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Duenenmord

Duenenmord

Titel: Duenenmord
Autoren: Katharina Peters
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Donnerstagabend?«
    Kronwald sah Romy mit schreckgeweiteten Augen an. »Um Gottes willen, wollen Sie das wirklich im Einzelnen wissen? Genügt es Ihnen nicht, wenn ich die Tat gestehe?«
    »Nein. So einfach ist das nicht. Rein theoretisch könnten Sie sich ja auch schützend vor jemanden stellen«, erläuterte Romy. »Also lassen Sie uns bitte etwas ausführlicher über das Geschehen sprechen.«
    Kronwald hielt einen Moment inne, dann stand sie auf. »Mögen Sie einen Tee trinken? Oder einen Kaffee?«
    Romy begleitete Silke Kronwald in die Küche, ein ebenso schöner und übersichtlich gestalteter Raum, in dem es nachZimt und Holunder duftete. Es fiel kein Wort, während die Gastgeberin den Tee zubereitete. Erst als sie Tassen und Kanne auf ein Tablett stellte, sah sie Romy von der Seite an.
    »Ich hatte alles vergessen, wissen Sie? Aber ich spürte, dass etwas nicht mit mir stimmte, dass ich fremdbestimmt war, könnte man wohl sagen«, begann sie mit anrührender Selbstverständlichkeit zu erzählen. »Meine Ehe funktionierte nicht, und ich hatte sehr viel Angst – die habe ich immer noch. Mit der Rückkehr nach Rügen erhoffte ich mir so was wie … Ruhe, inneren Frieden. Aber der stellte sich nicht ein oder nur zeitweise. Ich bewegte mich ständig wie auf dünnem Eis.« Sie brach unvermittelt ab und nahm das Tablett, um ins Wohnzimmer zurückzukehren.
    »Ich traf sie zufällig wieder, in der Prora«, setzte Silke Kronwald ihren Bericht fort, als sie die Tassen verteilt und Tee eingossen hatte. Ihre Stimme klang ruhig und sicher. »Und die Erinnerungen setzten mit einer unvorstellbaren Wucht ein, ersparen Sie mir bitte die Einzelheiten. Ich brauchte Wochen, um aus dem schwarzen Loch wieder herauszufinden.«
    Sie nahm zwei Stückchen Kandis und rührte mit konzentrierten Bewegungen ihren Tee um. »Was dann blieb, war die tiefe Überzeugung, dass man all das nicht so einfach stehen lassen konnte, auch wenn es viele Jahre zurücklag.«
    »Monikas Taten meinen Sie?«
    »Ja.«
    »Können Sie darüber …«
    »Nein, kann ich nicht und werde ich nicht!«, erwiderte Silke Kronwald mit abrupter Heftigkeit. »Lassen Sie es mich bitte so ausdrücken – sie hat mir Gewalt angetan, mehrfach, und nicht nur mir. Mehr müssen Sie nicht wissen, nicht von mir jedenfalls.« Sie stellte ihre Tasse mit leisem Klirren ab. »Ich wollte, dass sie Verantwortung übernimmt, dass sie sich stellt und dass sie geht, damit nie wieder ein Kind in Gefahr gerät, mit dem sie zu tun hat. Das habe ich von ihr gefordert,nicht mehr, aber auch nicht weniger«, fuhr sie wieder ruhiger fort. »Es erschien mir völlig angemessen.«
    Romy nickte. »Ein Treffen sollte bereits im Oktober stattfinden, nicht wahr?«
    »Richtig. Es fand auch statt. Wir standen uns am Strand von Göhren gegenüber.« Kronwald blickte ins Leere. »Es war entsetzlich. Sie hat mich beschworen, die alten Geschichten ruhen zu lassen.«
    »Und womit begründete sie das?«
    Kronwald lachte unfroh auf. »Sie hätte sich geändert, schon vor langer Zeit, sie selbst habe als Kind gelitten … Ich sollte ihr eine Chance geben und so weiter und so fort. Ich habe mir irgendwann die Ohren zugehalten und bin weggerannt, und wissen Sie was? Ich habe mir ihre Einwände tatsächlich durch den Kopf gehen lassen, doch, doch, aber … Das ist nicht der Weg …« Sie hielt inne. »Das kann nicht der Weg sein, sich selbst reinzuwaschen und einfach weiterzumachen.«
    »Einige Zeit später haben Sie ein zweites Treffen veranlasst«, ergriff Romy wieder das Wort. »Sie wollten hören, dass Monika Sänger bereit ist, selbst die Konsequenzen zu ziehen, um zu verhindern, dass Sie Ihre Drohung wahrmachen und aktiv werden, indem Sie ihre Taten kundtun.«
    »Ja, genau. Wir haben uns gestritten und angeschrien. Sie meinte, ich müsste aufhören, ihr das nachzutragen und sie zu verfolgen, weil seit vielen Jahren alles anders sei und sie kein Kind mehr angerührt habe. Es hätte keinen Sinn, nun ihr Leben zu zerstören und das ihrer Familie. Ich habe geantwortet, dass mir das völlig egal sei, die Vergangenheit könne man nicht einfach auslöschen, indem man sie verschweige. Ich habe ihr Vorwürfe gemacht, gedroht, dass alle davon erfahren würden, wenn sie nicht selbst tätig werden würde und so weiter und so fort … Irgendwann hat sie nach mir gegriffen und mich geschüttelt. Sie hat mir wehgetan!«
    Silke Kronwald zitterte und umfasste mit gekreuztenArmen ihre Schultern. Ihre Fingerknöchel traten hervor,
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