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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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damals war keine Torheit, sondern ein wirklicher Fehler. Ich hätte sie und das Kind nicht zu retten vermocht, wenn ich statt über meinen Büchern neben ihrem Bett gesessen wäre; aber ich hätte wenigstens ihre Hand halten und von ihr Abschied nehmen können. Das kann ich nie wieder gutmachen – nicht vor Maria, das meine ich nicht. Ich meine vor mir selbst. Ich habe mich sieben Jahre lang für diesen Fehler bestraft. Doch genützt hat es niemandem, es hat nur meine Familie von mir entfremdet, was man schon wieder als weiteren Fehler werten könnte.« Ich wischte meine Argumente mit einer Handbewegung weg. »Und all das ist nichts anderes, als in einer Vergangenheit zu wühlen, die sich nicht mehr ändern lässt. Ob ich etwas daraus gelernt habe, zählt mehr, als was ich alles falsch gemacht habe.«
    Sie fragte mich nicht, was ich gelernt haben könnte, und in gewisser Weise war ich froh darüber. Ich hatte etwas gelernt, in den letzten paar Tagen mehr als in den letzten zweieinhalb Jahren, aber es in Worte zu fassen wäre mir schwer gefallen. Janas Liebe hatte mich von dem Gewicht befreit, das ich mir seit Marias Tod auf die Schultern geladen hatte, aber den Mühlstein an sich hatte sie nicht fortgenommen. Diese Aufgabe konnte niemand anderer bewältigen als ich selbst. Pratini versuchte, seinem Mühlstein mit Certosa Mea Culpa Gestalt zu geben, und indem er ihn in dieser Form erstehen ließ, auch gleichzeitig von seinem Hals zu bekommen. Für mich gab es eine andere Lösung. Ich wusste nur noch nicht, welche. Doch auch das war unerheblich. Antonio Pratini hatte mehr als zwanzig Jahre gewartet, bis sie ihm einfiel. Ich hatte nicht mehr so lange Zeit, aber ich war zuversichtlich, dass ich rechtzeitig darauf kommen würde.
    »Ist das der Grund, warum du mich noch nicht gefragt hast?«
    »Gefragt? Was gefragt?«
    »Ob ich das getan habe, wofür man mich verhaftet hat?« Jana versuchte, ihre Stimme nicht zittern zu lassen. Sie zitterte nicht, aber man hörte die Anstrengung. Ich schaute auf ihre Hand mit den zerschundenen Knöcheln und strich vorsichtig mit dem Daumen über die aufgeschürften Stellen.
    »Diese Frage ist für mich weniger wichtig als eine andere.«
    »Und die wäre?«
    Jetzt musste ich mich anstrengen, meine Stimme nicht beben zu lassen. »Ob unsere Liebe noch Bestand hat.«
    Sie schluckte, und ihre Hand erstarrte in meiner. »Warst du dir nicht sicher?«
    »Jetzt weiß ich, dass ich mir immer sicher war. Doch es gab eine Zeit, da wusste ich das nicht.«
    »Und das andere?«, flüsterte sie.
    »Die Frage nach deiner Mitschuld an der Verschwörung? Sosehr ich mich schäme, es einzugestehen: Auch da war ich mir lange nicht sicher.«
    »Und trotzdem bist du geblieben?«
    »Ja.«
    Aus ihren rot geränderten Augen traten erneut Tränen. Sie ließ sie über ihr Gesicht laufen, ohne sie abzuwischen. Sie hatte niemals schöner ausgesehen als jetzt. »Auch wenn du sagst, dass es dir nichts bedeutet; mir bedeutet es sehr viel: Peter, ich bin unschuldig. Ich wusste nichts von dieser Verschwörung.«
    »Ich weiß.«
    »Ich liebe dich so sehr«, sagte sie erstickt. »Was habe ich dir nur angetan?«
    »Du hast mir nichts angetan. Du hast mir geholfen, die Augen wieder zu öffnen. Das ist ein wenig Zweifel wert.«
    Sie lächelte unter Tränen und fasste mir mit einer Hand ins Gesicht. »Warum weinst du dann auch, du Dummkopf?«
    »Das ist das Problem beim Augenöffnen«, brummte ich. »Sie tränen dann so leicht.«
    »Ach Peter, war all dieses Leid notwendig, damit ich wieder so viel Glück empfinden kann, mit dir zu sprechen?«
    Ich zuckte die Achseln. Sie rückte näher zu mir und legte den Kopf auf meine Schulter. »Ich habe solche Angst, was sie uns antun werden«, sagte sie. »Doch jetzt ertrage ich sie leichter. Ich habe viel mit Benozzo Cerchi gesprochen, mit Hilfe von Leonardo dem Schreiber, der Latein spricht und sogar mein Kauderwelsch verstehen konnte.« Sie deutete auf den kahlköpfigen Mann, der den Fäkalienkübel hinausgetragen hatte und jetzt blicklos vor sich hinstarrte. »Benozzo war unschuldig, genauso wie ich. Sie hätten ihn nach der dritten Befragung freilassen müssen. Er wusste, dass er die Freiheit nicht mehr sehen würde, noch bevor sie ihn holten. Ich bestürmte ihn zu gestehen, damit sein Leid beendet würde, aber er sagte, er habe keine Angst mehr. Es gäbe etwas Wichtigeres als den Schmerz und den Tod, und das sei das Vertrauen und die Liebe seiner Familie. Wenn er gestehe, würde man

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