Duell der Zauberer
wir weiterziehen. Wir werden nicht mehr belästigt werden.«
Garion kam wieder auf die Füße und wischte sich geschwächt den Mund ab.
»Geht es wieder besser?« fragte Belgarath.
»Eigentlich nicht«, antwortete Garion, »aber es ist nichts mehr da, was hochkommen könnte.«
»Trink etwas Wasser und versuche, nicht mehr daran zu denken.«
»Wirst du das noch mal machen müssen?« fragte Silk beunruhigt.
»Nein.« Belgarath deutete auf einen etwa eine Meile entfernten Hügelrücken, über den sich einige Reiter bewegten. »Die anderen Morindim dieser Gegend haben alles beobachtet. Die Nachricht darüber wird sich verbreiten, und niemand wird uns von jetzt an zu nahe kommen. Laßt uns aufbrechen. Es ist noch ein langer Weg zur Küste.«
In den nächsten Tagen erfuhr Garion alles, was er wissen wollte, über den schrecklichen Kampf, den er mitangesehen hatte.
»Die Form ist der Schlüssel zu dem Ganzen«, erklärte Belgarath. »Was die Morindim Teufelsgeister nennen, unterscheidet sich gar nicht so sehr von Menschen. Man formt in seiner Phantasie eine Illusion und zwingt sie dem Geist auf. Solange man ihn in dieser Illusion gefangenhält, muß er tun, was man ihm befiehlt. Wenn die Illusion jedoch aus irgendeinem Grund brüchig wird, befreit sich der Geist und nimmt seine wahre Gestalt wieder an. Danach hat man keinerlei Kontrolle mehr über ihn. Ich habe in diesen Dingen einen gewissen Vorteil. Es hat meine Vorstellungskraft geschärft, daß ich oft zwischen Mensch- und Wolfsgestalt wechsle.«
»Warum hat Beldin denn gesagt, du wärst ein schlechter Magier?« erkundigte sich Silk neugierig.
»Beldin ist Purist«, antwortete der alte Mann achselzuckend. »Er meint, daß es notwendig ist, alles in die Form zu geben – bis zur letzten Schuppe und dem kleinsten Zehnagel. Eigentlich ist das nicht unbedingt nötig, aber so sieht er es nun einmal.«
»Könnten wir vielleicht von etwas anderem reden?« fragte Garion.
Am nächsten Tag erreichten sie die Küste. Der Himmel war immer noch bedeckt, und das Meer des Ostens wogte düster unter den schmutziggrauen Wolken. Der Strand, auf dem sie entlangritten, war breit und bestand aus runden, schwarzen Kieseln, zwischen denen weißes, ausgebleichtes Treibholz lag. Wellen rollten schäumend ans Ufer, nur um mit einem endlosen, klagenden Seufzen wieder zurückzuströmen. In dem kräftigen Wind segelten kreischende Seevögel.
»Welche Richtung?« fragte Silk.
Belgarath sah sich um. »Nach Norden.«
»Wie weit noch?«
»Ich bin nicht ganz sicher. Es ist schon lange her, und ich weiß nicht genau, wo wir sind.«
»Du bist nicht gerade der beste Führer der Welt, alter Freund«, beklagte Silk sich.
»Du kannst nicht alles haben.«
Zwei Tage später erreichten sie die Landbrücke, und Garion starrte sie entsetzt an. Sie war ganz anders, als er sie sich vorgestellt hatte. Eine Reihe runder, vom Wasser glatt geschliffener Felsbrocken ragte aus dem dunklen Wasser und zog sich in einer unregelmäßigen Linie bis zu einem Fleck am Horizont. Der Wind kam von Norden und brachte eine bittere Kälte und den Geruch nach Polareis mit sich. Zwischen den Felsen war das Wasser aufgewühlt, weil sich die Wellen hier an Unterwasserriffen brachen.
»Wie sollen wir denn da hinüberkommen?« fragte Silk.
»Wir warten, bis Ebbe ist«, erklärte Belgarath. »Dann sind die Riffe weitgehend über Wasser.«
»Weitgehend?«
»Von Zeit zu Zeit müssen wir vielleicht waten. Laßt uns diese Felle von unseren Kleidern trennen, ehe wir aufbrechen. Dann haben wir während des Wartens etwas zu tun, und außerdem duften sie allmählich etwas kräftig.«
Hinter einem Stoß Treibholz suchten sie Schutz und trennten die steifen, riechenden Pelze von ihren Kleidern. Dann holten sie ein paar Lebensmittel aus ihrem Gepäck und aßen. Garion stellte fest, daß die Farbe, mit der seine Haut getönt war, an den Händen schon langsam verblaßte und die Tätowierungen auf den Gesichtern seiner Freunde merklich heller geworden waren.
Es wurde dunkler, und die kurze Zeit der Dämmerung, die einen Tag vom andern trennte, schien länger zu sein als noch vor einer Woche.
»Der Sommer hier oben ist fast vorbei«, bemerkte Belgarath, der auf die Felsen starrte, die langsam aus dem zurückweichenden Wasser auftauchten.
»Wie lange noch bis zur Ebbe?« fragte Silk.
»Ungefähr eine Stunde.«
Sie warteten. Der Wind pfiff launisch um den Treibholzstapel, und das hohe Gras am Rand des Strandes
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