Duell der Zauberer
Grodeg«, sagte sie. »Und hör auf, mich anzuschreien. Ich höre sehr gut.«
Er starrte sie mit offenem Mund an, erholte sich jedoch schnell. »Warum sind alle meine Freunde verhaftet worden?« fragte er.
»Sie sind nicht verhaftet, Hoherpriester«, antwortete die Königin. »Sie haben sich freiwillig dafür gemeldet, sich der Flotte meines Gemahls anzuschließen.«
»Lächerlich!« schnaubte er.
»Du solltest deine Worte etwas sorgfältiger wählen, Grodeg«, warnte Merel ihn. »Die Geduld der Königin mit deiner Unverschämtheit hat ihre Grenzen.«
»Unverschämtheit?« rief er. »Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen?« Er richtete sich hoch auf und fixierte die Königin mit strengem Blick. »Ich bestehe auf einer Privataudienz«, erklärte er mit Donnerstimme.
Die Stimme, die sie bislang immer eingeschüchtert hatte, ärgerte Islena auf einmal. Sie versuchte, das Leben dieses Narren zu retten, und er brüllte sie immerzu an. »Werter Grodeg«, sagte sie mit ungewöhnlich stählernem Tonfall, »wenn du mich noch einmal anbellst, lasse ich dich knebeln.«
Seine Augen wurden vor Staunen groß und rund.
»Wir haben nichts privat zu besprechen«, fuhr die Königin fort. »Für dich bleibt nur noch, deine Anweisungen zu empfangen, die du bis auf den letzten Buchstaben ausführen wirst. Es ist unser Befehl, daß du dich direkt zum Hafen begibst, wo du das Schiff besteigst, das darauf wartet, dich nach Algarien zu bringen. Dort wirst du dich den Streitkräften Chereks im Kampf gegen die Angarakaner anschließen.«
»Ich weigere mich!« fauchte Grodeg.
»Denke gut nach, Grodeg«, schnurrte Merel. »Die Königin hat dir einen königlichen Befehl erteilt. Eine Weigerung könnte als Hochverrat betrachtet werden.«
»Ich bin der Hohepriester Belars«, knirschte Grodeg mit zusammengebissenen Zähnen, mühsam seine Stimme beherrschend. »Ihr würdet es nicht wagen, mich wie einen Bauernlümmel einzuschiffen.«
»Ich frage mich, ob der Hohepriester Belars darauf wohl eine Wette eingehen würde«, sagte Torvik mit täuschender Sanftheit. Er stieß die Spitze seines Speers auf den Boden, nahm einen Stein aus einem Beutel an seinem Gürtel und begann, die bereits rasiermesserscharfe Klinge zu schleifen. Der stählerne Klang hatte eine offensichtlich abkühlende Wirkung auf Grodeg.
»Du gehst jetzt zum Hafen, Grodeg«, befahl Islena, »und du wirst an Bord des Schiffes gehen. Wenn nicht, gehst du in den Kerker, wo du den Ratten Gesellschaft leisten wirst. Du kannst wählen: Anheg oder die Ratten. Entscheide dich schnell. Du beginnst mich zu langweilen, und offen gestanden, dein Anblick bereitet mir Übelkeit.«
Königin Porenn von Drasnien war im Kinderzimmer, angeblich, um ihren kleinen Sohn zu nähren. Aus Respekt vor der Person der Königin wurde nicht spioniert, während sie stillte. Porenn war jedoch nicht allein. Javelin, der spindeldürre Leiter des drasnischen Geheimdienstes, war bei ihr. Um den Anschein zu wahren, trug Javelin das Gewand und die Haube eines Dienstmädchens, und er sah erstaunlich weiblich aus in seiner Verkleidung, die er ohne ersichtliche Verlegenheit trug.
»Gibt es wirklich so viele Anhänger des Kultes im Geheimdienst?« fragte die Königin entsetzt.
Javelin hatte den Kopf höflich abgewandt. »Ich fürchte ja, Eure Hoheit. Wir hätten besser aufpassen müssen, aber wir hatten zu viele andere Dinge im Kopf.«
Porenn dachte einen Moment nach, unbewußt das saugende Kind wiegend. »Islena unternimmt schon etwas, nicht wahr?« fragte sie.
»So lauten die Nachrichten, die ich heute morgen erhalten habe«, antwortete Javelin. »Grodeg ist bereits auf dem Weg zur Mündung des Aldur, und die Männer der Königin durchkämmen das ganze Land nach den Mitgliedern des Kultes.«
»Wird es in irgendeiner Weise unsere Arbeit behindern, wenn wir so viele Leute aus Boktor hinauswerfen?«
»Wir können es schaffen, Eure Hoheit«, versicherte Javelin. »Wir müssen vielleicht die Abschlußprüfung der gegenwärtigen Klasse der Akademie etwas vorziehen und ihre Ausbildung im Dienst vervollständigen, aber wir können es schaffen.«
»Gut, Javelin«, entschied Porenn. »Schick sie alle fort. Schaffe jeden Anhänger des Kultes aus Boktor hinaus, und trenne sie voneinander. Ich will sie auf den scheußlichsten Pflichtposten sehen, die dir einfallen, und im Umkreis von hundert Meilen um einen herum darf kein anderer zu finden sein. Es gibt keine Entschuldigungen, keine politischen Erkrankungen,
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