt. Aber es war wichtig, dass niemand Verdacht schöpfte, aber er hatte das Gefühl, dass Jonesy bereits etwas ahnte. Und Biber vielleicht auch. Sie waren es, die manchmal in ihn hineinschauen konnten. Pete hatte keine Ahnung, konnte aber vielleicht den anderen gegenüber etwas Falsches sagen, wie beschäftigt etwa der olle Henry immer wirke, als würde ihn irgendwas bedrücken, und das wollte Henry nicht. Es würde der letzte gemeinsame Jagdausflug der alten Kansas-Street-Gang sein, der roten Korsaren aus der dritten und vierten Klasse, und er wollte, dass es schön wurde. Er wollte, dass sie schockiert waren, wenn sie davon erfuhren, auch Jonesy, der schon immer am tiefsten in ihn hineingesehen hatte. Er wollte, dass sie sagten, sie hätten nichts geahnt. Lieber so, als dass die drei mit gesenktem Kopf dahockten, einander kaum noch in die Augen zu sehen wagten und dachten, sie hätten es wissen müssen, hätten es kommen sehen und etwas unternehmen müssen. Und so kam er in diese andere Welt zurück und heuchelte mühelos und überzeugend Interesse. Wer konnte das schließlich besser als ein Seelenklempner?
    »Was halte ich wovon?«
    Pete verdrehte die Augen. »Bei Gosselin’s, du Blitzmerker! Das ganze Zeug, das der alte Gosselin erzählt hat.«
    »Peter, sie nennen ihn ja nicht umsonst den alten Gosselin. Er ist mindestens achtzig, und wenn es eines gibt, woran bei alten Leuten bestimmt kein Mangel herrscht, dann ist es Hysterie.« Der Scout – mit seinen vierzehn Jahren auch nicht mehr der Jüngste und längst über die fünf Neunen auf dem Kilometerzähler hinaus – sprang aus der Spur und geriet sofort ins Schlingern, Allradantrieb hin oder her. Henry setzte zurück in die Spur und hätte fast gelacht, als Pete das Bier herunterfiel und er schrie: »He! Scheiße! Pass doch auf!«
    Henry ging vom Gas, bis er den Scout wieder im Griff hatte, und trat dann absichtlich zu schnell und zu heftig wieder aufs Gaspedal. Der Scout geriet wieder ins Schlingern, diesmal in die entgegengesetzte Richtung, und Pete schrie wieder auf. Henry nahm erneut Gas weg, und der Scout sprang zurück in die Spuren, wo er dann wie auf Gleisen fuhr. Das Schöne daran, wenn man beschlossen hatte, sich das Leben zu nehmen, war es anscheinend, dass man vor solchen Kleinigkeiten keine Angst mehr hatte. Die Scheinwerfer drangen durch das weiße Treiben Myriaden tanzender Schneeflocken, die, glaubte man der herkömmlichen Überzeugung, alle einzigartig waren.
    Pete hob sein Bier auf (es war nur wenig verschüttet) und tätschelte seine Bierkiste. »Fährst du nicht ein bisschen zu schnell?«
    »Ach was«, sagte Henry und fuhr dann, als wäre er mit dem Wagen nie ins Schleudern geraten (das war er durchaus) und als hätte es den Fluss seiner Gedanken nicht unterbrochen (das hatte es nicht), fort: »Gruppenhysterie findet man vor allem bei ganz alten und ganz jungen Menschen. Das ist ein auf meinem Gebiet ausführlich belegtes Phänomen, und bei den Soziologie-Schwachköpfen nebenan auch.«
    Henry schaute kurz hinunter und sah, dass er fast sechzig Stundenkilometer fuhr, was bei diesen Straßenverhältnissen tatsächlich ein wenig zu schnell war. Er ging vom Gas. »Besser so?«
    Pete nickte. »Nimm’s mir nicht krumm, du bist ein fabelhafter Fahrer, aber es schneit, Mann. Und außerdem haben wir den Proviant dabei.« Er wies mit dem Daumen über seine Schulter auf die zwei Tüten und zwei Kartons auf der Rückbank. »Außer den Hotdogs haben wir mindestens drei Packungen Makkaroni mit Käse von Kraft. Du weißt ja, Biber kann ohne das Zeug nicht leben.«
    »Ich weiß«, sagte Henry. »Ich ess das auch gern. Erinnerst du dich an diese Geschichten über Teufelsanbetungen in Washington, die Mitte der Neunziger die Runde machten? Die ließen sich zurückverfolgen zu mehreren alten Leuten, die mit ihren

Weitere Kostenlose Bücher