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Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Titel: Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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silbrigen Haar und dem scharfen Blick. Ich hätte ihm nur ungern in seinem Gerichtssaal gegenüberstehen wollen.
    »Es war ein Zufall«, sagte Elizabeth. »Ich bin gegen die Bücher gestoßen und die Tür hat sich vor uns geöffnet.«
    Vaters Stimmung war selten so streng, wie sein grimmiges Auftreten glauben machte, und jetzt grinste er. »Und natürlich habt ihr die Stufen runtergehen müssen.«
    »Natürlich«, sagte ich.
    »Und gehe ich recht in der Annahme, Victor, dass du es warst, der mit der Tür die Hand geschüttelt hat?«
    Ich hörte Konrad leise lachen.
    »Ja«, gab ich zu. »Und sie hat mir fast die Hand zerquetscht!«
    »Nein«, sagte mein Vater. »Sie wurde nicht dafür konstruiert, die Hand zu zerquetschen, sondern sie einfach nur festzuhalten. Für immer.«
    Erschrocken blickte ich ihn an. »Wirklich?«
    »Als ich als junger Mann diesen geheimen Durchgang entdeckte, war seit mehr als zweihundert Jahren niemand mehr diese Stufen hinabgestiegen. Und der letzte Mensch, der das getan hatte, befand sich noch immer hier. Jedenfalls das, was von ihm übrig war. Die Knochen seines Unterarms baumelten an der Tür. Das Übrige seines zerstörten Körpers war in den Schacht gefallen.«
    »Wir haben uns gefragt, ob wir da unten … nicht einen Fingerknochen gesehen haben«, sagte Elizabeth.
    »Da habe ich wohl etwas übersehen«, meinte Vater.
    »Und wer war es?«, fragte Konrad.
    Vater schüttelte den Kopf. »Nach seiner Kleidung zu schließen, offenbar ein Diener, der das Pech hatte, den geheimen Durchgang zu entdecken.«
    »Aber wer hat das alles gebaut?«, fragte ich.
    »Ach«, sagte Vater, »das war vermutlich unser Vorfahr Wilhelm Frankenstein. Dem Vernehmen nach war er hochintelligent und auch reich. Vor rund dreihundert Jahren, als er das Schloss hier bauen ließ, hat er auch die Bibliotheca Obscura geschaffen.«
    »Bibliotheca Obscura«, wiederholte Elizabeth und übersetzte dann aus dem Latein: »Die Dunkle Bibliothek. Warum ist sie in der Dunkelheit angelegt worden?«
    »Er war ein Alchemist. Und zu seinen Lebzeiten war es oft verboten, Alchemie auszuüben. Er war besessen von der Umwandlung von Materie, insbesondere davon, Basismetalle in Gold zu verwandeln.«
    Davon hatte ich schon mal gehört. Allein die Vorstellung von solch riesigen Reichtümern, von der Macht!
    »Hatte er Erfolg?«, fragte ich.
    Vater schmunzelte. »Nein, Victor, das klappt nicht.«
    Ich bohrte nach. »Aber vielleicht erklärt es, warum er so reich war.«
    Vaters Lächeln war fast schon etwas wehmütig. »Das ist nur eine schöne Geschichte, aber nichts als Unsinn.« Er zeigte auf die Regale. »Ihr müsst euch klarmachen, dass diese Bücher vor Jahrhunderten geschrieben wurden. Sie sind primitive Versuche, die Welt zu erklären. Es stecken einige Bruchstücke von Gelehrsamkeit drin, doch verglichen mit unserem heutigen Wissen sind sie wie kindliche Träume.«
    »Haben die Alchemisten nicht auch Medizin hergestellt?«, fragte Elizabeth.
    »Ja, zumindest haben sie es versucht«, antwortete Vater. »Einige von ihnen glaubten, sie könnten alle Elemente beherrschen und Elixiere schaffen, die Menschen ewig leben lassen. Und andere, so wie unser feiner Vorfahr, wandten ihre Aufmerksamkeit auf Dinge, die noch fantastischer waren.«
    »Was denn?«, fragte Konrad.
    »Umgang mit Geistern. Gespensterbeschwörung.«
    Mich durchlief ein Schauder. »Wilhelm Frankenstein hat Hexerei betrieben?«
    »Damals haben sie Hexen verbrannt«, murmelte Elizabeth.
    »Es gibt keine Hexerei«, sagte Vater entschieden. »Aber die römische Kirche hat nahezu jedes einzelne dieser Bücher geächtet. Vielleicht versteht ihr jetzt, warum diese Bibliothek im Dunkeln belassen wurde.«
    »Er ist nie erwischt worden, oder?«, fragte ich.
    Vater schüttelte den Kopf. »Aber eines Tages, als er vierunddreißig war, hat er ein Pferd bestiegen und ist davongeritten, ohne zu sagen, wohin. Seine Frau und die Kinder hat er zurückgelassen und ist nie wieder gesehen worden.«
    »Puh, da wird einem ja richtig … kalt«, sagte Elizabeth und schaute von Konrad zu mir.
    »Wir haben eine ganz schön schillernde Familiengeschichte, was?«, meinte Vater halb im Spaß.
    Mein Blick schweifte wieder zu den Bücherregalen, die im Licht der Fackel leuchteten. »Können wir die noch etwas weiter ansehen?«
    »Nein!«
    Ich war erschrocken beim Klang seiner harten Stimme, die all ihre freundliche Heiterkeit verloren hatte.
    »Aber Vater«, widersprach ich, »du selbst hast doch gesagt,

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