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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Strahlentod war schrecklicher und sicherer. Aber die Russen waren auch schon da …
    Während sie nebeneinander zu dem Schlitten gingen, sah Virginia kurz von der Seite auf Malenkow. Was wußte er von ›Big Johnny‹? War schon alles verraten, bevor die Experimente überhaupt begonnen hatten? War alles umsonst gewesen? Sie blieb stehen.
    Malenkow drehte sich mit einem Ruck zu ihr um. »Dawai!« sagte er wieder.
    Virginia schüttelte den Kopf, machte eine Bewegung, die ein Niederhocken ausdrücken sollte, und streckte den Zeigefinger aus. Geh weiter, ich muß mich hinhocken, du weißt schon, warum.
    Malenkow verstand sie sofort, grinste breit und nickte. Er ging weiter, ohne sich umzudrehen, und stand dann wartend am Schlitten. Flüchten kann sie nicht, dachte er. Wo sollte sie hin und sich verstecken? So klug wird sie sein, nicht in den eigenen Tod zu rennen.
    Virginia suchte sich einen Eisbuckel, hockte sich dahinter und holte mit bebenden Fingern die leere Coladose, den Kugelschreiber und das Blatt Papier unter ihrem Pelz hervor. Sie legte das Papier auf ihre Knie und schrieb in größter Eile: »Der Mann läßt mich nicht los! Er nimmt mich mit. Wir gehen zum anderen Ende des Berges. Ich bin unverletzt. V. A.«
    Papier und Kugelschreiber stopfte sie dann in die Colabüchse, legte sie so an den Eisbuckel, daß man das leuchtend rote Blech sehen konnte, erhob sich aus ihrer Hocke und ging hinüber zu dem wartenden Malenkow. Er hatte ihr den Rücken zugedreht, ein höflicher Mensch war er ja, und Virginia wunderte sich zum erstenmal, wie verständig er war, wie zivilisiert, wie menschlich, ganz anders, als man in den USA einen Sowjetrussen schilderte. Dort waren sie die unbeliebtesten Menschen, die eine ganze Welt in Brand stecken wollten, nur noch übertroffen von den Deutschen, die in den zahllosen Comics immer noch als Menschenschinder und brutale Mörder, als Bestien in Uniform geschildert wurden.
    Sogar galant war Malenkow: Er wickelte Virginia in eine große Felldecke ein, als sie auf dem Nebensitz im Schlitten Platz genommen hatte, und kontrollierte ihren Gesichtsschutz.
    »Danke«, sagte Virginia erstaunt.
    »Spassibo!« antwortete Malenkow, was auch ›Danke‹ hieß.
    Der Schlittenmotor knatterte los. Wohin? fragte sich Jurij Adamowitsch. Jetzt noch zu Ljuba? Nicht, daß es zu spät war, zwei Tage und Nächte hatte man für sich, aber was sollte die Amerikanerin dabei? Zusehen und zuhören? Was würde Ljuba tun, wenn er sie mitbrachte? Er wagte nicht weiterzudenken und sah den Zwang ein, auf Ljubas Leidenschaft zu verzichten und zurück zur ›Morgenröte‹ zu fahren. Mit Schesjekin sollte man sprechen und um einen Sonderurlaub bitten: Nicht jeder bringt eine Amerikanerin von einem angeblich unbewohnten Eisberg mit. Das sollte eine Belohnung von zwei Tagen wert sein. Seien Sie nicht so geizig, Genosse Admiral …
    Malenkow vollführte einen Bogen auf dem Waschbretteis und fuhr die Spur zurück, die seine Raupenketten hinterlassen hatten. Schweigend saßen sie nebeneinander, blickten sich ein paarmal an und lächelten sich verhalten zu. Was jeder dachte, verriet dieses Lächeln nicht.
    Muß ich ihr vor ›Morgenröte‹ die Augen verbinden? dachte Malenkow. Aber wozu eigentlich? Sie wird keine Gelegenheit mehr haben zu erzählen, was sie gesehen hat. Kann Schesjekin Englisch? Wer kann überhaupt Englisch von uns? Französisch einige, viele Deutsch, das haben sie auf der Schule gelernt. Der Deutschunterricht gehörte zum Erziehungsprogramm; warum, das wußte Malenkow nicht, vielleicht aus Tradition oder in der großen Hoffnung, Deutschland einmal sowjetisieren zu können, wer weiß es. Sicher aber war, daß man mit Englisch Schwierigkeiten haben würde.
    Wo fährt er mich hin? dachte Virginia. Wie wird sein Lager aussehen? Wie viele Russen sind auf dem Eisberg? Werden sie alle so höflich sein wie dieser freundliche und sympathische Mann? Schöne Augen hat er, einen freien Blick. Nichts Hinterhältiges merkt man an ihm, wie man bei uns immer von den Russen sagt. Wie heißt er eigentlich? Sie tippte Malenkow an, zeigte auf sich und sagte: »Ich – Virginia.«
    Und Malenkow antwortete: »Tak! Virginia. Ja – Jurij Adamowitsch.«
    »Jurij Adamowitsch.« Sie wiederholte den Namen und sah, wie in Malenkows Augen ein Leuchten erschien.
    »Krassiwo« (»Schön«), erwiderte er. Und da sie kein Russisch verstand, versuchte er, mit Deutsch weiterzukommen. »Du … nix Angst habben«, sagte er.
    Virginia

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