Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch
zu einem Mordfall zustecken, machen mich misstrauisch!«
»Schon gut.« Er beugte sich ein Stück zu ihr vor. »Sie kriegen ja, worauf sie so scharf sind. Aber nicht vor dem Essen. Davon bekomme ich Gastritis.«
»Sie sehen nicht so aus, als könnten Ihnen ein paar harmlose Fragen Magenschmerzen bereiten.«
»Die kommen im Grunde auch nur von zu gutem Essen. Im Arbeitslager, bei Wassersuppe und Brot, hat man damit jedenfalls keine Probleme.«
Der Kellner brachte Kaffee und Bier. Während sie auf Markows Heringe warteten, war er nicht zu irgendwelchen Auskünften zu bewegen, sondern plauderte über dies und das. Pia atmete auf, als sein Essen kam.
»Na dann, guten Appetit.« Sie musste sich weiterhin gedulden, bis Fjodor Markow die Heringe verspeist hatte. Die drei Männer, die ihn begleiteten, hatten ebenfalls große Teller mit Mittagsgerichten vor sich stehen. Und sie tranken auch ein Bier dazu. Als bedenklich wurde die Gefahrenlage hier wohl nicht eingeschätzt. Das zumindest war beruhigend.
»Ich werde Ihnen erklären, was hier läuft«, hob Markow freiwillig an, als er seinen Teller geleert hatte. »Wie Sie wissen, ist Oxana meine kleine Schwester. Sie ist über zwanzig Jahre jünger als ich. Unsere Eltern sind früh gestorben, darum ist sie mehr wie eine Tochter für mich. Ich verwöhne sie, ich will sie beschützen … Was recht schwierig ist, wenn eine junge Frau in der Weltgeschichte herumzieht. Sie war rastlos, ist nirgendwo lange geblieben. Schon gar nicht bei mir. Sie sagt, sie mag meinen Umgang nicht. Nun ja. Als sie Jörg Seesen kennenlernte, war ich, offen gestanden, recht froh. Da ich sowieso ständig herumreise, ist es für mich egal, ob ich sie in Russland, in Deutschland oder Timbuktu besuche, Hauptsache, sie ist zufrieden. Oxana braucht einen Fixpunkt im Leben. Und sie liebt Jörg.«
Pia nickte. Sie musterte Markows Gesicht im Dämmerlicht. Wieso erzählte er ihr das alles?
»Bei meinem ersten Besuch in Düsterbruch schien alles in bester Ordnung zu sein. Oxana mag die Natur und das Landleben. Für meinen Geschmack ist das nichts, aber sie soll ja dort glücklich werden. Als Jörg Seesens Mutter sich das Leben genommen hat, war das für alle Beteiligten ein Schock. Sie waren deswegen in Düsterbruch, nicht wahr? Sie wissen aus erster Hand, was dort los war. Oxana hat auf den Tod von Hedwig Seesen nervöser reagiert, als ich erwartet hatte. Ich habe daraufhin jemanden gebeten, ab und zu ein Auge auf Oxana zu haben. Nadja Ivanova ist eine sehr gute Freundin der Familie, sie hatte Oxana schon vorher des Öfteren besucht. Nadja sollte mir berichten, was in Düsterbruch passiert. Wissen Sie, ich bin gern informiert und auf alles vorbereitet.«
Pia machte nur eine unbestimmte Handbewegung.
»Eine Weile war alles ruhig. Ich muss hinzufügen, dass ich damals bereits wusste, dass sich das BKA meinetwegen für Oxana interessiert. Diese Aufmerksamkeit ist ziemlich lästig, wie Sie sich jetzt bestimmt vorstellen können.«
Pia nickte.
»Nicht wahr? Sie waren ja jetzt einmal dabei. Gegen Vadim Droski ist neuerdings ein europäischer Haftbefehl erlassen worden. Die Mühlen der Justiz mahlen zwar langsam, aber unerbittlich. Als ich davon erfahren habe, habe ich mich sofort von Droski distanziert. Das BKA ist da nicht auf dem neuesten Stand.«
»Wie ging es in Düsterbruch weiter?«, fragte Pia.
»Sie wissen das besser als ich: Zwei Menschen sind ermordet worden, Mutter und Sohn. Und die Frau stand mit den Seesens in engem Kontakt. Alles in allem höchst unerfreulich. Wie gesagt, ich habe versucht, Oxana dazu zu überreden, sich eine Weile fernzuhalten. Nur bis die Polizei alles aufgeklärt hat. Aber das wollte sie nicht.«
Die widerspenstige Oxana wurde Pia immer sympathischer.
»Haben Sie einen Hinweis darauf, dass Ihre Schwester in Düsterbruch in Gefahr ist?«
Markow, der sich auch noch einen Kaffee hatte bringen lassen, gab großzügig Zucker hinein. »Nichts Konkretes. Ich bin nur besorgt.«
»Ein bisschen mehr Offenheit in der Sache würde uns sicherlich helfen, die beiden Mordfälle schneller aufzuklären. Schon im Interesse Ihrer Schwester.« Pia sah auf ihre Armbanduhr.
»Ihr Sohn wartet, nicht wahr?«
Da war es wieder, dieses drückende Gefühl im Magen. Die Befürchtung, dass die Dinge außer Kontrolle geraten könnten. »Einen Moment habe ich noch Zeit. Sie wollten mir etwas über dieses Schmuckstück sagen.«
»Nadja hat es mir gegeben.«
»Und woher hat sie es?«
Markow schien
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