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Duenenmord

Duenenmord

Titel: Duenenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Peters
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sie es zu tun hat, oder?«
    »Sehe ich auch so.«
    »Gib die Info bitte auch an Kasper weiter.«
    »Selbstverständlich. Mach ich doch immer.«
    Fine steckte den Kopf zur Tür herein. »Die Alibis sind dicht. Ich habe gerade den Schachfreund von Michael Sänger erreicht«, berichtete sie munter. »Olaf Leihm bestätigt die Angaben: Zwischen achtzehn und zwanzig Uhr haben die beiden eine Partie gespielt, es können auch zwei gewesen sein. Und mit Dieter Keil aus der Jugendherberge hatte ich ja vorhin schon mal wegen des Netbooks Kontakt aufgenommen. Der Mann ist fix und alle, der kann es gar nicht fassen …«
    »Ich möchte ihn befragen, am liebsten hier«, ergriff Romy das Wort, bevor Fines Empathie wie ein Tsunami auf sie überschwappen konnte. »Und am liebsten heute noch.« Sie sah auf die Uhr. Der Nachmittag war längst angebrochen.
    »Ich kümmere mich darum«, versprach Fine.
    »Bestens. Sag mal, wollte Kasper nicht längst hier sein?«
    »Der kommt gleich rein – die Straßen sind verdammt eisig, und auf der 196 hat es hinter Zirkow einen Auffahrunfall gegeben«, entgegnete Fine. »Magst du erst mal einen Kaffee und einen Imbiss?«
    »Gute Idee. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass wir am Wochenende arbeiten müssen?«
    Darauf mochten ihr weder Fine noch Max antworten. Kurze Zeit später saß Romy in ihrem Büro und vertilgte mit großem Appetit ein Heringsbrötchen, während sie Monika Sängers Notizen durchblätterte. Glücklicherweise hatte die Frau über eine gut leserliche Handschrift verfügt. Die erstenSeiten stellten eine eher ermüdende Aneinanderreihung von stichpunktartig erfassten Angaben, Daten, allgemeinen Informationen und Terminen bezüglich der Jugendherberge dar und begannen Anfang letzten Jahres: Diskussionen mit Vertretern des Landkreises und des Landestourismusverbandes sowie des Jugendherbergswerks fanden ebenso Erwähnung wie Fragen der Finanzierung, Werbung und möglichen Einbettung des Projekts in die Kinder- und Jugendarbeit auf Rügen, gefolgt von den Vorbereitungen zur Eröffnungsfeier im Sommer sowie der Erörterung der zukünftigen Aufgaben der geplanten Bildungsstätte und dergleichen mehr. Die Besprechungen mit Mitgliedern des alten und neuen Prora-Vereins und dem Leiter des Dokumentationszentrums ließen durchblicken, dass die historische Aufarbeitung der Anlage jede Menge politischen Zündstoff barg.
    Romy wischte sich die Hände ab und trank einen Schluck von ihrem Kaffee, bevor sie weiterblätterte. Der Ton wurde plötzlich deutlich persönlicher. »In Block V waren Hunderte von Spatis untergebracht«, las sie. »Zwischen 82 und 89 wurden sie beim Ausbau des Fährhafens von Mukran eingesetzt, einem Mammutprojekt der DDR. Die jungen Männer wurden achtzehn Monate lang ausgebeutet, schikaniert und gedemütigt. Rolf war einer von ihnen. Mein Bruder starb 1984, mit zwanzig Jahren. Ein Unfall am Hafen, wie es so viele gab. Warum ist dieses Thema zu Hause tabu? Schämt Vater sich immer noch? Und wofür genau schämt er sich? Es ist allerhöchste Zeit, dass er sich meinen Fragen stellt.«
    Romy setzte ihre Tasse ab und blickte hoch. 1984 war sie acht Jahre alt gewesen. Sie hatte im Schwabinger Restaurant der Eltern die ersten Abendgäste begrüßen dürfen und war mit ihren dunklen Locken und dem frechen Mundwerk der ganze Stolz ihres Vaters gewesen. Was für eine schöne und unbeschwerte Kindheit!
    Romy schüttelte die eindringlichen Erinnerungen ab undkonzentrierte sich wieder auf das Heft. Die regelmäßigen und ausführlichen Aufzeichnungen endeten im Spätsommer, und sie schätzte, dass Monika Sänger kurze Zeit darauf begonnen hatte, vorrangig ihr Netbook zu nutzen. Danach waren lediglich noch einige Termine und Hinweise notiert. Die letzte Eintragung datierte von Ende Oktober und ließ den Schluss zu, dass Monika mit ihrer Mutter über den Tod des Bruders gesprochen hatte: »Hatte er wirklich einen Unfall? Warum sind die Unterlagen verschwunden? Ex-Spatis befragen!« Ein kleiner Pfeil wies auf zwei Namen: Stefan Heise und Jochen Bäsler.
    Es klopfte, und Kasper trat ein. »Störe ich?«
    Romy sah langsam auf und schüttelte den Kopf. »Sind in den achtziger Jahren häufiger Spatis bei Unfällen in der Prora oder beim Hafenbau in Mukran zu Schaden gekommen?«
    Kasper starrte sie perplex an. »Ist das unser Thema?«
    Romy wies auf Monika Sängers Heft. »Gut möglich. Du solltest das unbedingt lesen.«
    »Jetzt gleich?«
    »Ja – und danach sollte sich Max damit

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