Duerers Haende
hin.
»Das ist doch ein Kruzifix«, murmelte sie, »ein christliches Symbol.« Dennerlein sah sie fragend an.
»Heinrich, schau mal, was wir hier haben. Gibt dir das zu denken?«
Bartels stieß einen leisen Pfiff aus. »Ja, hallo! Das ist doch schon mal besser als gar nichts.«
Sie teilte seine Meinung: Dieser Schlüsselanhänger war zumindest eine Möglichkeit, zwar nur eine winzig kleine, aber da sich die Taube auf dem Dach ihr nach wie vor nicht zeigte, musste sie eben mit diesem unscheinbaren Spatz in der Hand des Kriminaltechnikers vorliebnehmen. Das Kruzifix konnte nichts zu bedeuten haben. Oder alles Mögliche. Sie gab Dennerlein, der noch wartend vor ihr stand, das Fundstück zurück.
»Klaus, ich habe eine Bitte an dich. Seid ihr schon mit den Fingerabdrücken im Crossfire durch?«
Dennerlein schüttelte den Kopf. »Noch nicht ganz. Außerdem kam der Wagen ja frisch aus der Reinigung, ich glaube nicht, dass da viel zu holen ist.«
»Trotzdem. Bitte ganz genau durchchecken, vielleicht ist ja da doch was. Und wenn du etwas gefunden hast, bitte sofort Nachricht an mich. Wenn du das jetzt vorrangig behandeln könntest, würdest du mir und auch Heinrich einen großen Gefallen erweisen.«
Heinrich wiederholte ihre letzten Worte. »Einen sehr großen Gefallen. Wir brauchen so was momentan.«
Dennerlein nickte. »Natürlich mach ich das, wenn euch das so wichtig ist.«
Sie drehte sich zu Heinrich. »Ich denke, damit ist unsere Anwesenheit hier erledigt. Wir fahren jetzt zu Kramers Wohnung und schauen uns die mal in Ruhe an.«
Bevor sie gingen, flüsterte sie Grath noch zu: »Danke, Herr Doktor. Für alles. Und ich wäre Ihnen zu weiterem Dank verpflichtet, was in diesem Fall keine Plattitüde ist, wenn ich Ihren Bericht bald hätte. Unsere kleine Kommission hat nämlich derzeit ein wenig unter dem Geltungsdrang eines gewissen Kollegen zu leiden, dessen Name fast wie ein Musikinstrument klingt. Dieser Kollege macht bestimmt nicht vor unserer Bürotür halt. Der hat Ambitionen, die unter Umständen sogar bis in die Tetzelgasse reichen könnten.«
Als Antwort erhielt sie wieder diese mimische Rarität. Wenn er fleißig übt, wird sogar irgendwann ein ganz passabler Mensch aus ihm, dachte sie.
»Wegen mir können wir gehen«, sagte sie zu Heinrich, der die auf dem Boden verstreuten Papiere und Ordner musterte.
»Wegen mir auch. Um die Telefonliste kümmere ich mich, wenn wir wieder im Präsidium sind. Handy hat er keines gehabt, sagt seine Sekretärin. Glaubst du das? Ein privater Arbeitsvermittler muss doch immer erreichbar sein. Ich kann mir das nicht vorstellen.«
»Ich schon. Es würde zu ihm und zu all dem hier passen. Der hat sein Heil mehr in der Vergangenheit gesucht, in der guten alten Zeit.«
»Und der Laptop? Wie passt der in die gute alte Zeit?«
»Das war ein notwendiges Zugeständnis an die Gegenwart und an seinen Beruf. Hast du schon mit der Bernreuther gesprochen?«
»Ja, kurz. Sie war gestern nur am Vormittag da. Um halb eins ist sie gegangen. Ihr Chef hatte sie in der Früh angerufen und ihr das nahegelegt, sagte sie. Er brauche sie heute nicht mehr, Kunden erwarte er auch nicht, sie solle den Nachmittag freinehmen. Für sie hatte das ein wenig so geklungen, als wolle er selbst freinehmen, die Agentur nachmittags schließen.«
»Hast du auch nach der Terminverwaltung gefragt?«
»Hab ich. Die ist da«, Heinrich deutete auf den arg lädierten Laptop unter dem Messingventilator, »drin. Und auf dem Computer der Bernreuther. Wobei ich nicht glaube, dass uns das groß weiterbringt.«
»Anschauen werden wir sie uns. So, und jetzt fahren wir zu Kramers Wohnung.«
Kramer wohnte in der Schmausenbuckstraße, mitten im betulichen Vorstadtviertel Mögeldorf im Südosten Nürnbergs. Hier war vorzugsweise das mittlere Management daheim, das in punkto Privatanschrift viel auf sich hielt, sich aber die wirklich hippen, da alteingesessenen Adressen wie Erlenstegen oder Ebensee noch nicht leisten konnte. Hier entspannten Besserverdiener von des Tages Müh, mit ihren schmucken Frauen, in schmucken Häusern mit viel Grün und den angesagten Automarken drum herum. Alles war neu, sauber, aufgeräumt. Und teuer.
»Sag mal, Heinrich, weißt du«, fragte sie ihren Kollegen, als sie die Ostendstraße entlangfuhren, »ob der Kramer Familie hatte?«
»Die Bernreuther hat nichts von einer Ehefrau oder Kindern erzählt.«
»Du hast nicht danach gefragt.«
»Nein. Ich habe vergessen, danach zu
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