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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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frißt er einen Kuchen! Überrascht habe ich ihn dabei! Die Suppen sind dünn wie Pisse, aber er backt sich Kuchen von dem gesparten Mehl!« Schesjekin hieb auf den Tisch. »Einen großen, saftigen, frischen Kuchen bringst du mir, Nikolai Fedorowitsch!«
    Pralenkow grüßte stramm und war froh, als er die Tür hinter sich zuziehen konnte. Er rannte hinüber zum Kantinenbau und traf Sumkow an, wie er in den großen Kesseln das Abendessen umrührte. Es roch nach Graupen und Gewürzen. In der Brühe schwammen ein paar Fleischbröckchen herum.
    »Raus!« schrie Sumkow sofort, als er Pralenkow sah. »Deine Schokolade hast du schon kassiert!«
    »Einen Kuchen brauche ich. Einen frischen, saftigen, großen.«
    »Zu Hilfe! Hier ist einer verrückt geworden!« schrie Sumkow. »Verschwinde, oder du bekommst den Rührstock an die Ohren!«
    »Der Admiral braucht einen Kuchen. Ich soll dir sagen, Anatol Viktorowitsch, daß der Genosse Schesjekin –«
    Sumkow verdrehte die Augen, winkte ab und wußte genau, was Schesjekin bestellt hatte. Mit einem tiefen Seufzer ließ er den langen Rührstock in der Graupensuppe stecken, schlurfte zu einem Schrank aus weißemailliertem Blech, schloß ihn auf und holte einen herrlichen Topfkuchen, durchzogen von einer dicken Schokoladenader, hervor.
    Pralenkow fielen die Augen aus dem Kopf. »O du Halunke!« sagte er und schluckte den Speichel hinunter, der sich beim Anblick dieses köstlichen Kuchens in seinem Mund sammelte. »Du Mutterverführer! Du Schwesternstößer! Du Jungfrauenschänder! Morgen backst du für mich einen mit! Erschlagen sollte man dich, einfach erschlagen! Gib her!«
    Mit bösem Blick, aber wortlos reichte Sumkow ihm den Kuchen hin, aber bevor Pralenkow die Küche verließ, rief er ihm nach: »Soll ich deinen Kuchen mit Rattengift oder Arsen würzen?«
    »Was du willst, Anatol Viktorowitsch. Wir werden ihn gemeinsam vertilgen. Eine Freude wird das sein …«
    So schnell hatte Schesjekin nicht mit der Rückkehr von Pralenkow gerechnet. Er hatte über das Versorgungsschiff ›Sokol‹ und über Satellit Verbindung mit Sachalin aufgenommen, aber Admiral Sujin war nicht auf dem Stützpunkt. Er fuhr mit dem Schweren Kreuzer ›Tallin‹ im Ochotskischen Meer herum und hielt eine Seeübung ab. Die Funkleitstelle auf Sachalin versprach, Sujin zu benachrichtigen. Niemand wußte, ob er von der ›Tallin‹ die ›Sokol‹ im Gebiet des Roosevelt-Fjords erreichen konnte.
    »Zum Mond fliegen sie«, sagte Schesjekin bitter, »schießen Raumstationen in den Himmel, schweben wie Engelchen durch das All, belästigen Mars und Venus, aber ein Funkgespräch zum Südpol reißt ihnen die Hose vom Hintern! Ah, Pralenkow, welch ein Kuchen! Welcher Duft! Anatol Viktorowitsch ist ein Künstler der Küche, ich habe es immer gesagt; nur was er für uns kocht, ist ein Mordversuch! Man sollte ihn in seinen Suppen und Breien ersäufen!«
    Virginia blickte Schesjekin abweisend an, als Pralenkow den Kuchen angeschnitten und die Wodkagläser gefüllt hatte. Sie schüttelte den Kopf, als der Admiral eine einladende Geste machte.
    Die elende Propaganda, dachte Schesjekin. Denkt, ich will sie vergiften! Trau keinem Sowjetrussen – das haben sie den braven, ahnungslosen Bürgern eingehämmert. Diese Banditen von Journalisten, diese Teufel von Politikern! Schlagen auf uns Russen ein, bis dieser degenerierte Westen wirklich glaubt, wir wollten die Welt vernichten! Aufbauen wollen wir sie, besser, erträglicher machen für alle, denn wir alle sind Brüder, ein Millionenkollektiv, und für diese Ziele braucht man ein gutes, unbesiegbares Militär, die besten Soldaten auf dieser Erde, die vorzüglichsten Waffen und einen weiten Blick in die Zukunft. Und diese Zukunft gehört uns! Jedes Opfer bringen wir dafür.
    Schesjekin unterbrach seine so väterlichen Gedanken, lächelte Virginia wieder an, griff nach einem Stück Kuchen, aß einen großen Happen davon und spülte mit Wodka nach. Er hatte zu hastig getrunken, kämpfte mit einem Rülpser, verfärbte sich rot im Gesicht und geriet in Verzweiflung, als er das Aufstoßen nicht bändigen konnte. Geistesgegenwärtig drückte er ein Taschentuch vor den Mund, simulierte einen Husten und packte in den Hustenanfall seinen satt klingenden Rülpser ein. »Paschaluista!« sagte er und rang nach Atem. Dabei zeigte er auf das Kuchenstück.
    Virginia verstand, daß Schesjekin ›bitte‹ gesagt hatte, griff zögernd zu und aß ein wenig von dem Gebäck, trank ein paar Tropfen

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