Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
blinzelte sie zu Hern hinüber und fragte sich, ob er das gleiche hörte. Sein Gesicht hatte einen stumpfen, benommenen Ausdruck mit einem Hauch von Kummer und Selbstverachtung. Sie wandte sich schnell ab, weil sie Nil 11 vorkam, als würde sie in seine Intimsphäre eindringen. Der Staub wurde immer dichter und klumpte sich zu halbgeformten Geschöpfen, die neben ihr hersprangen, -wogten oder glitten. Sie bemühte sich, sie zu ignorieren. Anfänglich waren Nie nicht mehr als verschwommene Formen mit unbestimmten Umrissen, doch mit der Zeit wurden die Konturen schärfer, als ob sie selbst durch ihre Beobachtung Einfluß auf sie hätte. Sie schaute weg, ließ den Blick aber immer wieder zurückwandern und wurde durch eine Kraft in ihrem Innern, die stärker als ihr Wille war, zum Hinsehen gezwungen.
Tayyan ritt neben ihr als grau-schwarze Skizze, verschwommen zuerst, doch für Serroi deutlich erkennbar an ihrer Kopfhaltung und der kantigen Grazie ihres Körpers. Dann flüstert der Wind mit Tayyans Stimme:
Serroi, Serroi, Serroi.
Serroi weint, die Tränen graben Furchen in die Staubmaske auf ihrem Gesicht. Eine hohe Gestalt schwebt in den Staub zwischen Serroi und die Staub-Tayyan, eine elegante, schwarze Gestalt mit bleichem Gesicht und bleichen Händen, von dessen Nasenflügel ein schimmernder, schwarzer Rubintropfen baumelt (der schwarze Rubin beschäftigt Serroi einen Augenblick, doch sie vergißt ihn, als die Szene sich weiterentwickelt). Sein Mund bewegt sich, und das Flüstern des Windes nimmt den dunklen Klang seiner Stimme an:
Serroi, Serroi, Serroi.
Tayyan reicht dem Noris eine langfingrige Hand. Eine bleiche Hand schließt sich um die andere. Tayyan lenkt ihr Staubmacain mit den Knien und zieht den Noris hoch, bis sie sich auf gleicher Höhe befinden und seine lange Robe hoch über schlanken, muskulösen Beine emporrutscht. Er beugt sich ihr hinüber, und es folgt ein langer, ausgedehnter, unglaublicher Kuß, bei dem sie miteinander zu verschmelzen scheine Plötzlich ist er nackt und gewaltig erregt. Serroi starrt fassungslos an, weiß, daß es unmöglich ist, aber hat den Grund dafür vergessen. Tayyan ist jetzt ebenfalls nackt. Es ist absurd. Serroi müßte lachen, doch sie weint statt dessen und schluchzt vor Kummer und Leid, während Tayyan und der Noris sich paaren und es bei aller Raserei schaffen, das Gleichgewicht auf dem Staubmacai zu halten. Ihre Augen brennen, bis die Tränen das Bild verwischen, und obgleich ihr übel wird, kann sie den Blick nicht abwenden, bis sie nur noch den dahingleitend Staub sieht und blind und schluchzend weiterreitet, gegen das Gefühl eines schrecklichen Verlusts ankämpft, gegen die ei kalte Wut, betrogen zu sein, gegen eine Kränkung, die nicht wieder gutzumachen ist.
Als sie sich endlich wieder in die Wirklichkeit zurückkämpft und die schmutzigen Tränen aus den Augen wischte, waren die qualvollen Bilder zu Staub verblaßt. Sie sah zu Hern hinüber. Er blickte finster drein, und während sie ihn beobachtet schien er sich mit Entsetzen in den Augen abzuwenden.
Lichtperlen beginnen sich um Serroi zu sammeln und sind bald deutlicher als Elfenfalter zu erkennen, deren winzige, glühend Körper vor ihrem geistigen Auge ein Muster von berausche der Schönheit weben. Ihr stockt vor Begeisterung fast den Atem, und Entsetzen schnürt ihr die Kehle zu, als die Licht eines nach dem anderen verlöschen und die kleinen Körper
Boviste aufbrechen und die leeren Hülsen ihr ins Gesicht rennen, tot und vergangen in einer Welt, um die es ohne sie schlechter bestellt ist.
Chiniwelpen spielen neben ihr und springen voll überschämender Lebensfreude herum. Chiniwelpen laufen lautlos neben ihr her, und ihre Augen schimpfen sie Verräterin und Mörderin. »Ich konnte nicht anders«, schreit sie. »Er war zu stark für mich. Ich habe mich gegen ihn gewehrt, jawohl. Ihr wißt, daß ich es versucht habe.« Die Welpen rennen aufeinander zu und verschmelzen zu einer großen, schwarzen Bestie, die mit wilden Sätzen neben ihr herläuft, sie angrinst und sich schließlich in Staub auflöst.
Tote Menschen, ihre Toten, die durch ihre Hände Gefällten schweben um sie her, feixen sie an, verfluchen sie, jede Verwünschung einfach nur ihr Name:
Serroi, Serroi, Serroi, Serroi.
Das Land stieg allmählich an. Langsam und unter Mühen lassen sie die Ebene der Staubteufel hinter sich und klettern höher in den reineren Wind. Serroi hatte sich leergeweint. Sie ritt mit um den Sattelknauf
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