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Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Titel: Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Elizabeth«, meinte er, »das ist ein ziemlich unangebrachtes Thema für eine junge …«
    »Nun hör aber auf, Konrad, sei doch nicht so prüde«, sagte sie.
    »Hab ich wirklich festgesteckt?«, fragte ich.
    »Jungs erinnern sich an solche Geschichten nie genau«, sagte sie naserümpfend. »Mädchen schon, weil wir wissen, dass uns das erwartet. Du«, und dabei blickte sie mich streng an, »hast deine Mutter beinahe umgebracht.«
    »Das hat sie mir nie …«
    »Du hast falsch gelegen, und die Hebamme hat es fast nicht hingekriegt, dich richtig zu drehen.«
    Ich nickte stumm. Als ich zu der Öffnung blickte, empfand ich einen Schauder, der nichts mit der Kälte hier unten zu tun hatte. Ich war sehr froh zu sehen, dass der Tunnel weiter vorne wieder breiter wurde.
    »Lasst uns weitergehen«, sagte ich, erpicht darauf, das Thema meiner peinlichen und lebensbedrohenden Geburt hinter mir zu lassen. Ich machte mir nichts aus diesem Bild von mir als wimmerndem Baby, und ich wollte auch nicht, dass Elizabeth so von mir dachte.
    Tiefer, immer tiefer. Allmählich hob sich die Decke. Erst duckten wir uns noch, dann gingen wir mit eingezogenem Kopf und dann endlich standen wir aufrecht und streckten uns stöhnend vor Erleichterung.
    »Und wohin jetzt?«, fragte Elizabeth, denn der Stollen verzweigte sich dreifach. Der erste führte leicht nach oben, die beiden anderen neigten sich nach unten. Der eine davon ziemlich steil. Mit einem flauen Gefühl im Bauch schaute ich auf die Karte. Da war keine Verzweigung eingezeichnet.
    »Hier ist nur ein Korridor eingetragen«, murmelte ich.
    Konrad trat näher »Vielleicht liest du es nicht richtig.«
    Ich deutete auf die Stelle, wo wir eigentlich sein sollten.
    »Wir haben uns verlaufen«, sagte Konrad. »Du hättest mich beim Kartenlesen helfen lassen sollen.«
    »Du meinst, die Führung ganz übernehmen«, fauchte ich.
    »Zwei Paar Augen sehen mehr als eins.«
    »Meine Augen sind völlig in der Lage, eine Karte zu lesen, Konrad!«
    »Du warst zu selbstherrlich, Victor«, sagte Elizabeth leise. »Du hättest uns in die Verantwortung mit einbeziehen sollen.«
    Das traf am härtesten. Erniedrigung und Eifersucht schnürten mir beim Sprechen die Kehle zu. »Du hältst ihn für den besseren Anführer, stimmt’s?«
    »Das hab ich nicht gesagt.«
    Konrad schnaubte. »Es ist seine Starrköpfigkeit. Wegen der haben wir uns verlaufen.«
    Ich stieß ihn hart gegen die Wand – meinen Zwillingsbruder, der erst vor wenigen Wochen noch mit Fieber im Bett lag. Er verlor das Gleichgewicht und fiel hin.
    »Victor!«, hörte ich Elizabeth durch das Dröhnen in meinen Ohren.
    Sofort bereute ich meine Unbeherrschtheit und streckte die Hand aus, um ihm auf die Beine zu helfen. »Alles in O…«
    Er packte mich an Arm und Schulter und schleuderte mich gegen die Wand. Dann stand er finster blickend und mit gehobenen Fäusten vor mir. Ich ballte meine und war bereit zum Sprung.
    »Hört auf damit!«, schrie Elizabeth. »Alle beide! Hört auf!«
    In ihrer Stimme lag eine solche Autorität, dass wir uns zu ihr rumdrehten und sie anblickten.
    »Wagt bloß nicht, diese Unternehmung aufs Spiel zu setzen!«, sagte sie.
    Konrad seufzte schwer und senkte die Fäuste. »Diese Unternehmung ist zu Ende. Wir müssen umkehren.«
    »Umkehren?«, rief ich.
    »Ohne Karte weiterzumachen, wäre idiotisch.«
    »Elizabeth kann jede Abbiegung mit Kreide markieren!«
    »Sei still!«, sagte sie.
    »Ich lass mir von dir nicht das Wort verbieten!«, schrie ich.
    »Ich hör was«, sagte sie.
    Wir lauschten. Von sehr weit weg kam ein leises Rauschen. Einen kurzen Moment lang, der unsere Haut prickeln ließ, klang es, als würden Menschen flüstern.
    »Wasser«, sagte Elizabeth.
    Konrad nickte. »Aber von wo?«
    Nacheinander ging er in jeden der Stollen ein paar Schritte hinein.
    »Ich denke, es muss der hier sein«, sagte er im Eingang des ansteigenden Ganges.
    »Nein, es ist der hier«, erklärte Elizabeth, die bei dem am steilsten abfallenden Tunnel stand. »Hier ist das Geräusch am deutlichsten. Victor, was meinst du?«
    Ich lauschte bei allen dreien. Es war unmöglich zu entscheiden, denn ich glaubte, das Flüstern von Wasser jetzt überall zu hören.
    »Ich weiß es nicht«, gab ich geschlagen zu.
    »Aber ich weiß es«, sagte Elizabeth. »Hier erwartet uns der Teich.«
    Konrad blickte erst sie an, dann mich.
    Ich nickte. »Ich glaube ihr.«
    »Also gut. Wir können immer noch umkehren, wenn wir nichts finden. Markier den

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