Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
seine Bemühungen, mittels der Finanzverwaltung der päpstlichen Gelder Geschäftsverbindungen bis in die höchsten Kreise des Klerus zu erlangen.
»Was hast du damit zu tun?«, fragte ich.
Jana grinste und packte mich in ihrer Begeisterung noch fester am Arm.
»Pratini hat ein Problem«, erklärte sie. »Er ist mit der Seidenzunft und mit der Zunft der Goldschmiede verfeindet. Seine Werkstatt kann deshalb nur Malereien und Bildhauerkunst liefern, womit sich deutlich weniger Geld verdienen lässt als mit Kleidung und Schmuck. Ich hingegen bin mit niemandem verfeindet. Ich kann mit jeder Fraktion Geschäfte machen. Und deshalb«, sie zuckte mit den Schultern, »wollte ich ihm seine Idee abjagen. Benozzo Cerchi und Paolo Boscoli waren zwei einflussreiche Mitglieder der beiden Zünfte. Cerchi hatte ich schon auf meiner Seite.«
Ich nickte schwer. Jana sah mich an. »Verstehst du? Das würde eine direkte Verbindung des Hauses Dlugosz zum Heiligen Stuhl in Rom herstellen. Und mit den Gold- und Silberminen in der Nähe von Krakau, von denen ich auch einige besitze, könnte ich den Schmuck noch günstiger herstellen lassen – oder das Erz direkt an die Werkstätten in Rom liefern und mit ihnen Partnerverträge abschließen. Das wäre der Durchbruch des Hauses Dlugosz!«
»Das ist die Geschäftsidee, mit der du deine Stellung zu Hause endgültig absichern wolltest. Ich ahnte nichts davon.«
»Peter, ich…« Jana brach plötzlich ab, und ihre Begeisterung verflog. »Ich wollte soeben sagen, ich konnte es dir nicht sagen, weil zu viel daran hängt, was für mich Bedeutung hat. Ich habe ganz vergessen…«
»Was?«
»Ich habe ganz vergessen, dass das, was am meisten für mich Bedeutung besitzt, unsere Liebe ist.« Sie nahm ihre Hand von meinem Arm, als hätte sie nicht mehr das Recht, sie dort zu lassen. Ich nahm sie und schloss meine Hände darum. Sie sah mich an und blickte gleich wieder zu Boden.
»Es war ein Fehler«, murmelte sie. »Es tut mir so Leid. Die ganze Zeit wollte ich meinen Plan mit dir teilen, und dann fürchtete ich, was du davon halten würdest und dass du versuchen könntest, mir die Idee auszureden, und…«
»… und außerdem hattest du Angst, ich würde mich einmischen und dir alles kaputtmachen.«
Sie sah auf. »Denkst du das von mir? Peter, glaubst du wirklich, ich halte dich für einen…«
»Jana, es ist ganz egal«, unterbrach ich sie. »Und außerdem hättest du Recht damit. Ich hätte mich eingemischt, und ich hätte deine Idee kaputtgemacht, so wie ich den Handel in Venedig beinahe ruiniert habe. Und jetzt Schluss damit. Ich bin nicht geschaffen für solche Geschäfte, und ich glaube immer mehr, dass ich überhaupt nicht für die Geschäfte geschaffen bin. In Landshut war ich vielleicht geschickt genug, mich über Wasser zu halten, aber die Welt ist klein in Landshut und überhaupt nicht damit zu vergleichen, was hier abläuft oder in Venedig oder meinetwegen in den großen Handelsstädten des Reichs.«
»Ich hatte kein Recht, dir das Vertrauen zu verweigern«, sagte sie leise.
»Das ist richtig.«
»Kannst du mir verzeihen?«
»Jana«, sagte ich lächelnd, »natürlich kann ich dir verzeihen.«
»Es tut mir so Leid. Ich war so zerrissen und so angespannt -und so voller Trauer wegen des Todes meines Vaters und so voller Angst, ob ich mich würde behaupten können. Und ich habe alles an dir ausgelassen.«
Ich dachte an den Gesichtsausdruck von Messer Maurizio, wann immer sich Jana ihm auf der Reise von Venedig nach Prato näherte. »Nicht nur an mir«, erklärte ich trocken.
»Ich war so dumm. Ich wollte das nicht. Ich habe so viele Fehler gemacht.«
»Nein, es waren keine Fehler. Torheiten vielleicht, aber selbst da bin ich mir nicht so sicher. Es ist einfach passiert. Was soll’s? Wer weiß, wie viele Torheiten ich schon begangen habe. Wenn wir sie uns gegenseitig aufrechnen, vergiften wir uns das Leben. Dass wir sie begangen haben, lässt sich doch nicht mehr ändern, und warum wir es taten – ist das wichtig? Hätten wir sie begangen, wenn wir nicht geglaubt hätten, einen Grund zu haben, egal, wie töricht er hinterher aussehen mag? Es kommt darauf an, was wir daraus machen, das ist alles.«
»Sagt das der Mann, der jahrelang wegen des Todes seiner Frau mit sich gehadert hat?« Sie sah mich ernst an, und das kleine Lächeln, das in ihren Mundwinkeln lag und die Grübchen in ihren Wangen andeutete, war nicht spöttisch, sondern mitfühlend. »Jana, mein Versäumnis von
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