Düstere Sehnsucht - Feehan, C: Düstere Sehnsucht - Deadly Game
werde sie, sowohl im Schlafzimmer als auch außerhalb, immer grob behandeln. Früher oder später wird sie blitzschnell von hier verschwinden. Ich weiß nicht, was zum Teufel ich dann tun werde.« Er wusste es wirklich nicht. Er durfte gar nicht daran denken, dass sie ihn verlassen könnte, denn ihm war klar, dass sie mit ebendiesem Gedanken spielte. Er war wie betäubt – und innerlich erstarrt.
»Ken.« Jack legte seinem Bruder eine Hand auf die
Schulter. »Sean ist zum Killer ausgebildet. Es wird nicht einfach werden. Du musst bei der Sache sein. Warum tauschen wir nicht die Plätze? Er wird den Unterschied nicht bemerken.«
Ken schüttelte den Kopf. »Das ist mein Kampf, Jack. Pass du da oben bloß gut auf dich auf. Wenn er dich raufklettern sieht und dich für mich hält, könnte es sehr gut sein, dass er Jagd auf dich macht oder dich mit einem gut gezielten Schuss aus dem Weg zu räumen versucht.«
Jack zuckte die Achseln. »Dann kann ich dir nur raten, auf deinem Posten zu sein und mir Rückendeckung zu geben.«
Ken nickte und begab sich in die Werkstatt. Ein paar Minuten später kam er mit einer blonden Perücke auf dem Kopf wieder heraus. Er ging gebeugt, um sich kleiner zu machen, und hielt sich im dichteren Laub, damit nur flüchtige Blicke auf ihn zu erhaschen waren. Sean musste Jack sehen, um zu glauben, dass Ken an der Felswand hinaufstieg. Das würde die Illusion verstärken, Mari liefe allein durch den Wald. Ken bezog seinen Posten; er setzte sich auf einen Geröllbrocken in der Nähe der Quelle, größtenteils hinter gefiederten Farnwedeln verborgen. Hier würde er darauf warten, dass Sean ihn entdeckte. Sein Blick suchte unablässig die Bergkämme ab, um sicherzugehen, dass der Feind nicht auf der Lauer lag und eine günstige Gelegenheit abpasste, um auf Jack zu schießen.
Die Minuten vergingen. Fünfzehn Minuten. Jetzt konnte er sehen, wie Jack an dem Steilhang zu seinem liebsten Aussichtspunkt hochstieg. Auf einen Außenstehenden musste es so wirken, als betriebe er das Klettern zu seinem Privatvergnügen. Ken wusste, dass Jack, sowie er oben angelangt
war, in den Schatten des Felsens gleiten würde, in eine ideale kleine Bodensenke, wo ihn niemand entdecken konnte und er die umliegende Gegend aus der Vogelperspektive im Blick haben würde.
Zwanzig Minuten. Ken bückte sich, hob ein paar kleine Steine auf und warf sie träge in den Bach. Die Haare in seinem Nacken stellten sich auf. Er fühlte ein Jucken zwischen den Schulterblättern. Das Rascheln von Laub, das Kleidungsstücke streifte, war zu vernehmen. Jetzt würde er sich nur noch von seinen Instinkten leiten lassen. Kens Selbsterhaltungstrieb hatte seine Instinkte schon von seiner Kindheit an geschärft, als sein Vater oft genug betrunken nach Hause gekommen war und nichts anderes im Kopf gehabt hatte, als seinen Söhnen möglichst große Schmerzen und den größtmöglichen Schaden zuzufügen. Er wusste, wann er in Gefahr schwebte. Jemand schlich sich an ihn heran.
Ken bückte sich wieder, als sammelte er weitere kleine Steine auf. Er hielt den Kopf gesenkt und sah sich unauffällig nach allen Seiten um, wobei er so tat, als suchte er besonders flache Steine, um sie ins Wasser zu werfen. Zu seiner Linken knackte auf einem schmalen Wildpfad, der sich über die Hügel schlängelte, ein Zweig und brach ab. Das Rotwild hatte einen seiner Lieblingsplätze im Schatten nahe der Quelle. Ken blickte zu dem Bereich auf, wo die Gräser ständig zertrampelt waren, und sah dort ein Stück von einem Hosenbein. Als er sich aufrichtete, hielt er das Messer aus seinem Stiefel in der Handfläche verborgen und achtete sorgsam darauf, in der Mitte der wuchernden Farne zu bleiben.
»Hallo, Mari«, sagte Sean zur Begrüßung. »Wenn du dich sehr, sehr ruhig verhältst, könnte es sein, dass ich
alle außer deinem Liebhaber am Leben lasse. Wenn du mir Ärger machst, ist die erste Person, die ich töte, deine hurende Schwester.«
Ken drehte sich langsam um und verbarg das Messer an seinem Handgelenk. »Pass auf, was du sagst, wenn du über meine Schwägerin sprichst.«
»Du!«, knurrte Sean finster. Wut huschte über sein Gesicht, doch dann verzog sich sein Mund zu einem gehässigen Grinsen. »Genau der Mistkerl, den ich treffen wollte.«
»Besonders gescheit bist du wohl nicht, oder?«, fragte Ken und trat einen Schritt nach rechts, um zu sehen, ob Sean ihm folgen würde. »Hast du geglaubt, ich würde sie nicht beschützen?«
Sean umkreiste Ken,
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