Duell der Zauberer
überallhin zu folgen. Wo immer er hinging, ich war in seiner Nähe.«
»Wozu?« fragte Brand.
»Zuerst wußte ich es nicht. Dann kam er eines Tages aus dem Thronsaal, in seiner Robe und mit der Krone auf dem Kopf. Er schien so aufgeplustert von seiner eigenen Wichtigkeit – als ob er wirklich ein König war, und nicht nur ein sendarischer Küchenjunge. Da wußte ich, was ich zu tun hatte. Ich nahm meinen Dolch und warf ihn nach ihm.«
Brands Gesicht erstarrte plötzlich.
»Lange Zeit danach versuchte ich, ihm aus dem Weg zu gehen«, fuhr Olban fort. »Ich wußte, daß das, was ich getan hatte, falsch war – schon als der Dolch meine Hand verließ. Ich dachte, wenn ich mich von ihm fernhielte, würde er nie herausfinden, daß ich es gewesen war, der ihn hatte töten wollen. Aber er hat Macht, Vater. Er hat Möglichkeiten, Dinge zu erfahren, die kein Mensch wissen kann. Eines Tages hat er mich aufgesucht und mir den Dolch zurückgegeben, den ich nach ihm geworfen hatte, und er hat mir gesagt, daß ich niemandem erzählen sollte, was ich getan hatte. Er hat das für dich getan, Vater, um dir meine Schande zu ersparen.«
Mit grimmigen Gesicht erhob sich Brand. »Kommt«, sagte er zu seinen drei anderen Söhnen. »Wir müssen kämpfen, wir haben nicht genug Zeit, um sie mit Verrätern zu verschwenden.« Bewußt drehte er seinem sterbenden Sohn den Rücken zu.
»Ich habe versucht, seiner Gnade gerecht zu werden, Vater«, flehte Olban. »Ich habe geschworen, mit meinem Leben seine Königin zu schützen. Zählt das denn nichts?«
Brands Gesicht war steinern, in grimmigem Schweigen wandte er seinem Sohn weiterhin den Rücken zu.
»Belgarion hat mir vergeben, Vater. Kann dein Herz mir nicht auch verzeihen?«
»Nein«, sagte Brand heiser. »Ich kann es nicht.«
»Bitte, Vater«, flehte Olban. »Hast du nicht eine Träne für mich?«
»Nicht eine«, sagte Brand, aber Ariana sah, daß seine Worte nicht der Wahrheit entsprachen. Die Augen des finsteren, graugekleideten Mannes standen voller Tränen, aber seine Miene blieb unbewegt. Ohne ein weiteres Wort schritt er aus dem Zelt.
Wortlos drückten Olbans Brüder ihm nacheinander die Hand, dann folgten sie ihrem Vater.
Olban weinte eine Zeitlang leise, aber dann linderten seine wachsenden Schwäche und die Droge, die Ariana ihm gegeben hatte, seinen Kummer. Er lag eine Weile halbdösend auf seiner Pritsche, dann richtete er sich mühsam auf und winkte dem Mimbrermädchen. Sie kniete neben ihm nieder, stützte ihn mit einem Arm und beugte sich zu ihm, um seine stammelnden Worte zu verstehen. »Bitte«, flüsterte er, »bitte sag Ihrer Majestät, was ich meinem Vater gesagt habe, und sag ihr, wie leid es mir tut.« Dann fiel sein Kopf gegen ihre Schulter, und er starb still in ihrem Armen.
Ariana blieb keine Zeit zu trauern, denn in diesem Moment trugen drei Sendarier Oberst Brendig herein. Der linke Arm des Obersten war so zerschmettert, daß keine Aussicht auf Heilung bestand.
»Wir waren dabei, die Brücke einzureißen, die zur Stadt hinüberführte«, berichtete einer der Sendarier knapp. »Eine Stütze wollte nicht nachgeben, und da ist der Oberst selbst hin, um sie abzuschlagen. Als sie schließlich brach, fielen die Balken der Brücke auf ihn.«
Ariana untersuchte Brendigs zerschmetterten Arm sorgfältig. »Ich fürchte, hier gibt es keine Rettung, Herr«, sagte sie. »Der Arm muß ab, sonst wird er absterben und Euch das Leben nehmen.«
Brendig nickte düster. »Das hatte ich erwartet«, antwortete er.
»Dann sollten wir wohl besser anfangen.«
»Dort!« rief König Rhodar, flußabwärts deutend. »Der Rauch – er ist grün! Das ist das Signal. Wir können jetzt den Rückzug antreten.«
General Varana starrte jedoch auf das flußaufwärts gelegene Ufer. »Ich fürchte, es ist zu spät, Eure Majestät«, sagte er leise. »Eine Armee aus Malloreanern und Nadrakern ist gerade westlich von uns am Fluß eingetroffen. Es sieht ganz danach aus, als wäre uns der Weg abgeschnitten.«
18
D ie Neuigkeit vom Tode Taur Urgas’ ging wie ein Stöhnen durch die Armee der Murgos, und den schwarzgekleideten Truppen sank der Mut. Taur Urgas war zwar von seinen Männern gefürchtet worden, aber sein wütender Wahn hatte ihnen doch das eigenartige Gefühl verliehen, unbesiegbar zu sein. Sie hatten den Eindruck gewonnen, daß sich ihnen nichts in den Weg stellen konnte und daß sie selbst als Werkzeuge seines Willens, in gewissem Grade seine schiere Unverwundbarkeit
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