Duell der Zauberer
bleiben.«
»Natürlich, Eure Majestät.«
»Und wenn er zufällig ein paar Vorschläge machen oder gar seine Dienste anbieten sollte, dann wüßten wir überhaupt nichts davon, nicht wahr? Was ein Bürger in seiner Freizeit macht, ist schließlich nicht unsere Sache, oder?«
»Sehr wahr, Eure Majestät.«
Der Kaiser grinste breit. »Und wir beide bleiben bei dieser Geschichte, nicht wahr, Morin?«
»Auf Biegen und Brechen, Eure Majestät«, antwortete Morin ernst.
Der Kronprinz von Drasnien rülpste laut ins Ohr seiner Mutter, seufzte und fiel auf der Stelle an ihrer Schulter in Schlaf. Königin Porenn lächelte ihn an, legte ihn zurück in seine Wiege und wandte sich wieder dem drahtigen Mann in der unauffälligen Kleidung zu, der in einem Stuhl lag. Der hagere Mann war unter dem seltsamen Namen ›Javelin‹ bekannt. Javelin war der Leiter des drasnischen Geheimdienstes und einer von Porenns engsten Beratern.
»Jedenfalls«, fuhr er mit seinem Bericht fort, »die Armee des tolnedrischen Mädchens ist noch zwei Tagesmärsche von der Feste entfernt. Die Techniker sind dem Zeitplan etwas voraus und arbeiten an den Hebewerken oben auf der Klippe, und die Chereker treffen Vorbereitungen, um mit dem Transport der Schiffe vom Ostufer des Aldurs aus zu beginnen.«
»Dann scheint ja alles nach Plan zu verlaufen«, sagte die Königin und nahm wieder auf ihrem Stuhl am Tisch neben dem Fenster Platz.
»In Arendien gibt es leichte Schwierigkeiten«, bemerkte Javelin. »Die üblichen Hinterhalte und Zänkereien nichts wirklich Ernstes. Königin Layla hat den Tolnedrer Brador so aus dem Gleichgewicht gebracht, daß es fast so ist, als wäre er überhaupt nicht in Sendarien.« Er kratzte sich das spitze Kinn. »Aus Sthiss Tor kommen seltsame Informationen. Die Murgos versuchen, über etwas zu verhandeln, aber ihre Botschafter sterben ständig. Wir wollen jemanden näher an Sadi heranbringen, um herauszubekommen, was dort vor sich geht. Mal sehen, was sonst noch? Ach ja, die Honether haben sich schließlich und endlich auf einen Kandidaten geeinigt – einen pompösen, arroganten Dummkopf, der schon fast jeden Einwohner Tol Honeths beleidigt hat. Sie wollen ihm die Krone kaufen, aber als Kaiser wäre er hoffnungslos unfähig. Selbst mit all ihrem Geld wird es für sie schwierig sein, ihn auf den Thron zu hieven. Ich glaube, das wäre alles, Eure Hoheit.«
»Ich habe einen Brief von Islena aus Val Alorn erhalten«, erzählte Königin Porenn ihm.
»Ja, Eure Hoheit«, erwiderte Javelin höflich. »Ich weiß.«
»Javelin, hast du wieder meine Post gelesen?« fragte sie mit einem plötzlichen Anflug von Ärger.
»Nur um auf dem laufenden zu bleiben, Porenn.«
»Ich habe dir gesagt, du sollst das lassen.«
»Aber Ihr habt doch nicht ernstlich damit gerechnet, daß ich das tue, oder?« Er schien tatsächlich überrascht zu sein.
Sie lachte. »Du bist unmöglich.«
»Selbstverständlich bin ich das. Das wird von mir erwartet.«
»Können wir Islena irgendwie helfen?«
»Ich werde einige Leute darauf ansetzen«, versprach er. »Wir können wahrscheinlich durch Merel, die Gattin des Grafen von Trellheim, arbeiten. Sie zeigt allmählich Anzeichen von Reife und steht Islena nahe.«
»Ich glaube, wir sollten uns auch unseren eigenen Geheimdienst näher ansehen«, schlug Porenn vor. »Wir sollten jeden ausfindig machen, der irgendwelche Beziehungen zum Bärenkult unterhält. Es mag eine Zeit kommen, wo wir etwas dagegen unternehmen müssen.«
Javelin nickte zustimmend.
An der Tür klopfte es leicht.
»Ja!« rief Porenn.
Die Tür ging auf, und ein Diener steckte seinen Kopf herein. »Entschuldigt, Eure Hoheit«, sagte er, »aber da ist ein nadrakischer Kaufmann Yarblek. Er sagt, er möchte die Lachswanderung mit Euch besprechen.« Der Diener wirkte völlig verblüfft.
Königin Porenn setzte sich in ihrem Stuhl auf. »Schick ihn sofort herein«, befahl sie.
9
D ie Reden waren vorbei. Die Ansprachen, die Prinzessin Ce’Nedra solche Qualen bereitet hatten, hatten ihre Wirkung getan, und sie fand sich immer weniger im Mittelpunkt der Dinge. Zuerst erstrahlten die Tage für sie im Glanz herrlicher Freiheit. Die schreckliche Furcht, die sie bei der Aussicht empfunden hatte, zwei bis dreimal am Tag zu riesigen Menschenmassen sprechen zu müssen, war überstanden. Ihre nervöse Erschöpfung verschwand, und sie wachte nicht mehr mitten in der Nacht zitternd und verängstigt auf. Fast eine ganze Woche lang schwelgte und sonnte
Weitere Kostenlose Bücher