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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wer ist darin? Nur ich!« Sie zeigte mit dem Lauf auf die Holzbank. »Setzen Sie sich, Ric.«
    Gehorsam ließ sich Henderson auf der Bank nieder, während auch Ljuba, die MP griffbereit an ihr Bein gelehnt, den Pelz abwarf, die Mütze auf einen Hocker schleuderte, die blonden Haare aufschüttelte und dann die Steppjacke und die lange Stepphose abstreifte. Mit zwei Schwüngen beförderte sie die Fellstiefel in eine Ecke. Unter der warmen Kleidung trug sie einen wollenen Trainingsanzug, hellblau mit roten Streifen an den Seiten, wie ein General an seiner Uniform. Der Anzug umschloß eng ihren Körper, verbarg nicht ihre Formen und betonte ihre runden Brüste. Henderson bemühte sich, das alles mit Gleichmut anzusehen, aber es gelang ihm nicht.
    »Ich brauche Ihr Ehrenwort, Ric«, sagte Ljuba plötzlich. »Ihr Ehrenwort als Offizier.«
    »Wofür?«
    »Daß Sie nicht weglaufen, nicht versuchen, mich zu überrumpeln, daß Sie sich benehmen wie ein Gast. Dann kann ich die Waffe weglegen.«
    »Mein Ehrenwort, Ljuba.«
    »Danke.« Sie lehnte die Maschinenpistole an die Wand, zog den Reißverschluß über ihrer Brust auf und lief unbefangen mit einem weißen, spitzenbesetzten Büstenhalter im Zimmer herum.
    Henderson schüttelte den Kopf. »Ich wußte nicht«, sagte er mit ehrlicher Verwunderung, »daß es in der Sowjetunion BHs aus Spitzen gibt.«
    »Das fällt Ihnen auf, Ric?« Sie lachte, zeigte dabei ein makelloses Gebiß und bog sich zurück. Die Trainingsjacke klaffte noch weiter auf und gab ihren ganzen Oberkörper frei. »Ich habe ihn in Odessa gekauft. In einem Intershop. Für Devisen kann man dort alles haben. Ich konnte mit Dollars bezahlen. Um an fremde Währungen heranzukommen, habe ich öfter den Fremdenführer gespielt. Jeder ausländische Geldschein war ein geheimer Schatz.«
    »Und mit diesem Leben wollt ihr die ganze Welt beglücken? In einer klassenlosen Gesellschaft Läden für Privilegierte – sieht denn keiner von euch, wie ihr alle betrogen werdet?«
    »Wollen wir politisieren? O nein, Ric, bloß das nicht.«
    Sie setzte sich keck auf die Tischkante, stemmte die Beine neben Henderson auf die Bank und ließ die Zehen spielen. »Wann haben Sie zum letztenmal einen Wodka getrunken? Einen echten russischen?«
    »Noch nie.«
    »Das kann doch nicht wahr sein.« Sie schlug die Hände zusammen wie ein kleines Mädchen, das einen Ball geworfen hat. »Er kennt keinen Wodka! Aus ideologischen Gründen? Alles, was russisch ist, rühr' ich nicht an …« Sie beugte sich zu ihm. Daß Henderson ihr dabei tief in den Busen blicken konnte, schien sie nicht zu berühren. »Wir haben nicht bloß Atomraketen, die schwersten Panzer und einen Vorsprung im All. Wir können mehr bieten.«
    »Das sehe ich«, sagte Henderson trocken.
    Sie lachte wieder mit einem kehligen Unterton, bog sich zurück und ließ sich vom Tisch gleiten. Mit dem lautlosen Gang einer Katze ging sie hinüber zu einem Schrank, nahm eine Flasche Wodka heraus, öffnete schnell ein Fenster, stellte die Flasche in einen an der Außenwand hängenden Korb und schloß das Fenster wieder.
    »Mein Kühlschrank«, sagte sie und fuhr sich mit beiden Händen durch die blonden Haare. »Ein lauwarmer Wodka schmeckt wie Urin.«
    »Da kann ich nicht mitreden. Ich habe noch keinen Urin getrunken.« Henderson blickte wieder auf seine Armbanduhr. »Wann bringen Sie mich zu Virginia?«
    »Virginia! Virginia! Können Sie nicht für eine kurze Zeit Virginia vergessen?«
    »Ich muß zurückfliegen.«
    »Zurück? Wohin zurück? Wo kommen Sie her?«
    Henderson schwieg. Die ganze Zeit hatte er auf diese Frage gewartet und sich überlegt, was er darauf antworten sollte. Wo konnte ein Militärhubschrauber herkommen, hier im Eis des Südpols, auf einem gigantischen Eisberg? Das logisch zu erklären war ein kleines rhetorisches Kunststück.
    Ljuba erleichterte ihm die Antwort mit der Bemerkung: »Sie und Virginia haben natürlich den gleichen Standort.«
    »Sie haben es erkannt, Ljuba«, sagte Henderson etwas spöttisch.
    »Virginia und Sie hatten einen Hubschrauber. Der tote Pilot und Sie tragen eine Uniform, ein amerikanischer Flugzeugträger ist also in der Nähe. Habe ich recht?«
    »Wer kann Ihnen widersprechen, Ljuba?« Henderson erhob sich von der Holzbank. »Wir kommen von einem Forschungsschiff, das dieses Gebiet der Antarktis auf irgend etwas untersuchen will. Ich habe keine Ahnung davon, ich soll nur die Forscher herumfliegen. Virginia ist Meeresbiologin, nicht ich. Ich

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