Duell der Zauberer
dessen Möblierung lediglich aus einem Bett bestand. Auf dem Bett lagen zwei Kleiderstapel, die nach Teer und Salzwasser rochen, und auf dem Boden standen zwei Krüge mit lauwarmem Bier. Schweigend zogen Sadi und Issus sich um. Unter einem fleckigen Kissen zog Issus zwei Perücken und falsche Bärte hervor.
»Wie können sie das nur trinken?« fragte Sadi, schnupperte an einem der Krüge und zog die Nase kraus.
Issus zuckte die Achseln. »Alorner haben einen seltsamen Geschmack. Du mußt nicht alles trinken, Sadi. Verspritze das meiste davon über deine Kleider. Drasnische Seeleute verschütten viel Bier, wenn sie sich vergnügen wollen. Wie sehe ich aus?«
Sadi warf ihm einen raschen Blick zu. »Lachhaft«, antwortete er. »Bart und Haare passen wirklich nicht zu dir, Issus.«
Issus lachte. »An dir sehen sie auch ziemlich fehl am Platz aus.« Er zuckte die Achseln und goß sorgsam etwas Bier über seine teerverschmierte Tunika. »Wir sehen jetzt wohl drasnisch genug aus, um durchzukommen, und wir riechen auf jeden Fall wie Drasnier. Drück deinen Bart noch etwas fester an, dann gehen wir lieber, solange es noch regnet.«
»Gehen wir hinten raus?«
Issus schüttelte den Kopf. »Falls uns jemand folgt, wird die Hintertür bewacht sein. Wir gehen so, wie drasnische Seeleute meist gehen.«
»Und wie?«
»Ich habe vereinbart, daß wir hinausgeworfen werden.«
Sadi war noch nie irgendwo hinausgeworfen worden, und er fand diese Erfahrung nicht besonders lustig. Die beiden kräftigen Rausschmeißer, die ihn ganz unfeierlich auf die Straße setzten, waren etwas grob, und Sadi trug einige Schrammen und Prellungen davon.
Issus kam mühsam auf die Füße und stieß Flüche gegen die verschlossene Tür aus, dann schlurfte er zu Sadi hinüber und zog ihn aus dem Straßenschmutz. Zusammen schwankten sie in scheinbarer Trunkenheit die Straße entlang zu der drasnischen Enklave.
Sadi hatte die beiden Männer bemerkt, die in einem Türbogen auf der anderen Straßenseite standen, als er und Issus hinausgeworfen wurden, und ebenso, daß die beiden die Verfolgung nicht aufnahmen.
Sobald sie die drasnische Enklave betreten hatten, ging Issus mit schnellen Schritten zum Haus von Droblek, dem drasnischen Hafenmeister, voran. Sie wurden unverzüglich eingelassen und in einen schwach erhellten, aber bequem eingerichteten Raum geführt, in dem der ungeheuer dicke Droblek saß und schwitzte. Bei ihm war Graf Melgon, der aristokratische Botschafter Tolnedras.
»Eine neue Tracht für den Obereunuchen Salmissras«, meinte Graf Melgon, als Sadi die Perücke und den falschen Bart abnahm.
»Nur ein kleines Täuschungsmanöver, Herr Botschafter«, erwiderte Sadi. »Ich wollte nicht, daß dieses Treffen allgemein bekannt wird.«
»Kann man ihm trauen?« fragte Droblek unverblümt und deutete auf Issus.
Sadi zog ein Gesicht. »Kann man dir trauen, Issus?«
»Du hast mich bis zum Monatsende bezahlt.« Issus zuckte die Achseln. »Danach werden wir sehen. Vielleicht bekomme ich ein besseres Angebot.«
»Seht ihr?« sagte Sadi zu den beiden anderen. »Bis zum Ende des Monats kann man Issus trauen – jedenfalls soweit, wie man in Sthiss Tor überhaupt jemandem trauen kann. Aber eins habe ich bei Issus festgestellt er ist einfach und unkompliziert. Wenn man ihn kauft, dann gehört er einem auch. Das nennt man wohl Berufsehre.«
Droblek grunzte mürrisch. »Können wir vielleicht zur Sache kommen? Warum hast du dir solche Mühe gemacht, dieses Treffen zu arrangieren? Warum hast du uns nicht einfach in den Palast rufen lassen?«
»Mein lieber Droblek«, murmelte Sadi, »du kennst doch die Intrigen, die den Palast verseuchen. Ich würde es vorziehen, wenn das, was zwischen uns besprochen wird, mehr oder weniger vertraulich bleibt. Der Gesandte von Taur Urgas ist an mich herangetreten.«
Die beiden betrachteten ihn ohne Überraschung.
»Ich sehe, daß euch das bereits bekannt war.«
»Wir sind keine Kinder, Sadi«, erklärte Graf Melgon.
»Ich stehe im Moment in Verhandlung mit dem neuen Botschafter aus Rak Goska«, erzählte Sadi.
»Ist das nicht bis jetzt der dritte in diesem Sommer?« fragte Melgon.
Sadi nickte. »Murgos scheinen besonders anfällig für gewisse Fieber zu sein, die in den Sümpfen grassieren.«
»Das haben wir gemerkt«, meinte Droblek trocken. »Wie lautet deine Prognose für die Gesundheit des gegenwärtigen Botschafters?«
»Ich glaube nicht, daß er widerstandsfähiger ist als seine Landsleute. Er fühlt sich
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