Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Virginia.
    »Ich habe keine Angst«, erwiderte sie. »Ich bin nur erstaunt.«
    Nurian winkte zurück und kam mit langen Schritten zu Malenkow. Erst als er vor ihm stand, erkannte er, daß die Person neben ihm die Augen verbunden hatte. »Wer ist denn das, Jurij Adamowitsch?« fragte er. Es war nicht zu erkennen, daß unter dem dicken Pelz eine Frau verborgen war.
    »Wo ist der Genosse Admiral?« fragte Malenkow zurück.
    »In der Kommandantur.« Nurian starrte auf das vermummte Gesicht. Seine Phantasie reichte nicht aus, um eine Erklärung zu finden. Nur so viel stellte er fest: Niemand hier trug einen solchen Pelz, es war ein Grisfuchs von großer Schönheit. Hier trug man dagegen Wolfspelze oder Hundefelle von sibirischen Haskis oder dicke Steppmäntel, gefüllt mit roher Schafswolle oder Gänsedaunen. »Wer ist das?« fragte er wieder.
    »Virginia Allenby, neugieriger Bock!«
    »Das klingt ja englisch!« rief Nurian entgeistert aus.
    »Eine Amerikanerin ist sie.«
    »Eine Amerikanerin auf unserer ›Morgenröte‹?« Nurian riß den Mund auf, was sein Gesicht nicht schöner machte. »Das kann man ja gar nicht begreifen …«
    »So ist es.« Malenkow legte den Arm um Virginias Schulter. Sie drehte bei dieser Berührung den Kopf zu ihm, als könne sie ihn durch den Augenverband ansehen. »Wer kann's erklären? Nur sie allein. Wir müssen sofort zu Vizeadmiral Schesjekin.«
    Das letzte Stück des Weges begleitete Nurian sie. Malenkow und Nurian hatten Virginia untergehakt und führten sie durch ein Spalier von staunenden Marinesoldaten zur Kommandantur.
    »Wer ist der andere Mann?« fragte Virginia, als sich Nurian bei ihr unterhakte.
    »Deutsch!« Nurian starrte Malenkow entgeistert an. »Eine Deutsche ist sie?«
    »Eine Amerikanerin, die Deutsch sprechen kann, du verrosteter Topf!«
    Nurian blickte Virginia in das verbundene Gesicht. »Ich auch sprächen Deitsch«, sagte er breit. »Nix vill, aber värstähen …«
    »Wann nehmt ihr mir endlich das Fell weg?« fragte sie.
    »Bei Admirall …«
    »Admiral?«
    Das war alles, was sie noch sagte; sie wußte plötzlich, wohin man sie gebracht hatte. Wo ein Admiral ist, gibt es auch Soldaten, und wo Soldaten sind, handelt es sich um ein militärisches Objekt.
    Der Russe hat unseren Eisberg besetzt!
    Virginia zog den Kopf tief in den Pelz und tat einen Schwur: Ich werde schweigen. Auf alle Fragen werde ich stumm bleiben. Nichts werden sie über ›Big Johnny‹ hören. Aus dem Himmel bin ich gefallen, Jurij wird das bestätigen, und weiter sage ich kein Wort.
    Über eins aber war sie sich jetzt im klaren, und diese Wahrheit krampfte ihr Herz zusammen: Sie würde ›Big Johnny‹ nie wiedersehen und auch Ric nicht, und ihre Hochzeit konnte sie vergessen. Was vor ihr lag, war das Unbekannte, das noch keinen Namen hatte.
    Leb wohl, Ric … Sollten wir uns wiedersehen, wird diese Welt sich verändert haben, oder sie und du und ich werden nicht mehr bestehen.
    Man kann nicht behaupten, daß Vizeadmiral Schesjekin sich begeistert die Hände rieb, als Malenkow seinen Fang wie einen Bären an der Hand in den Raum führte. Erst hier nahm er Virginia die Fellbinde ab und zog ihr die Pelzmütze vom Kopf. Die nassen Haare klebten an ihr, aber auch jetzt noch sah sie schön und stolz aus. Schesjekin biß sich auf die Lippen, streichelte seine Knollennase und begegnete Virginias Blick mit einem Zusammenziehen der Augenbrauen. Es sollte den Ernst der Lage unterstreichen, in der sich Virginia befand.
    »Genosse Admiral«, meldete Malenkow vorschriftsmäßig, »das ist Miß Virginia Allenby – das sagt sie jedenfalls. Sie spricht kein Russisch, nur etwas Deutsch, und ist mit einem Hubschrauber ungefähr 30 Kilometer von hier abgestürzt. Der Pilot ist tot. Sie ist unverletzt. Eine Amerikanerin.«
    »Bedeutet das, daß die Amerikaner auch auf dem Eisberg sind?«
    »Genosse Admiral, das weiß ich nicht. Sie sagt darüber kein Wort, jedenfalls nicht auf deutsch.«
    Schesjekin, der einer armen Fischersfamilie entstammte und eine Bilderbuchkarriere hinter sich gebracht hatte, vom Proletarier zum Admiral, was nur in Sowjetrußland möglich war, wo Können und Fleiß mehr galten als Protektion, Hinternkriecherei oder schöngefärbte Schulzeugnisse, hatte weder Deutsch noch Englisch gelernt, sprach aber dafür sieben Sprachen der Sowjetunion, sogar Samojedisch und Tschuktisch. Er nickte Virginia nur kühl zu und blickte wieder auf Malenkow. »Jurij Adamowitsch, warum haben Sie die Amerikanerin

Weitere Kostenlose Bücher