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Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Titel: Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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überstrahlte den Sonnenschein, William und Ernest waren kaum noch zu halten, so aufgeregt waren sie, und die Dienerschaft bereitete jedes einzelne von Konrads Lieblingsgerichten zu.
    In zwei weiteren Tagen sollte Konrads Behandlung abgeschlossen sein.
    Dr. Murnau war über die Fortschritte meines Bruders hocherfreut und traf Vorkehrungen, in drei Monaten wiederzukommen, um ihn noch einmal zu untersuchen.
    Ich half dem Doktor, sein Labor zusammenzuräumen. Seine Laborgläser und Apparate erinnerten mich an die von Polidori, und ich war immer noch erstaunt, wie verschieden die beiden Männer waren.
    Aber ich selbst kam mir ziemlich töricht vor. Ich hatte solch große Vorstellungen davon gehabt, dabei zu helfen, ein fantastisches Elixier des Lebens zu schaffen. Doch Dr. Murnau war methodisch und wissenschaftlich vorgegangen und hatte Erfolg gehabt. Es sah so aus, als hätte Vater recht und diese alten Bücher wären nichts als Unsinn.
    »Sie tragen das Feuer der Neugier in sich«, sagte Dr. Murnau zu mir, als ich damit fertig war, auch die letzten Fläschchen in ihre samtenen Überzüge zu stecken. »Sind Sie an den Naturwissenschaften interessiert?«
    »Ich weiß nicht so recht«, antwortete ich. »Aber es könnte schon sein.«
    »Ingolstadt hat eine sehr gute Universität«, sagte Dr. Murnau. »Wir sind immer froh über eifrige Studenten, die uns dabei helfen, unser Wissen in Chemie und Biologie weiterzubringen. Vielleicht werde ich Ihnen eines Tages dort begegnen.«
    »Vielleicht«, sagte ich.
    Er reichte mir die Hand. »Viel Glück, Victor.«
    »Danke schön«, sagte ich.
    Der Tag war warm und sonnig. Vater hatte den Vormittagsunterricht ausfallen lassen und uns nach draußen geschickt. Mutter meinte noch, wir sollten nicht so weit weggehen. Wir wollten ihr keine weiteren Sorgen bereiten – davon hatte sie schon genug gehabt – und versprachen, die ganze Zeit in Sichtweite des Schlosses zu bleiben.
    Kaum war unser Boot von der Anlegestelle abgesegelt, blickte Konrad Elizabeth, Henry und mich an und sagte: »Ich glaube, ihr drei habt ein Abenteuer erlebt.«
    Wir schauten uns gegenseitig an und lachten.
    »Ihr glücklichen Schufte!«, sagte Konrad. »Erzählt mir alles!«
    Vergnügt berichteten wir Konrad abwechselnd von unseren Abenteuern: unser heimlicher Besuch in der Dunklen Bibliothek, Paracelsus’ verbranntes Buch und das rätselhafte Alphabet der Magier. Wir erzählten ihm von Polidori und seinem Haustier Krake, dem Luchs.
    »Das denkt ihr euch doch nicht aus, oder?«, unterbrach uns Konrad mehr als einmal, während er von Henry zu Elizabeth und dann zu mir blickte. »Das klingt wie das Ergebnis einer überhitzten Fantasie!«
    »Es stimmt alles«, sagte ich lachend, und dann beschrieb ich unsere nächtliche Unternehmung in den Sturmwald, den Wolfsblick und wie wir bei Sturm auf den höchsten Baum geklettert waren.
    »Du bist auf den Baum geklettert?«, fragte er Elizabeth erstaunt.
    »Bin ich«, meinte sie.
    Konrad blickte Henry und mich streng an. »Jetzt mal im Ernst, ihr zwei. Was habt ich euch eigentlich dabei gedacht? Euch hätte sonst was passieren können.«
    Elizabeths Augen funkelten. »Ich bin ganz gut in der Lage, alleine auf mich aufzupassen, Konrad.
    »Sie hat einen Lämmergeier in die Kehle gebissen«, fügte ich hinzu.
    Konrads Gesicht zuckte vor Abscheu. »Du hast was?«
    »Das hättest du ihm nicht unbedingt zu erzählen brauchen«, bemerkte Elizabeth und sah mich finster an.
    »Also, das war schon sehr beeindruckend«, antwortete ich zu meiner Verteidigung. » Ich war sehr beeindruckt.«
    Konrad sah uns verwundert an und wir erzählten schnell weiter von unserem Kampf mit den drei Lämmergeiern und wie Krake uns zu Hilfe gekommen war.
    »Das kann sich keiner ausdenken«, urteilte Konrad. »Ich glaube euch alles!«
    »Jetzt wirkt es so unwirklich«, meinte Elizabeth und blickte mich kurz unbehaglich an. Ich fragte mich, ob sie sich daran erinnerte, wie hungrig wir uns gegenseitig mit unseren Wolfsaugen angeschaut hatten. Meine eigenen Gefühle für sie im Sturmwald waren so mächtig gewesen, dass ich nun rot wurde, und ich blickte weg, um unser Hauptsegel zu überprüfen.
    »Jedenfalls«, bemerkte Elizabeth unbeschwert, »ist es jetzt vorbei. Es gibt keinen Grund mehr, weiterzumachen, da der geniale Dr. Murnau die Dinge ins Lot gebracht hat.«
    Während sie das sagte, betrachtete ich Konrads Gesicht genau, und plötzlich war mein Herz wie eine Faust, die sich in meiner Brust

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