Duft der Unschuld - Tennington (German Edition)
mich. „So wie du aussiehst, bist du lange genug weggerannt. Komm rein, ich mache Frühstück, während du duschst.“
Ich blinzelte und glaubte, mich verhört zu haben. Bat er mich tatsächlich hinein und bot mir auch noch etwas zu essen an? Mein Magen antwortete so schmerzhaft laut, dass ich ihn nicht ignorieren konnte. Der Reflex, etwas essen zu müssen war stärker als der, sofort wieder zu flüchten. Und ich war mir sicher, dass allein mein Magen meine Füße zu der Holztür lenkte, in der Zachary wartete.
„Danke“, murmelte ich und folgte ihm in das Hausinnere. Vor mir lag eine gekachelte Waschküche, dadurch ging es weiter in einen kleinen, dunklen Flur und schließlich in eine Küche. Unschlüssig sah ich mich darin um und musterte meinen Gastgeber endlich.
Zachary war Mitte vierzig und trug hellblaue Jeans und ein längsgestreiftes Hemd in Grüntönen. Er hatte dunkelbraunes Haar und dunkelbraune Augen, die hinter einer Brille mit metallischer Halbfassung funkelten. Er trug einen Bart, sehr kurz gestutzt und nur um Mund und Kinn herum.
Die Küche war gemütlich und erstaunlich groß. An der einen Wand stand eine Eckbank mit Tisch und drei Stühlen, eine Wachstischdecke mit dunkelblauen Blumen auf weißem Grund erinnerte mich an das Kaffeeservice meiner Oma … ich schüttelte hastig den Kopf. Daran wollte ich nicht denken.
Ich schniefte und wartete darauf, dass Zachary etwas sagte. Der stand nun mit dem Rücken zu mir an der Küchenzeile und hantierte mit einem Wasserkessel.
Er beendete sein Treiben und drehte sich zu mir um. Sein Blick glitt über meine Gestalt und er seufzte vernehmlich. „Du solltest zuerst wirklich duschen …“
Oh ja, ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie schrecklich ich aussah. Ich nickte und folgte ihm wenig später ins Badezimmer. Er deutete auf einen Stapel Handtücher in einem kleinen Regal. „Hast du noch saubere Wäsche?“
Ich presste die Lippen aufeinander, dann schüttelte ich den Kopf.
„Okay, warte hier, ich hole dir was, dann kannst du duschen … Und deine Wäsche in die Maschine werfen.“
Ich blinzelte erneut. „Danke.“ Zugegeben, besonders geistreich war mein Anteil an der Konversation nicht. Aber ich konnte sowieso kaum klar denken. Mein Magen brachte mich schlicht um den Verstand.
Zachary kehrte mit einer Jeans, einem T-Shirt und Unterwäsche zurück, legte alles auf den Waschtisch und ging zur Tür. „Ich bin in der Küche.“
Ich schaffte es zu nicken, dann schloss er die Tür hinter sich und ich beeilte mich, den Rucksack und die Kleidung loszuwerden. Ich vermied es, daran zu riechen und kletterte in die Duschwanne, um zum ersten Mal seit zwei Wochen wieder frisches, heißes Wasser auf meiner Haut zu genießen.
Es tat gut, meine Haut prickelte und kribbelte, als ich sauber wieder herauskletterte, mir ein Handtuch umschlang und in meinem Rucksack nach meiner Zahnbürste, Rasierschaum und Rasierer kramte. Ich seufzte erleichtert und fühlte mich frisch und sauber. Nun konnte ich mich anziehen.
Zacharys Hose war etwas zu kurz für mich, das T-Shirt mit weitem Schnitt schlabberte dafür ein wenig um meine Brust. Egal, Hauptsache sauber!
Ich verstaute Zahnbürste und Rasierzeug wieder, holte einen Kamm heraus und brachte mein mittlerweile viel zu langes, schwarzes Haar in eine einigermaßen tageslichttaugliche Form. Ich blieb kurz vor dem Spiegel stehen und zog an einer Strähne. Die waren wirklich ganz schön gewachsen im vergangenen halben Jahr … So lange war ich bereits auf der Flucht.
Es war Mai und in zwei Wochen würde ich meinen siebzehnten Geburtstag feiern. Feiern, haha. Er würde einfach passieren, wie so viele andere Dinge in der Vergangenheit.
Mit einem Schnauben wandte ich mich ab und ging in die Waschküche hinüber. Immerhin wusste ich ja schon, wo sie sich befand.
Ich holte meine gesammelte Schmutzwäsche hervor und warf sie in die Trommel. Waschmittel stand auf einem Regal über der Maschine. Da ich ausnahmslos dunkle Kleidung bei mir hatte, musste ich mir keine Gedanken darüber machen, ob irgendwas abfärben würde. Ich stellte die Maschine an und meinen Rucksack daneben an die Wand.
Mein Magen brachte sich wieder sehr schmerzhaft in Erinnerung und ich kehrte zur Küche zurück, die ich erst nach einem Klopfen betrat.
„Komm rein und setz dich. Geht es dir besser?“
Zacharys forschender Blick hielt mich einen Augenblick lang gefangen und ich nickte. „Ja, viel besser. Danke.“ Ich überraschte nicht nur
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