Duell der Zauberer
der algarischen Ebene, wo das hohe Gras in der duftenden Brise wogte. Sobald sie außer Sichtweite des Lagers waren, hoben sich Ce’Nedras Lebensgeister. Sie ritt das weiße Pferd, das König Cho-Hag ihr geschenkt hatte, ein geduldiges, gleichmütiges Tier, das sie Nobel genannt hatte. Nobel war vielleicht kein besonders passender Name, denn es war ein faules Pferd. Ein Großteil seiner Sanftmut rührte daher, daß sein neuer Besitzer so klein war und praktisch kein Gewicht hatte. Darüber hinaus verwöhnte Ce’Nedra ihn im Überschwang ihrer Zuneigung sehr, steckte ihm Äpfel und Süßigkeiten zu, wann immer sie konnte. Als Folge von zu wenig Bewegung und reichlich Futter, entwickelte Nobel einen ansehnlichen Bauch.
In Gesellschaft ihrer beiden Freundinnen und gefolgt von dem wachsamen jungen Olban, ritt die Prinzessin auf ihrem molligen weißen Pferd über das Grasland, jubelnd in dem Gefühl der Freiheit, das der Ritt ihr gab.
Am Fuß eines langgestreckten Hügels zügelten sie die Pferde, damit sie etwas ausruhen konnten. Nobel, der wie ein Blasebalg schnaufte, warf seiner kleinen Herrin einen vorwurfsvollen Blick zu, aber sie ignorierte herzlos die unausgesprochene Klage. »Es ist einfach ein wundervoller Tag für einen Ritt«, rief sie begeistert. Ariana seufzte.
Ce’Nedra lachte sie aus. »Ach komm, es ist doch nicht so, als ob Lelldorin fortginge, Ariana, und es ist gut, wenn uns die Männer ab und zu vermissen.«
Ariana lächelte etwas gezwungen und seufzte wieder.
»Aber vielleicht ist es nicht so gut für uns, wenn wir sie vermissen«, murmelte Adara, ohne zu lächeln.
»Was ist denn das für ein Duft?« fragte Ce’Nedra plötzlich.
Adara hob ihr ebenmäßiges Gesicht, um die leichte Brise einzuatmen, dann sah sie sich um, als wollte sie sich orientieren. »Kommt mit,« sagte sie in einem für sie ganz untypischen Befehlston und ritt voran um den Hügel herum. Auf halber Höhe des Abhangs war dort eine Stelle mit niedrigen, dunkelgrünen Büschen bewachsen, die zarte lavendelblaue Blüten trugen. An jenem Morgen waren blaue Schmetterlinge geschlüpft, die jetzt in einer ekstatischen Wolke über den Blumen taumelten. Adara ließ ihr Pferd in Galopp fallen, ritt den Hang hinauf und ließ sich aus dem Sattel gleiten. Mit einem leisen Aufschrei kniete sie fast ehrfürchtig nieder und umarmte die Büsche.
Als Ce’Nedra näherkam, sah sie zu ihrer Überraschung Tränen in den grauen Augen ihrer sanften Freundin aufsteigen, die dabei gleichzeitig lächelte. »Was ist denn los, Adara?« fragte sie.
»Das sind meine Blumen«, sagte Adara mit bebender Stimme. »Ich hatte nicht gedacht, daß sie so wachsen und sich vermehren würden.«
»Wovon redest du eigentlich?«
»Garion hat diese Blume letzten Winter erschaffen – nur für mich. Es gab nur eine, eine einzige. Ich habe gesehen, wie sie in seiner Hand entstanden ist. Bis gerade hatte ich sie ganz vergessen. Sieh mal, wie sie sich in nur einem Frühjahr ausgebreitet haben.«
Ce’Nedra fühlte einen schmerzlichen Stich der Eifersucht. Für sie hatte Garion nie eine Blume erschaffen. Sie bückte sich und pflückte eine der lavendelblauen Blüten von einem Busch, wobei sie etwas fester daran riß als notwendig war. »Sie ist schief«, meinte sie mit einem kritischen Blick auf die Blume. Dann biß sie sich auf die Lippe und wünschte, sie hätte es nicht gesagt.
»Ich wollte dich doch nur necken, Adara«, sagte Ce’Nedra rasch mit einem unechten Lachen. Ohne es eigentlich zu wollen, suchte sie weiter nach einem Fehler in der Blume und beugte ihr Gesicht über die kleine, ungleichmäßige Blüte in ihrer Hand. Ihr Duft schien alle ihre Sorgen fortzuspülen und ihre Laune spürbar anzuheben.
Ariana war ebenfalls abgestiegen, und auch sie atmete den sanften Duft der Blüten ein, runzelte dabei jedoch leicht die Stirn. »Dürfte ich einige Eurer Blumen pflücken, Dame Adara?« bat sie. »Mit scheint, ihre Blütenblätter bergen seltsame Kräfte, die für die Dame Polgara vielleicht von Interesse sind – Heilkräfte, die für meine begrenzte Vertrautheit mit Salben und aromatischen Kräutern zu schwer zu bestimmen sind.«
Daraufhin machte Ce’Nedra, die etwas beiseite gegangen war, plötzlich kehrt. »Wundervoll!« rief sie, fröhlich in die Hände klatschend. »Wäre es nicht herrlich, wenn deine Blume sich als großartige Medizin erweisen würde, Adara? Als wundersame Heilpflanze? Wir könnten sie ›Adaras Rose‹ nennen, und für alle Zeit
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