Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur
Expressionismus vorweg. Seine Erzählweise deutet voraus auf die Moderne.
Büchner wuchs als Sohn eines Arztes in Darmstadt auf und erlangte durch Elternhaus und Schule eine umfassende geistes- und
naturwissenschaftliche Bildung. Auf Wunsch des Vaters nahm er
1831 in Straßburg ein Medizinstudium auf, das er - durch die Landesgesetze genötigt - nach zwei Jahren in Gießen fortsetzen musste.
Bedrückt von der kleinstädtischen Enge, berichten seine Briefe von
Melancholie und Krankheit, aber auch von der intensiven Beschäftigung mit Philosophie und der Geschichte der Französischen Revolution. Er engagierte sich gegen die reaktionären Verhältnisse im
Großherzogtum Hessen und gründete 1834 die »Gießener Gesellschaft der Menschenrechte«. Nach der Verbreitung seiner sozialrevolutionären Flugschrift Der hessische Landbote floh Büchner 1835
vor einer drohenden Verhaftung nach Straßburg. Im darauffolgenden Jahr siedelte er nach Zürich um und war an der dortigen Universität als Privatdozent für Anatomie tätig. Mit nur 23 Jahren starb
Büchner an einer Gehirnentzündung.
Wichtiger Bestandteil seines Werks sind die Dramen Dantons Tod
(1835),Leonce und Lena (1838) und Woyzek (1878). Während Dantons
Tod die Französische Revolution u. a. mit dem Protagonisten Robespierre zum Hintergrund hat, thematisiert Büchner in dem Drama
Woyzek den historisch realen Mord eines Leipziger Bürgers an seiner Geliebten im Jahr 1821. Wie in der Erzählung Lenz nutzte der Autor somit historische Stoffe und Situationen als Brennglas für sein
künstlerisches und intellektuelles Schaffen.
Lenz 0A1839 1 48 Seiten 1 Form Erzählung 1 Epoche Vormärz
Die Erzählung schildert einen Lebensabschnitt des psychisch erkrankten Sturm-und-Drang-Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz
(1751-92). Mit einer innovativen Erzähltechnik ermöglicht Georg
Büchner dem Leser ein Miterleben des Wahns, der entgegen damaliger Einschätzungen nicht als selbst verschuldet erscheint, sondern
als nachvollziehbare Reaktion auf die umgebende Welt. Aus der
Sicht des psychisch Kranken konnte Büchner auch den Zweifel an
Gott formulieren, ohne sich angreifbar zu machen. Wichtiger Bestandteil der Erzählung sind die von Lenz formulierten kunsttheoretischen Betrachtungen, die in ihrer antiidealistischen Ausrichtung
auch das poetologische Konzept von Büchner kennzeichnen.
Entstehung Hauptquelle der Erzählung ist der Bericht des Pfarrers Oberlin über Lenz, der sich 1778 mit deutlichen Anzeichen einer
Psychose bei dem Geistlichen aufgehalten hatte. Den beobachtenden
Blick Oberlins verwandelt Büchner zugunsten der Einblicknahme in
die Wahrnehmungswelt des Kranken. Des Weiteren bezieht Büchner sich auf Johann Wolfgang von Goethes Bemerkungen über Lenz
in Dichtung und Wahrheit (1811-33), wobei er Goethes distanzierter
Darstellung ein mitfühlendes Psychogramm entgegenstellt. Die 1835
entstandene Erzählung wurde 1839 aus dem Nachlass veröffentlicht.
Inhalt Die Schilderung von Lenz' Weg ins Steintal ist geprägt von
seiner stark subjektiven Naturwahrnehmung. Lenz erscheint die Natur fremd und bedrohlich, sein Empfinden ist gekennzeichnet von
dem Gefühl der Entfremdung und Isolation. Der Dichter fühlt sich
vom Wahnsinn verfolgt und erreicht mit Erleichterung das Haus
Oberlins, in dessen wohltuender Atmosphäre er sich zunächst beruhigt. Schon bald kommt es aber erneut zu einem psychotischen
Schub. Oberlin nimmt den Dichter in den folgenden Tagen mit
auf seine seelsorgerischen Besuche bei der Landbevölkerung. Lenz
fühlt sich zu den einfachen Leuten hingezogen und in Momenten der pantheistischen Naturwahrnehmung sieht er sich im Einklang
mit der Welt und mit Gott. Als der Dichter Christian Kaufmann einen Besuch im Steintal macht, hält Lenz ein Plädoyer für eine Kunst,
die geprägt ist von unverklärter Wirklichkeitsdarstellung und sympathetischer Auseinandersetzung mit dem einfachen Menschen und
seinem Leid.
Wenig später verreist Oberlin. Der Zustand von Lenz verschlechtert sich wieder und er wird von religiösen Zweifeln geplagt. Als er
vergeblich versucht, ein totes Kind zum Leben zu erwecken, fällt er
in tiefe Verzweiflung. Hier offenbart sich die maßgebliche Ursache
seiner Krankheit: Büchner zeigt einen Menschen, der krank geworden ist am Leiden der Welt und an der eigenen Unfähigkeit, dieses Leiden zu mildern. Das Nichteingreifen Gottes führt Lenz zum
Atheismus. Der Zustand des Dichters verschlechtert sich
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