Duell der Leidenschaft
verlockend gewesen, dann hätte er keine Verantwortung mehr für sein Handeln übernommen. Wie es ihm gelingen sollte, seine Hände von ihr zu lassen, solange sie nicht wieder züchtig bekleidet war, vermochte er nicht zu sagen.
Ein Moskito hatte sich genau oberhalb des tiefen Ausschnitts ihres Kamisols auf dem Brustansatz niedergelassen. Ohne nachzudenken, streckte er die Hand aus und zerdrückte das Insekt zu einem grauen, mit Blut vermischten Streifen.
Sonia zuckte zusammen und sah ihn mit großen Augen an, bis er ihr seine Fingerspitze zeigte. Ehe sie etwas sagen konnte, hatte er bereits die Knöpfe seiner Weste geöffnet und zog sie aus. Dann zog er auch sein Hemd aus, um es ihr hinzuhalten. Sein Gehrock wäre besser gewesen, doch den hatte er auf See zurücklassen müssen, zusammen mit Sonias Fächer, der sich in einer der Taschen befand. Ihm würde seine Jacke fehlen, da dies sein Sonntagsanzug war. Um den Fächer dagegen würde er trauern. Das eine ließ sich ersetzen, das andere war für immer verloren.
Einem Reflex folgend, griff sie nach dem Hemd, wollte es ihm aber gleich wieder zurückgeben. »Das kann ich nicht annehmen.«
»Müssen Sie eigentlich bei allen Dingen so ein Theater machen?«, fragte er mit strapazierter Geduld, während er die Weste wieder überzog, in deren Tasche seine Uhr steckte. »Ziehen Sie es an, bevor Sie bei lebendigem Leib gefressen werden.«
»Wenn Sie meinen«, erwiderte sie.
»Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass es besser ist, wenn Sie Ihre Haut bedecken.« Ein Kiefermuskel zuckte, als er sich den Wunsch verkniff, ihr zu sagen, wieso es besser war, wenn sie so wenig wie möglich von ihren Reizen zur Schau stellte. Er weigerte sich, sie anzuschauen, während er redete, und er vermied es erst recht, wieder zu der Stelle an ihrem Busen zu sehen, die er vorhin berührt hatte.
Einen Moment lang musterte sie sein Gesicht, und irgendetwas, das sie dort sah, ließ ihre Augen ein wenig größer werden. Dann betrachtete sie sein Hemd, schüttelte es einmal und zog es schließlich an.
Als sie es zugeknöpft hatte, wurde offensichtlich, dass es ihr viel zu groß war. Die Ärmel reichten ihr bis weit über die Hände, das Rückenteil fast bis in die Kniekehlen. Kerr war froh, dass sie so zierlich war. Je mehr von ihrem Körper unter dem Hemdstoff verschwand, desto leichter fiel ihm das Durchatmen.
Ein sonderbares Vergnügen regte sich plötzlich in sei-ner Brust. Sie mochte sein Recht nicht anerkennen, ihr Beschützer zu sein, aber wenigstens hatte sie sein Hemd angenommen. Ihm kam es vor wie ein kleiner Sieg, und ein wenig fühlte er sich so, dass sie damit auch ihn zumindest zum Teil akzeptierte.
»Hören Sie«, sagte er und nahm bewusst seinen Blick von ihren weiblichen Kurven, um den Dschungel ringsum zu betrachten. »Wir müssen so viel Abstand zur mexikanischen Marine wie möglich bekommen. Wir müssen Wasser, Nahrung und einen Unterschlupf finden - und natürlich einen Weg, um aus diesem Schlamassel herauszukommen, in den wir geraten sind. Wir können uns währenddessen streiten, aber ich glaube, unsere Chancen stehen besser, wenn wir den Waffenstillstand vereinbaren, von dem Sie heute Morgen an Deck sprachen. Wenn wir zurück in der Zivilisation sind, können wir immer noch da weitermachen, wo wir aufgehört haben.«
Langsam begann ihr Gesicht zu erröten. Einen Moment lang glaubte er, Verärgerung sei der Grund, doch dann wurde ihm klar, wo sie beide aufgehört hatten: am Frühstückstisch, wo sie ihn mit Schinken gefüttert und mit dem Fuß an seinem Bein gespielt hatte. Nun, er hätte nichts dagegen, wenn sie genau da weitermachen würden.
Sie senkte ihren Blick, sodass er ihr nicht mehr in die Augen sehen konnte. »Sie haben völlig recht.«
»Was?« Ihre Kapitulation kam so unerwartet, dass er stutzte und sich fragte, ob ihm wohl irgendetwas entgangen war. Oder lag es daran, dass er sich erinnerte, wie er die Spitze ihrer dünnen Schuhe durch seinen Stiefel hindurch an seiner Wade gespürt hatte?
»Es wird das Beste sein, unsere Differenzen beizulegen, so wie Sie es sagten. Es wäre dumm von mir, anders zu handeln, da ich am meisten davon zu profitieren habe. Ich muss zugeben«, fügte sie mit leiser Verbitterung an, »dass ich zusammen mit Ihnen bessere Chancen habe, hier wieder Herauszukommen, als wenn ich es allein versuche.«
Das klang vernünftig, und eigentlich wollte er ihr auch glauben.
Stattdessen beunruhigte es ihn, denn sie sah ihn in diesem
Weitere Kostenlose Bücher