Duell auf offener Straße
Nachbarn.
Beziehungsveränderung
Hunde kennen ihre Menschen in- und auswendig. Die jeweiligen Rollen sind festgelegt. Eine Arbeit direkt am Problem ist in den wenigsten Fällen möglich. Wer im Konflikt gehört werden möchte, sollte innerhalb der Beziehung bereits glaubhaft vermittelt haben, dass er dies auch leisten kann. Meist wurde aber bisher etwas ganz anderes vermittelt, Hunde vergessen dies nicht von einem auf den anderen Tag. So ist ei-ne neue Definition der Rollen in der Regel der erste Schritt der Veränderung. Das spätere Training soll schließlich auf einen fruchtbaren Boden fallen.
Nirgendwo ist die Kommunikation intimer, enthemmter und authentischer als im häuslichen Miteinander. Zu Hause – der Ort, wo die meisten Menschen kein Problem empfinden und entspannt sind. Ein guter Ort, eine gute Stimmung, ein gesicherter Rahmen, um die ersten Veränderungen zu leben. Diese können unterschiedlichen Zielsetzungen folgen.
Mal sind die ersten Veränderungen zunächst nur dafür da, das Schlimmste durch Absicherung und Vermeidung des Konflikts zu verhindern, mal sind sie durch den selbstklärenden Anteil die Lösung für das Problem, mal verändern sie die Rollen und den Status von Mensch und Hund, mal helfen sie den Menschen, das eigene Erziehungsverhalten zu reflektieren oder auch wiederzufinden, mal verstören sie das System, um alte Strukturen aufzuweichen und Platz für neue zu schaffen, mal trainieren sie Mensch und Hund im Etablieren neuer Lernerfahrungen, mal bereiten sie den Boden für die späteren, praktischen Arbeiten mit dem Mensch-Hund-Team und mal fungieren sie als eine Art Resetknopf, um einen Neustart zu ermöglichen.
Veränderung wird Veränderung hervorbringen. Doch welche Richtung soll dabei eingeschlagen werden? Welche Grundlage brauchen Mensch und Hund? Jede Beziehungsveränderung sollte individuell sein und sowohl zum Menschen, zum Hund als auch zum Problem und dem jeweiligen Beziehungsstand passen. Leider weiß ich über Sie und Ihren Hund nichts und kann deshalb nur beispielhaft argumentieren und einen Überblick an Möglichkeiten verschaffen. Nach dem Herausarbeiten der Beziehungs- und Problemstruktur gebe ich den ersten Veränderungen gern eine Art Überschrift, ein Motto und eine eigene Zielsetzung, die auf dem Weg zur Lösung ein erstes Teilziel darstellt, allerdings Hand in Hand mit der Gesamtzielsetzung der Beratung geht.
Wenn sich einer in der Beziehung verändert, verändern sich die anderen mit – wenn auch zunächst skeptisch.
(Foto: Nadin Matthews)
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Stellen Sie sich einen Hund vor, der frustrationsbedingt andere Hunde an der Leine anbellt. Seine Besitzer beschreiben ihn als hektisch, enthemmt, laut fordernd, aber auch als Clown, der sie zum Lachen bringt. Sie selbst sind eigentlich eher ruhig, haben sich aber der Hektik des Hundes bereits angepasst und fühlen sich gestresst. Sie sind sehr fürsorglich, versuchen es dem Hund recht zu machen, erfüllen seine Aufträge in der Hoffnung, er würde dann zufrieden sein und Ruhe geben. Ungern sind sie mit ihrem Hund unterwegs, weil es so anstrengend mit ihm ist. Sie verzichten lieber auf Ausflüge, weil sie ein schlechtes Gewissen haben, ihn nicht mitzunehmen. Sie bekommen immer seltener Besuch, weil dieser vom Hund belästigt wird. Diese Beschreibung ist zwar nicht ausreichend, aber ich hoffe, dass sie als Beispiel ausreicht. Das Motto für die häuslichen Veränderungen könnte sein: „Ruhe führt zum Erfolg, Unruhe zum Misserfolg.“ Das bedeutet für die Menschen, dass sie beginnen, wieder eigene Entscheidungen zu treffen, sich Raum für Ruhe und eigenes Leben zu verschaffen, diese Ruhe als Grundstimmung für Situationen zu nehmen und dem Hund zu ermöglichen, Ruhe als erfolgreiche und Unruhe als erfolglose Strategie wahrzunehmen. Wenn sie das Motto als neue Regel in ihr System übernehmen und sie auf jede schwierige Situation übertragen, wird sich ihr Leben drastisch ändern. Dafür bedarf es nicht ganz vieler Veränderungen, sondern passender Veränderungen, die sich dann in allen Reaktionsmustern der Menschen widerspiegeln.
Veränderungen beginnen innen und können nicht von außen auferlegt werden.
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Im Nachfolgenden sind nun einige Dreh- und Angelpunkte zur praktischen Erläuterung von möglichen Beziehungsveränderungen aufgeführt. Je nach Diagnose im Einzelfall können einige dieser Punkte für eine Veränderung relevant sein und andere nicht. In jedem Fall müssen sie in
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