Duell im Eis
geschmeidigen Leib vor sich liegen, hörte ihre Stimme, spürte ihren Atem, vernahm das Klopfen ihres Herzens in seinem Ohr, fühlte den Druck ihrer Arme und Beine und die Fessel ihrer Umklammerung, und dann mußte er aufspringen, hinaus aus seinem Bett; er riß die Tür eines Wandschrankes auf und holte die heimlich an Bord gebrachte Flasche Wodka, setzte sie an den Mund und soff wie ein Ausgedörrter in der Wüste, der ein Wasserloch erreicht hat. Darauf war ihm wohler, seine Augen wurden glasig, es gelang ihm noch, die Flasche zurück in das Versteck zu schieben, und dann schlief er, wie mit Blei gefüllt. Aber auch der Schlaf wurde zur Qual; er träumte von Ljuba Alexandrowna.
Am Morgen waren sie so weit von dem amerikanischen Flugzeugträger entfernt, daß sie ohne Risiko die Fahrt wieder aufnehmen konnten; in einem anderen kleinen Sund tauchten sie sogar auf und schüttelten sich alle die Hände, als habe man einen Sieg zu feiern.
Über Funk meldete sich Malenkow bei Vizeadmiral Schesjekin.
»Bum!« sagte Schesjekin fröhlich. »Haben Sie das gehört, Jurij Adamowitsch?«
»Deutlich, Genosse Admiral.«
»Das war der riesige Felsstein, der mir vom Herzen fiel. Und nun eine frohe Meldung für Sie: Wir sind auf der Fahrt zu Ihnen. Wir haben die Sturge-Insel verlassen und fahren an der Treibeisgrenze entlang bis zum Roosevelt-Sund. Wir werden in den Sund hineinfahren und dort an einer gut geschützten Stelle Anker werfen. Die genaue Position geben wir Ihnen noch durch. Von dieser Stelle aus können wir dann einen Pendelverkehr zur ›Morgenröte‹ einrichten, ohne den Amerikanern in die Quere zu kommen.«
»Ein guter Plan, Genosse Admiral.« Malenkow überlegte, wie er am unauffälligsten fragen konnte. »Ist alles in Ordnung bei Ihnen?«
»Bestens. Jeden Abend gibt Temjun eine Vorstellung, der Chor der ›Nadeshna‹ singt, es wird getanzt, und alle denken an Sie und die tapferen Matrosen der ›Gorki‹. Nur gestern hat es eine kleine Schlägerei gegeben. Der Maat Plochinow wurde dabei überrascht, wie er die Genossin Berreskowa in der Sauna beobachtete. Zwei andere Matrosen, die das Gleiche im Sinn hatten, verprügelten ihn.«
»Genosse Admiral, Sie sollten die Kerle über Bord werfen!«
»Wer kann sie verurteilen, wenn Ljuba Alexandrowna nackt im Bad herumspringt? Die drei Erhitzten zittern jetzt in einem kalten Ladebunker und kühlen sich ab.« Schesjekin lachte kurz auf. »Sind Ihre Nerven stark genug, einen Schlag zu ertragen?«
»Ich glaube es, Genosse Admiral.«
»Lange haben wir darüber diskutiert: Ljuba Alexandrowna mag Sie nicht, Malenkow. Und wir alle hatten gedacht –«
»Hat sie das gesagt?«
»Völlig gleichgültig sind Sie ihr. So kalt wie das Eis um uns herum ist sie. Wenn Temjun singt, funkeln ihre Augen; aber so blicken auch die Augen eines Bären. Wer wird aus ihr klug? Jurij Adamowitsch, viel Glück weiterhin.«
Das Gespräch war beendet.
Malenkow ging in den Kartenraum, studierte den Roosevelt-Sund und befahl dann zu tauchen.
Sie springt nackt im Schwimmbad herum und läßt sich dabei beobachten. Ein schwerer Druck senkte sich auf sein Herz. Sie tut das bewußt, natürlich, ganz bewußt tut sie das. Sie weiß, daß Schesjekin es mir erzählen wird. Sie will mich damit treffen, sie will mein Herz aufreißen, sie ist eine Sadistin. An meiner Qual labt sie sich, sie ist dabei, mich aufzufressen, mich, das Spinnenmännchen …
Die ›Lincoln‹ hatte Anker geworfen, dort, wo der Sund am breitesten war und am wenigsten die Gefahr bestand, daß sie vom Eis eingeschlossen wurden. Zwei Aufklärer waren gestartet und zur Forschungsstation McMurdo geflogen. Der Funkverkehr zwischen dem Flugzeugträger und der US-Basis klappte vorzüglich, General Seymore war bester Laune und hatte vom Pentagon einen herzlichen Glückwunsch empfangen. General Pittburger berichtete, daß wider Erwarten die Zusammenarbeit zwischen Air Force und Navy voll Harmonie sei und daß für das Unternehmen ›Big Johnny‹ die Befehlsgewalt zentral auf einen Sonderstab im Pentagon übergegangen sei. Vor Ort war nur General Seymore verantwortlich.
»Das will bei den sturen Eierköpfen der Navy schon was heißen!« sagte Pittburger fröhlich. »Aber jetzt kitzelt sie der Ehrgeiz mitzumachen. Sie haben sogar angeboten, uns drei Transportmaschinen vom Typ Hercules C-130 mit Eisgleitern zur Verfügung zu stellen. Zwei sind bereits auf McMurdo stationiert. Was sagen Sie nun, Herbert?«
»Eine große Hilfe, Louis.
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