Duestere Vorzeichen
»Der MAD fertigt eine Studie über die erste Testfahrt der Lydia an. Über ihre Einsatzbereitschaft, ihre Fähigkeiten im Kampf, ihren Nutzen für das Militär und natürlich über die Flexibilität der Besatzung, auf unterschiedliche Situationen zu reagieren.«
»Sinn- und zwecklos.«
»Wie bitte?«, fragte David verwirrt.
»Das ist sinn- und zwecklos«, wiederholte Mallory genervt. »Eine bloße Verschwendung von Steuergeldern. Nichts weiter. Während Sie hier eine Kreuzfahrt machen, könnte man Sie irgendwo anders zu etwas Nützlichem einsetzen.«
Davids Wut kehrte mit einem Schlag zurück. Dieser Mallory war eindeutig zu weit gegangen. Er stand hier allen Ernstes im Raum und kritisierte seinen Auftrag.
Mehr noch. Er warf ihm durch die Blume vor, sich hier einen schönen Lenz zu machen, um sich um seine eigentliche Arbeit drücken zu können.
»Jetzt hören Sie mal zu …«, setzte er an.
»Die Lydia ist ein fabelhaftes Schiff. Sie wird die Erwartungen des Admiralstabs vollauf befriedigen. Besser gesagt, sie wird sie übertreffen. Weit übertreffen.«
»Das mag ja sein, aber mein Vorgesetzter will einen genauen Bericht über die Lydia und zwar über jedes noch so kleine Detail. Und nur falls es Sie interessiert: Er wird den Bericht dem Präsidenten vorlegen.«
»Der Präsident weiß sehr gut, was für ein feines Schiff das ist.«
David wurde es langsam zu dumm. Dieser Mallory hatte vielleicht Nerven. Kam einfach so daher und begann systematisch damit, ihn sich zum Feind zu machen, und dann brach er auch noch eine solche Debatte vom Zaun. Es wurde Zeit, den Spieß umzudrehen.
»Und Sie?«, fragte David im arrogantesten Tonfall, den seine Stimmbänder herzugeben in der Lage waren. »Was machen Sie auf der Lydia? Falls ein solcher Eingriff in ihre Privatsphäre gestattet ist …?«
»Natürlich ist es das, Major«, erwiderte Mallory und benutzte zum ersten Mal Davids Rang. »Ich habe die Lydia entworfen. Und ich werde dem ganzen Universum beweisen, was für ein tolles Schiff sie ist. Sie werden schon sehen.«
Kapitel 4
Die Wartezeit bis zum Abendessen verging quälend langsam. Karpov schien sich in seiner Haut alles andere als wohlzufühlen und quittierte alle Versuche Davids, ein Gespräch zu beginnen, mit so wenigen Worten wie möglich. Dabei vermied er es nach Möglichkeit, ihn direkt anzusehen. Als würde er sich sonst den Zorn seines vorgesetzten Offiziers zuziehen.
Mallory hatte auf seiner Koje allerhand Pläne und Blaupausen ausgebreitet und verbrachte Stunden damit, sie zu studieren. Ab und zu unterbrach er sein Studium und machte sich Notizen in ein kleines Buch, das er ständig in seiner Brusttasche mit sich führte. Aber selbst wenn ihm genauso langweilig gewesen wäre wie David, hätte dieser mit dem arroganten Schnösel kein Gespräch beginnen wollen. Nicht nachdem, wie ihre letzte Diskussion geendet hatte.
David versuchte, die Zeit mit Lesen totzuschlagen. Teilweise gelang es ihm sogar. Aber als es dann doch endlich fünf Minuten vor sechs war und es forsch an der Tür klopfte, war er trotzdem froh und machte in Gedanken drei Kreuze.
Die Tür ging auf, ohne dass jemand »Herein« gesagt hatte, und wiederum stand der griesgrämige Petty Officer im Raum.
»Ich wurde abgestellt, Sie in die Offiziersmesse zu bringen. Bitte folgen Sie mir.« Der Unteroffizier drehte sich auf dem Absatz um und verschwand wieder durch die Tür. Offenbar in dem festen Glauben, die drei Gäste würden in seinem Kielwasser folgen.
Die drei sahen sich eine Sekunde lang ratlos an und beeilten sich, dem Besatzungsmitglied zu folgen. Bereits nach wenigen Metern hatten sie ihn eingeholt. Aber nur weil sie ihre Würde über Bord geworfen hatten und gerannt waren. Der Mann legte ein beeindruckendes Tempo vor.
Mallory keuchte angespannt. Eine solche Behandlung war er zweifelsohne nicht gewohnt und den giftigen Blicken nach zu urteilen, die er auf den Rücken des Petty Officers abschoss, hatte er vor, sich zu beschweren.
Da David Pragmatiker war und schon vor Langem beschlossen hatte, sich über nichts aufzuregen, das er nicht ändern konnte, nutzte er lieber die Chance und begutachtete seine Umgebung mit dem geübten Blick eines erfahrenen Offiziers.
Die Gänge der Lydia waren die saubersten, die er je gesehen hatte. Die Abdeckungen, der Boden, sogar die Decke waren auf Hochglanz gebracht worden. Aus Erfahrung wusste David, dass dies nur für die Kameras der Presse gedacht war.
Eine neue Schiffsklasse war immer aufsehenerregend.
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