Duell der Zauberer
gekleidet, kletterte an den Seilen entlang wie ein Eichhörnchen. König Rhodar folgte wesentlich langsamer.
»Bitte hör auf zu stöhnen, Rhodar«, bat sie, nachdem sie etwa eine Stunde lang geklettert waren. »Du hörst dich an wie eine kranke Kuh.«
»Das ist nicht ganz gerecht, Ce’Nedra«, keuchte er und blieb stehen, um sich den Schweiß vom Gesicht zu wischen.
»Ich habe nie versprochen, gerecht zu sein«, erwiderte sie mit einem verschmitzten Grinsen. »Komm weiter, wir haben noch einen langen Weg vor uns.« Damit kletterte sie flink weitere fünfzig Meter nach oben.
»Meinst du nicht, daß du etwas leicht bekleidet bist?« keuchte er mißbilligend, während er zu ihr hinaufstarrte. »Anständige Damen zeigen nicht so viel Bein.«
»Was stimmt denn nicht mit meinen Beinen?«
»Sie sind nackt – das stimmt daran nicht.«
»Sei nicht so prüde. Es ist bequem. Das allein zählt. Kommst du nun oder nicht?«
Rhodar stöhnte wieder. »Ist es nicht bald Zeit zum Mittagessen?«
»Wir haben gerade zu Mittag gegessen.«
»Tatsächlich? Das hatte ich schon wieder vergessen.«
»Du scheinst deine letzte Mahlzeit immer zu vergessen meist noch, ehe die Krümel fortgewischt sind.«
»Das ist nun mal die Natur eines dicken Mannes, Ce’Nedra.« Er seufzte. »Die letzte Mahlzeit ist schon Geschichte. Die nächste ist wichtig.« Er starrte niedergeschlagen auf den unmenschlichen Pfad und stöhnte wieder.
»Es war allein deine Idee«, erinnerte sie ihn herzlos.
Die Sonne stand tief im Westen, als sie den oberen Rand erreichten. Während König Rhodar schnaufend zusammensackte, sah Prinzessin Ce’Nedra sich neugierig um. Die Befestigungsanlagen, die man entlang der Klippe errichtet hatte, waren ausgedehnt und sehr eindrucksvoll. Die Mauern bestanden aus Steinen und Erde und waren etwa zehn Meter hoch. Durch ein offenes Tor sah die Prinzessin eine Reihe weiterer, niedriger Mauern, vor denen jeweils ein Graben verlief, der vor angespitzten Pfählen und dornigen Ranken nur so starrte. An verschiedenen Stellen der Hauptmauer erhoben sich imposante Blockhäuser, und innerhalb der Mauern standen in ordentlichen Reihen Hütten für die Soldaten.
In der Anlage wimmelte es von Männern, und ihre verschiedenen Arbeiten wirbelten fast ständig Staub auf. Ein Trupp Algarier kehrte rußverschmiert und auf erschöpft wirkenden Pferden langsam zurück, einen Moment später ritt eine Abordnung von glitzernden mimbratischen Rittern mit wehenden Wimpeln und unter lautem Hufgeklapper auf ihren Schlachtrössern hinaus, um eine weitere Stadt zu suchen, die sie niederbrennen konnten.
Die riesigen Flaschenzüge am Rand der Klippe knirschten und knarrten unter dem Gewicht der cherekischen Schiffe, die von der Ebene hochgehievt wurden, und in einiger Entfernung innerhalb der befestigten Mauern wartete die wachsende Flotte auf ihren Transport zu den Quellflüssen des Oberen Mardu, die etwa hundertfünfzig Meilen weit entfernt waren.
Polgara kam in Begleitung von Durnik und dem riesigen Barak, um die Prinzessin und den am Boden liegenden König von Drasnien zu begrüßen.
»Wie war die Kletterei?« fragte Barak.
»Grauenhaft«, ächzte Rhodar. »Hat jemand etwas zu essen für mich? Ich habe mindestens zehn Pfund verloren.«
»Sieht man dir aber gar nicht an«, meinte Barak.
»Diese Art von Anstrengung ist nicht besonders gut für dich, Rhodar«, sagte Polgara zu dem nach Luft schnappenden Monarchen. »Warum warst du denn so stur?«
»Weil ich eine entsetzliche Höhenangst habe«, erwiderte Rhodar. »Ich würde lieber zehnmal so weit klettern, als mich mit diesen Maschinen auf das Kliff ziehen zu lassen. Die Vorstellung von all der leeren Luft unter mir läßt mein Fleisch erbeben.«
Barak grinste. »Und da gibt es viel zu beben.«
»Kann mir bitte jemand etwas zu essen geben?« fragte Rhodar gequält.
»Etwas kaltes Hühnchen?« bot Durnik ihm besorgt an und reichte ihm ein knuspriges braunes Hühnerbein.
»Wo habt ihr denn bloß das Hühnchen her?« rief Rhodar, gierig nach dem Bein greifend.
»Die Thulls haben ein paar mitgebracht«, erklärte Durnik.
»Thulls?« Ce’Nedra rang nach Luft. »Was machen denn Thulls hier?«
»Sie ergeben sich«, antwortete Durnik. »In den letzten Tagen sind ganze Dörfer hier erschienen. Sie gehen bis an die Gräben vor der Anlage, setzen sich hin und warten darauf, daß sie gefangengenommen werden. Sie sind sehr geduldig. Manchmal dauert es einen ganzen Tag, bis jemand Zeit hat,
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