Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Titel: Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
Vom Netzwerk:
weitermachen.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte Polidori.
    Ich nickte. »Der Arzt meint, die Krankheit könnte zurückkehren.«
    »Ich verstehe. Das tut mir sehr leid.«
    »Ich hoffe, Sie haben die Flechte erhalten«, sagte Henry.
    »Aber ja. Noch vor Sonnenaufgang am selben Morgen.«
    »Ist es genug?«, fragte Elizabeth besorgt.
    »Es ist vollkommen ausreichend. Was die zweite Zutat betrifft, so hat sich die Übersetzung als verteufelt schwierig herausgestellt. Aber gestern Abend habe ich sie geknackt. Kommen Sie.«
    Wieder einmal führte er uns durch den übel riechenden Gang zum Fahrstuhl. Krake musste wieder an der Schwelle zurückbleiben. Er sah empört aus.
    »Krake ist sehr klug«, sagte ich. »Wie hat er es geschafft, uns im Sturmwald zu finden?«
    Polidori ließ uns in den Keller hinab. »Junger Herr, haben Sie nicht gewusst, dass in alten Mythologien der Luchs als Bewahrer der Geheimnisse des Waldes bekannt ist?«
    Meine Haut prickelte. Ein kleiner Teil von mir hatte sich immer gefragt, ob Krakes erstaunliche Fähigkeiten tatsächlich allein nur mit rein tierischer Intelligenz erklärt werden konnten.
    »Ach ja?«, sagte ich. »Bewahrer der Geheimnisse des Waldes.«
    »Genau. Im Mittelalter gab es Berichte, der Luchs könne eine Grube graben, hineinurinieren, alles mit Erde bedecken und so in wenigen Tagen einen Edelstein hervorbringen. Einen Granat, genauer gesagt. Manche dachten auch, der Luchs könne beim Hellsehen und bei Weissagungen assistieren.«
    Der Alchemist wandte sich mir mit einem Grinsen zu. »Aber all das ist reine Fantasie, junger Herr.«
    »Aha«, sagte ich, zugleich erleichtert und enttäuscht.
    »Krake ist nur sehr gut ausgebildet worden. Ich muss allerdings bekennen, dass ich ihm in seiner Jugend Pflanzen und Öle zu fressen gegeben habe, die bekannt dafür sind, dass sie die geistigen Fähigkeiten von Menschen unterstützen. So ist er vielleicht intelligenter als die meisten seiner Art. Doch was das betrifft, dass er Sie im Sturmwald gefunden hat: Ich wusste, dass Sie bei Neumond dort sein würden, und so habe ich Krake in dieser Nacht hinausgelassen und ihm gesagt, er solle Sie suchen.«
    »Unglaublich«, bemerkte Elizabeth. »Er versteht, was Sie sagen!«
    »Also, sagen wir mal, der Geruchssinn des Luchses ist sehr ausgeprägt. Er hat Sie gewittert.«
    »Er hat uns vor den Lämmergeiern gerettet«, warf Henry ein.
    Überrascht sah Polidori ihn an. »In dem Baum mit der Flechte?«
    »Die hatten da ein Nest«, sagte Elizabeth. »Drei von ihnen.«
    Er wirkte aufrichtig erschüttert. »Junge Dame und meine Herren, es tut mir leid, dass Ihre Arbeit dadurch so erschwert worden ist. Das sind furchterregende Geschöpfe.«
    »Ach, wir haben es ja geschafft«, bemerkte Henry leichthin.
    »Ich hatte daran nicht gezweifelt«, sagte Polidori. »So, hier sind wir.«
    Nachdem er etliche Kerzen im Labor angezündet hatte, winkte Polidori uns zu einem Tisch voller Bücher, Schreibfedern und Tintenfässchen. Hier, nahm ich an, machte er seine Übersetzung. Er nahm ein Blatt Papier auf und beäugte es durch seine Brille.
    »Welche Sprache ist das?«, fragte ich, als ich ihm über die Schulter blickte.
    Mit einem leichten Lächeln ließ er das Papier sinken. »Das ist meine eigene Handschrift. Aber Sie haben recht. Sie ist unleserlich, manchmal selbst für mich. Also, das ist die Übersetzung. Zuerst kommt ein längeres Vorwort – keine Angst, ich lese es nicht vor – und dann das Ding, das Sie besorgen müssen.« Er blickte auf. »Einen Gnathostomatus.«
    »Was um Himmels willen ist denn das?«, fragte Elizabeth.
    »Gnathostomatus«, murmelte ich und zog wie wild die Schubladen in meinem Gehirn auf, durchwühlte den Inhalt und versuchte, mich an meinen Unterricht zu erinnern. »Kommt das aus dem Griechischen? Ha! Gnathos ist der Kiefer. Stoma heißt Maul. Das ist eine Gruppe von Tieren – Wirbeltiere mit Kiefern. Ja?«
    Verstohlen blickte ich kurz zu Elizabeth und hoffte, Bewunderung in ihren Augen zu finden. Ich wurde nicht enttäuscht.
    Polidori nickte. »Ausgezeichnet. Sie hatten einen guten Unterricht. Wer ist Ihr Lehrer?«
    Ich schaute unbehaglich zur Seite. »Ach, ein alter kluger Bursche, den mein Vater angeheuert hat.«
    »Ein Lebewesen mit Kiefern«, sagte Henry besorgt. »Das ist ziemlich unbestimmt.«
    »Das stimmt, aber der Text wird konkreter, wissen Sie. Das Wesen, das Sie suchen, ist das älteste seiner Abstammungslinie. Es ist ein Tier, das im Wasser lebt. Der Quastenflosser. Haben Sie

Weitere Kostenlose Bücher