Duft der Unschuld - Tennington (German Edition)
raumteilender, dreitüriger Kleiderschrank stand, befand sich Yves’ Bett.
Ich staunte, es war kein normales Einzelbett, sondern etwas breiter, vielleicht 120 Zentimeter. Und auch hier gab es an den Wänden beinahe ausschließlich Bücherregale.
„Du liest wirklich viel!“, befand ich staunend und trat näher an eines der Regale. Ablenken von seinem Duft, alles andere ist … zu kompliziert!
Doch das war leichter gedacht als getan. Der sanfte, so unglaublich benebelnde Geruch, der von Yves Bett aufstieg, ließ meine Fantasie eine wilde Party in meinem Kopf feiern. Yves trat dicht neben mich und mein Hirn setzte aus. Bevor ich es selbst begriff, hatte ich mich zu ihm herumgedreht und meine Arme schlangen sich um seine Taille.
Verblüfft starrte er mich an und ich brachte es irgendwie fertig, ihn wieder loszulassen.
Ich schniefte und verstand, wieso. Yves roch heute deutlicher nach Frank als gestern. Ich warf einen Blick an ihm vorbei auf das ordentlich gemachte Bett. Nein, hier hatten sie nicht …
„Was … war das eben?“, fragte er mich und klang erschrocken.
„Tut mir leid, ich … Du riechst einfach zu gut.“ Manchmal war Ehrlichkeit der beste Weg, um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Ob das auch jetzt galt, würde ich schnell herausfinden.
„Ich …? Was?“
Ich seufzte und trat an das Fenster. Es war angekippt und ich sog die frische Luft tief in meine Lungen. „Jeder Mensch hat einen ganz eigenen Geruch … und deiner ist … umwerfend.“ Ich sah ihn nicht an, das war echt zu peinlich.
Wieder trat er dicht neben mich. „Wonach rieche ich?“
Ich lachte auf. „Nach Duschgel, nach dir selbst, nach Büchern und Pferd, nach Frank, na…“
„Nach Frank?!“ Oh, jetzt hatte ich ihn aus der Fassung gebracht! Ich blickte in seine Augen und nahm deren Farbe zum ersten Mal bewusst wahr. Sie waren hellgrün, fast milchig, wie Jade. Der ungläubige Ausdruck, den auch seine Worte hatten, lag darin.
Ich nickte. „Ja, nach Frank. Gestern in der Buchhandlung hast du auch nach zwei anderen Jungs gerochen. Bis grade eben dachte ich, das läge daran, dass ihr hier zusammenwohnt …“
„Aber?“ Sein Ton klang jetzt scharf und abweisend. Das passte zu seinem angespannten Gesichtsausdruck.
„Nichts aber, jeder, der schon mal Schüler in einem Jungeninternat war, weiß, dass nirgendwo auf der Welt mehr Ärsche gefickt werden als dort.“ Ich zuckte die Achseln und hoffte, dass meine Erklärung ihm ausreichte.
Verblüfft schloss er den Mund wieder, ohne etwas zu erwidern, dann sanken seine Schultern etwas herab.
„Seid ihr ein Paar?“, hörte ich mich fragen und wandte den Blick wieder aus dem Fenster, bemüht darum, die frische Luft von draußen einzuatmen und nur ja nicht mehr darüber nachzudenken, welche Macht sein Duft über mich haben würde, wenn ich auch nur eine halbe Sekunde lang meine Beherrschung aufgab.
„Was geht dich das an?“
„Nichts, ich habe nur aus Neugier gefragt. Du bist also nicht schwul und liest aus Spaß diese ganzen Gay-Bücher da hinten?“ Ich deutete fahrig auf ein Regal am Bett. Er zuckte zusammen, das sah ich aus dem Augenwinkel.
„Doch, bin ich. Ich lebe hier jedenfalls nicht im Schrank, wenn du das dachtest.“ Das klang angriffslustig. Ich sah ihn an.
„Kein Grund, sauer zu werden, Yves. Ich vermute, die Schulregeln verbieten Partnerschaften?“, schoss ich ins Blaue.
Er nickte. „Ja, weil’s ungerecht wäre, den Heteros gegenüber.“
Ich nickte. „Ja, nachvollziehbar. Und? Bist du mit Frank zusammen?“
Er fasste sich und ich verstand nicht, wieso. Jedenfalls grinste er jetzt echt dreckig und sagte: „Ich war es jedenfalls letzte Nacht.“
Er klang wie eine satte, zufriedene Katze, da lag so ein Schnurren in seiner Stimme. Es reizte mich zum Lachen. „Klingt cool.“
„Wieso konntest du das riechen?“
Merde , eine Frage, die ich ganz sicher nicht beantworten wollte. Vom Können mal ganz zu schweigen! „Ist halt so.“
„Hm“, machte er und ich sah aus dem Augenwinkel, dass er sich näher zu mir beugte und an mir schnupperte. Ich schloss die Augen und knurrte auf. Meine Hände zu Fäusten geballt zischte ich: „Lass das!“
Ich konnte nicht weg, links von mir war ein Regal, vorn das Fenster und schräg hinter mir stand Yves und streckte seinen Kopf zu mir.
Er war eine Handbreit kleiner als ich und sein Hals, die Stelle, die den intensivsten Geruch freigab, lag schutzlos vor mir und verströmte seinen Duft mit solcher
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