Duestere Vorzeichen
Maschinen der Wolverine-Staffel stoben in Zweiergruppen aus der Lydia und formierten sich sofort zu einem lockeren Keil mit dem Zerberus von Major Parducci an der Spitze.
Parducci nahm Kurs auf das von dem blau blinkenden Punkt auf dem Radarschirm dargestellte unbekannte Objekt. Die anderen elf Maschinen reagierten unmittelbar und folgten gehorsam. Stephanie Harper, ihre Flügelfrau, schob sich an ihre Sechs-Uhr-Position.
»Also gut, Jungs und Mädels«, erklärte sie ihren Piloten über Staffelfunk. »Die Waffen entsichern, aber niemand feuert ohne ausdrückliche Genehmigung. Unser Auftrag lautet: sondieren, anfunken und Bericht erstatten. Seid aber trotzdem vorsichtig. Wir wissen nicht, was das für ein Schiff ist. Seid auf der Hut und fliegt nie länger als ein paar Sekunden auf gleicher Höhe.«
Elf Stimmen bestätigten den Befehl und Parducci konzentrierte sich wieder auf ihre Instrumente. Das unbekannte Objekt kam immer näher. Die schnellen Zerberusse brauchten nur einen Bruchteil der Zeit, um das fremde Objekt zu erreichen, den ein Stingray oder die Lydia gebraucht hätte. In der Ferne, zwischen den Trümmern des Asteroidenfeldes, konnte sie bereits Umrisse und das Blitzen von Sonnenlicht auf Metall erkennen. Es schien sich wirklich um ein Schiff zu handeln.
Sie machte ihre Waffen scharf und achtete auch darauf, die Raketen zu entsichern. Sollte es zum Kampf kommen, waren die Lenkwaffen unter ihren Flügeln zusammen mit dem schweren Laser unter ihrem Cockpit ihre beste Lebensversicherung gegen ein feindliches Großkampfschiff.
Sie erreichten die äußersten Ausläufer des Asteroidenfeldes. Einige kleinere Trümmer in ihrer Flugbahn zwangen sie zu minimalen Kursänderungen. Dann konnte Parducci endlich einen klaren Blick auf das Schiff werfen, das wie aus dem Nichts auf den Scannern der Lydia aufgetaucht war.
Und es war eindeutig kein ruulanisches Schiff. Es gehörte auch keiner anderen nichtmenschlichen Rasse. Es war ohne Zweifel ein Schiff des Terranischen Konglomerats. Um genau zu sein: ein Schwerer Kreuzer.
»Wolverine-Staffel, in Zweiergruppen ausschwärmen und das Schiff inspizieren. Danach Bericht sofort an mich.«
Die Staffel gehorchte und schwärmte aus. Parducci und Harper waren plötzlich allein und steuerten auf den Teil des Schiffes zu, der die Brücke beherbergte. Das Schiff war unglaublich alt, aber noch gut in Schuss. Wenn sich Parducci nicht sehr irrte, dann gehörte es der Hermes-Klasse an, die vom Konglomerat nur noch für Patrouillenzwecke eingesetzt wurde. Auf der Seite prangte der Name des Schiffes.
Manassas. Der Name sagte Parducci nichts, aber jetzt hatte sie wenigstens Informationen, mit denen sie arbeiten konnte. Sie öffnete einen uncodierten, allgemeinen Kanal, der von der Marine für Schiff-zu-Schiff-Gespräche genutzt wurde, die nicht als vertraulich eingestuft wurden.
»Achtung, Achtung! Manassas, hier spricht Major Laura Parducci von der Wolverine-Staffel der Lydia. Bitte antworten.«
Sie wartete einige Sekunden und lauschte. Keine Reaktion. Sie wiederholte die Nachricht noch dreimal. Immer mit dem gleichen besorgniserregenden Resultat. Nach und nach gaben die Mitglieder ihrer Staffel einen Statusbericht ab, was nur wenig zur Klärung der Situation beitrug. Vielmehr wurden nur noch mehr Fragen aufgeworfen.
Die Besatzung, falls sich überhaupt noch jemand an Bord befand, reagierte auf keine Versuche der Kontaktaufnahme. Weder auf Funk noch auf Morsesignale mit den bordeigenen Scheinwerfern der Jäger. Die Manassas strahlte keinerlei Wärme ab. Der Antrieb war tot. Soweit es sich mit ihren beschränkten Mitteln feststellen ließ, handelte es sich um ein Geisterschiff.
Es wurde Zeit, die Lydia zu informieren. »Wolverine Eins an Lydia, bitte kommen.«
»Hier Lydia «, antwortete Hargrove sofort. »Sprechen Sie.«
»Bei dem Schiff handelt es sich um einen terranischen Kreuzer der Hermes-Klasse. Die Manassas. Das Schiff reagiert auf keinerlei Nachricht und treibt antriebslos im All.« Sie sah auf ihr Radar. »Es wird das Asteroidenfeld in wenigen Minuten verlassen und hat direkten Kurs auf die Lydia. Erbitte Anweisungen.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Parducci konnte sich vorstellen, wie Hargrove, DiCarlo und Salazzar gerade die Köpfe zusammensteckten, um die weitere Vorgehensweise zu klären.
Nur gut, dass ich das nicht entscheiden muss. Sie sah aus dem Fenster auf die steuerlos driftende Manassas und ihr lief ein eiskalter Schauder über den Rücken.
David
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