Düstere Schatten (Darian & Victoria #2) (German Edition)
lag der Abgrund, der uns auf die nächste Ebene führen sollte. Wir stellten uns in einer Reihe auf und hielten uns an den Händen. Dann sprangen wir in das nächste Kapitel unserer Zukunft.
Die Zweite Ebene
Victoria
Wieder entsprach das Bild nicht dem, das ich mir vorgestellt hatte. Miros hatte gesagt, die Zweite Ebene wäre die der Verbrecher und Verstoßenen. Also hatte ich unwillkürlich ein Bild von High Noon Western Atmosphäre mit Cowboys und Saloons im Kopf, das versuchte, sich mit Fotos von Alcatraz zu verbinden. Eine sehr seltsame Vorstellung, die in keiner Weise zutraf.
Als wir aus dem Nebel traten, der auch hier am Fuße des Abgrundes waberte, blickte ich auf eine blühende Landschaft, weite Felder und Wiesen. Entgegen meiner Erwartung rollte der Wind keine vertrockneten Grasbüschel an uns vorbei, sondern trug den Duft frisch gemähter Wiesen zu uns.
Es erinnerte mich an Zuhause. Im Spätsommer sah es bei uns ungefähr so aus wie hier. Ein Teil der Felder war abgeerntet, auf anderen stand der Mais bereits höher als unsere Köpfe. Ich las in ihren Gedanken, dass auch Sina und Darian einen kleinen Anflug von Heimweh verspürten.
»Nicht das, was ihr erwartet hattet, oder?« Miros hatte bemerkt, wie seltsam wir den Ausblick fanden.
»Hier sieht es nicht gefährlich oder bedrohlich aus«, stellte Sina fest.
»Vor langer Zeit haben sich die Bewohner dieser Welt für einen Waffenstillstand entschieden. Viele gehen ihren eigenen Weg, andere haben sich zu Gemeinschaften zusammengetan, arbeiten Hand in Hand für ihren Lebensunterhalt. Entgegen den Ebenen Drei und Vier leben sie schließlich noch und müssen sich ernähren. Ich kenne mich in ihrer Hierarchie nicht so gut aus, aber ich habe gehört, dass sie meist recht friedlich sind. Anders ließe sich das Leben hier nicht ertragen. Und alle von ihnen hängen sehr daran. Sie wollen nicht zu einem Schatten ihrer selbst werden. Aufgrund der verhältnismäßig entspannten Atmosphäre hier wollte ich uns auch direkt an diesen Ort portieren, oder zumindest in Grenznähe auf die Erste Ebene.« Miros verzog das Gesicht.
»Aber jetzt sind wir hier. Wie finden wir nun den Werwolf?«, fragte Jonah sachlich. Alle Blicke richteten sich auf Miros, der nur mit den Schultern zuckte. »Wenn ihr in ein fremdes Land kommt, was tut ihr, um zu eurem Bestimmungsort zu kommen?«, erwiderte er mit einer Gegenfrage.
Eine Landkarte? Das Telefonbuch? Ich bezweifelte, dass es hier so etwas gab.
Von weitem sahen wir zwei Pferde auf uns zu galoppieren. Während die Reiter, ein Mann und eine Frau, ihre Pferde wenige Meter entfernt zum Stehen brachten, konnte ich sie mir genauer ansehen.
Der Mann trug einen Cowboyhut, passte in Gedanken perfekt in meine Vorstellung. Die Frau hatte lange blonde Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Der Ritt hatte ihre Frisur komplett zerzaust, einzelne Strähnen hingen aus dem Zopf heraus. Die beiden sahen uns skeptisch, aber dennoch freundlich an. Die Frau sprach zuerst: »Seit wann schicken sie Häftlinge in einer der Vollmondnächte? Was habt ihr ausgefressen, dass sie euch so schnell loswerden wollten? Einen Amoklauf verübt?«
Wir sahen uns fragend an. Aurelia versuchte sich an einer Kontaktaufnahme: »Wir sind keine Häftlinge. Wir sind auf der Suche nach jemandem.«
Die Frau sprang vom Pferd. Sie rannte blitzschnell auf Aurelia zu, packte sie am Handgelenk, zog ihren Ärmel nach oben und drehte und wendete ihren Arm. Irritiert wandte sie sich an den Mann, der ihre Handlung gespannt verfolgt hatte: »Sie trägt kein Mal.«
Miros trat zwischen die Frau und Aurelia. Die Frau ließ darauf Aurelias Handgelenk los. »Sie hat kein Mal, weil sie die Wahrheit gesagt hat«, schnauzte er die Frau an. »Wir sind keine Verbannten.«
»Und was bitte tut ihr dann hier? Macht ihr Urlaub oder was?«, meldete sich der Mann zu Wort.
»Wie bereits erwähnt wurde, suchen wir jemanden. Vielleicht könnt ihr uns ja helfen.«
»Und was bekommen wir dafür? Ihr wisst sicher, dass es hier etwas anders zugeht als in eurer Welt, in der sich alle lieb haben und man sofort verbannt wird, wenn man nicht nett genug war.« Ihr Sarkasmus war nicht zu überhören. Aber was wollte sie? Was konnten wir ihr geben? Wir hatten nichts. Doch Miros war darauf vorbereitet: »Ich habe Mondgestein. Viel Mondgestein. Ich überlasse euch alles, wenn ihr uns helft.«
»Na das ist doch mal eine Basis für ein gutes Geschäft. Kommt mit
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