Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch
sie überhaupt mit ins Park Hyatt genommen hatte, war er ihr noch schuldig.
»Jetzt, da der Ring so in den Fokus geraten ist, müssen wir noch einen weiteren Sachverhalt mit berücksichtigen«, sagte Pia. »Ich habe doch gestern mit einem pensionierten Kollegen über einen alten, ungeklärten Fall aus Düsterbruch gesprochen.«
»Gibt es schon was Schriftliches darüber?«, fragte Kürschner, der für die Akte verantwortlich war.
»Nein. Nur ein paar Notizen.« Sie ärgerte sich über das Versäumnis, aber es war einfach zu viel passiert.
»Dann erzähl uns, was dabei rausgekommen ist«, forderte Gabler sie auf.
Pia warf einen Blick auf die Seiten mit ihren handschriftlichen Aufzeichnungen. »Ich versuche, es kurz zu machen. Ich muss heute pünktlich gehen«, sagte sie. Sie hatte nur noch eine halbe Stunde, bis sie Felix bei Fiona abholen wollte, und der Verkehr um diese Uhrzeit würde grauenhaft sein. Anderseits fand sie es wichtig, dass die anderen über den Fall Justina Bescheid wussten. Ein paar Minuten mehr oder weniger machten den Kohl nicht fett.
»Die Frage ist also, ob der Ring zu dem verschwundenen Familienschmuck der von Alsens gehört«, meinte Broders, als Pia geendet hatte. »Wie romantisch.«
»Der Entführungsfall von Alsen war aus polizeilicher Sicht ein Fiasko«, sagte Gabler. »Da war nichts romantisch. Und wenn wir das alles wieder aufrollen müssen, brauchen wir Jahre.«
Pia sah auf die Uhr. »Ich muss jetzt trotzdem los. Soweit es mich betrifft, können wir erst morgen weitermachen.« Sie hatte um achtzehn Uhr mit Ach und Krach noch einen Termin beim Kinderarzt bekommen. Die nächste U-Untersuchung für Felix stand an. Außerdem wollte sie Fionas Geduld, was das Überziehen der abgesprochenen Zeiten betraf, nicht öfter als unbedingt nötig strapazieren.
»Alles klar«, meinte Gabler und nickte Pia zu. »Broders und Gerlach können Jörg Seesen zu dem Ring befragen. Alles Weitere dann morgen früh.«
Pia fühlte einen leichten Stich. Ihr Blick traf Lessings, der sie nachdenklich ansah. Es war hart, jetzt zu gehen, in dem Wissen, dass einige Kollegen heute noch lange weiterarbeiten würden.
Das Haus der von Alsens lag trotz des blauen Himmels und des Sonnenscheins in tiefem Schatten. Schien hier jemals die Sonne?
Pia war zusammen mit Broders dazu ausersehen worden, an diesem Morgen als Erstes die von Alsens aufzusuchen. Die Nachfrage nach dem Ring war am Vorabend ergebnislos verlaufen. Weder Jörg Seesen noch Oxana Markowa hatten zugegeben, das Schmuckstück schon mal gesehen zu haben. Die Aussage, es sei womöglich aus ihrem Haus entwendet worden, hatte nur Ratlosigkeit und ein gewisses Misstrauen hervorgerufen. Dafür war eine Meldung aus dem Labor eingetroffen, mit neuen Erkenntnissen über André Falkes Türschloss und seine Telefonverbindungen. Broders hatte Pia auf der Autofahrt nach Düsterbruch darüber ins Bild gesetzt:
Die Schließzylinder von Falkes Wohnungsschloss waren unversehrt. Das hieß, es war mit nichts anderem als einem dafür vorgesehenen Schlüssel geöffnet worden. Der Telefonanbieter hatte eine Zusammenstellung der Verbindungen der letzten drei Wochen herausgegeben, die Falke mit seinem Mobiltelefon angewählt hatte beziehungsweise von denen er angerufen worden war. Es standen sowohl Telefonanrufe zu den Seesens als auch zu den von Alsens auf der Liste. Außerdem hatte Falke einen DSL -Anschluss gehabt, der vermuten ließ, dass er auch einen Computer besessen haben musste. Für einen gerade aus der Haft entlassenen Mann war er recht gut ausgestattet gewesen. Doch weder der Computer noch das von ihm laut Rechnungen betriebene Smartphone waren bisher irgendwo aufgetaucht.
Pia und Broders stiegen die vermoosten Stufen zum Eingang der von Alsens hoch. Ein Eichhörnchen raste neben ihnen kopfüber die mit Wein berankte Außenwand hinunter. Kamikaze, dachte Pia, auch eine Möglichkeit.
Carola von Alsen riss bei ihrem Anblick erstaunt die Augen auf. »Oh, guten Morgen. Worum geht es denn jetzt schon wieder?«
»Wir müssen mit Ihnen sprechen. Mit Ihrem Mann, Ihrer Schwiegermutter und Ihrer Tochter ebenfalls …«
»Enno ist unterwegs, und bei meiner Schwiegermutter geht es jetzt auch nicht. Veronika musste heute Morgen nüchtern beim Arzt erscheinen. Das hat sie so fertiggemacht, dass sie sich wieder hingelegt hat.«
»Wir wollen ja auch mit Ihnen sprechen«, sagte Pia und trat einen Schritt vor.
»Also gut. Sie haben Glück. Normalerweise bin ich um diese
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