Duell der Zauberer
nichts über ihre wahren Gefühle für sie. Gegen jede Vernunft schloß sie, daß das ganze Problem in den Bärten läge. Wie sollte sie erkennen, was ein Mann dachte, der bis zu den Ohren zugewachsen war? Nur das rasche Eingreifen der Gräfin Merel, der kühlen, blonden Gemahlin des Grafs von Trellheim, hatte sie davon abgehalten, eine allgemeine Rasur anzuordnen.
»Das kannst du nicht, Islena«, hatte Merel ihr entschieden erklärt und der Königin dabei die Feder aus der Hand genommen, mit der sie gerade die hastig aufgesetzte Proklamation unterzeichnen wollte. »Sie hängen an ihren Bärten wie kleine Jungen an ihrem Lieblingsspielzeug. Du kannst nicht verlangen, daß sie ihre Bärte abnehmen.«
»Ich bin die Königin.«
»Aber nur, solange sie es dir gestatten. Sie akzeptieren dich aus Respekt vor Anheg, und mehr auch nicht. Wenn du ihren Stolz verletzt, setzen sie dich ab.« Diese furchtbare Drohung hatte die Angelegenheit ein für allemal beendet.
Islena verließ sich mehr und mehr auf Baraks Frau, und es dauerte nicht lange, bis die beiden, die eine in Purpur, die andere in Grün, nur selten einzeln anzutreffen waren. Selbst wenn Islena zauderte, erstickte Merels eisiger Blick jede Spur von Respektlosigkeit, die hin und wieder auftauchte – vor allem, wenn das Bier zu reichlich geflossen war –, im Keim.
Letztendlich war es Merel, die die täglichen Entscheidungen traf, die das Königreich lenkte. Wenn Islena auf dem Thron saß, stand Merel, die blonden Zöpfe auf dem Kopf festgesteckt wie eine eigene Krone, an ihrer Seite, wo die unentschlossene Königin sie gut sehen konnte. Cherek wurde durch ihr Mienenspiel regiert. Ein leises Lächeln bedeutete ja, ein Stirnrunzeln nein, ein kaum wahrnehmbares Schulterzucken vielleicht. Es funktionierte gut.
Nur einer ließ sich von Merels frostigen Blicken nicht einschüchtern. Grodeg, der hochgewachsene, weißbärtige Hohepriester Belars, forderte unerbittlich Privataudienzen bei der Königin, und sobald Merel den Raum verlassen hatte, war Islena verloren.
Trotz Anhegs allgemeiner Mobilmachung waren die Mitglieder des Bärenkultes noch nicht aufgebrochen, um sich dem Feldzug anzuschließen. Ihre Versprechungen, später zur Flotte zu stoßen, klangen zwar aufrichtig, aber im Laufe der Zeit wurden ihre Ausflüchte und Verzögerungen immer offensichtlicher. Islena wußte, daß Grodeg hinter allem steckte. Nahezu jeder gesunde Mann im Reich war mit der Flotte fort, die bereits den breiten Aldur hinaufruderte, um in Zentralarendien mit Anheg zusammenzutreffen. Die Palastwachen in Val Alorn bestanden nur noch aus grauhaarigen alten Männern und jungen Burschen, denen gerade der erste Flaum auf den Wangen sproß. Nur der Bärenkult blieb zurück, und Grodeg tat alles, um seinen Vorteil bis zum äußersten auszunutzen.
Er war wohl höflich, verbeugte sich vor der Königin, wenn die Situation es erforderte, und erwähnte auch nie ihre frühere Verbindung mit dem Kult, aber seine Angebote zu helfen wurden immer beharrlicher, und wenn Islena bei seinen Vorschlägen über dies und das zauderte, behandelte er ihr Zögern glattzüngig als Einverständnis. Nach und nach verlor Islena die Kontrolle, und Grodeg, mit der bewaffneten Macht des Kultes hinter sich, übernahm das Sagen. Immer mehr Kultmitglieder überschwemmten den Palast, erteilten Befehle, trieben sich im Thronsaal herum und grinsten offen über Islenas Regierungsversuche.
»Du wirst etwas unternehmen müssen, Islena«, sagte Merel eines Abends streng, als die beiden allein in den Privaträumen der Königin waren. Sie ging in dem mit Teppichen ausgelegten Zimmer auf und ab. Ihr Haar schimmerte weich wie Gold im Licht der Kerzen, aber in ihrer Miene lag nichts Sanftes.
»Was soll ich denn tun?« jammerte Islena händeringend. »Er ist nie offen respektlos, und seine Entscheidungen scheinen immer ganz im Interesse Chereks zu liegen.«
»Du brauchst Hilfe, Islena«, erklärte Merel.
»Aber an wen kann ich mich wenden?« Die Königin von Cherek war den Tränen nahe.
Gräfin Merel strich sich das grüne Kleid glatt. »Ich glaube, es wird Zeit, an Porenn zu schreiben«, sagte sie.
»Was soll ich denn schreiben?« fragte Islena kläglich.
Merel deutete auf einen kleinen Tisch in der Ecke, auf dem Pergament und Tinte warteten. »Setz dich«, befahl sie, »und schreibe, was ich dir sage.«
Graf Bradohr, der tolnedrische Botschafter, wurde allmählich ausgesprochen lästig, fand Königin Layla. Die mollige kleine
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