Duft des Mörders
lächeln. „Das hört sich schon besser an.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie die Worte an, auf die er wartete: „Ich liebe dich auch.“
Pincho war kein geduldiger Mann. Und die wenige Geduld, die er besaß, war längst aufgebraucht. Zweimal hatte er die Wohnung der Frau durchsucht, jeden Schrank geöffnet, in allen Schubladen nachgesehen, sogar den Spülkasten der Toilette hatte er überprüft. Die Fotos, die er beschaffen sollte, waren einfach unauffindbar. Sie befanden sich weder in Jenna Meyersons Wohnung noch in ihrem Fotoatelier.
Er hätte diesen verdammten Auftrag nicht annehmen sollen. Er war ein Profikiller, seine Zeit als kleiner Einbrecher war längst vorbei. Allerdings war sein Auftraggeber von der ganz besonderen Sorte und zeigte sich mit jedem Preis einverstanden. Es lohnte sich, für solche Leute hin und wieder Ausnahmen zu machen.
Ein letztes Mal ließ er seinen Blick durch die Wohnung schweifen. Ein Satz großformatiger Fotos ließ sich nicht so leicht verstecken. War es möglich, dass Jenna Meyerson die Fotos überhaupt nicht hatte? War sein Auftraggeber falsch informiert?
Sein Mobiltelefon klingelte. Verdammt, was sollte das?
„Kravitz.“
„Verschwinden Sie.“
„Was?“
„Haben Sie nicht gehört? Verschwinden Sie – sofort! Sie kommt zurück!“
Pincho wirbelte herum. Er fühlte sich in der Falle. „Sie haben gesagt, es würde niemand herkommen!“
„Verdammt noch mal, verschwinden Sie auf der Stelle!“
Dann wurde die Leitung unterbrochen.
Weder das Telefonat mit Frank noch die einstündige nächtliche Autofahrt hatten Jennas Wut verrauchen lassen. Sie war wütend auf ihren Vater, dass er so unglaublich dumm gewesen war, aber auch auf die skrupellosen Menschen, die ihn in diese Falle gelockt hatten.
Bratstvo
. Welch grausame Ironie des Schicksals, dass dieselben Leute, die hinter Frank her waren und möglicherweise den Mord an Adam zu verantworten hatten, indirekt auch die Schuld am Tod ihrer Mutter trugen.
Der Wunsch, die Verantwortlichen ihrer gerechten Strafe zuzuführen, war größer als je zuvor. Gleich am Morgen würde sie nach A. Plushenko und V. Orloff suchen. Wie sie das anstellen sollte, wusste sie zwar nicht, doch darüber konnte sie sich später noch Gedanken machen. Im Augenblick war sie viel zu aufgewühlt, um klar denken zu können.
Sie betrat die Lobby des Regent, als sich die Aufzugtüren öffneten und ein in Schwarz gekleideter Mann aus der Liftkabine stürmte. Als er sie sah, stockte er, blieb einen Moment lang stehen und starrte sie an wie ein Reh, das vom Lichtkegel eines Scheinwerferpaars erfasst wurde.
Jenna besah sich das erschrockene Gesicht, die dunklen Haare, die langen Koteletten – die Augen, die ihr irgendwie vertraut vorkamen. Als er weiterging, nahm sie sein Rasierwasser wahr, das einen leichten Zitronenduft verbreitete. Doch da war noch ein anderer Geruch, der von dem Rasierwasser nicht völlig überdeckt wurde, aber zu schwach war, um ihn identifizieren zu können.
Sie betrat den Aufzug, in dem sich der Geruch des Mannes noch hielt, und fuhr nach oben.
Zu ihrem Erstaunen wartete Magdi auf sie, als sich die Aufzugtüren wieder öffneten. „Magdi? Wieso sind Sie um diese Zeit noch auf?“
„Elvis war hier.“ Magdi sprach mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Angst. „Elvis lebt!“
39. KAPITEL
J enna unterdrückte einen ungeduldigen Seufzer. Unter anderen Umständen wäre sie auf ihre Nachbarin eingegangen, doch jetzt war sie nicht in der Stimmung. „Es ist schon spät, Magdi, und ich bin sehr müde.“
„Ich weiß, Sie glauben mir nicht, aber es ist wahr!“ Magdi sprach mit einem Mal sehr eindringlich. „Elvis war hier, ich habe ihn gesehen.“ Sie sah sich um, als würde der ‚King‘ jeden Moment aus dem Schatten hervortreten. „Er war in Ihrer Wohnung.“
Jenna stutzte. „Was haben Sie gesagt?“
„Elvis war in Ihrer Wohnung!“
„Woher wissen Sie das?“
„Ich habe es gesehen. Durch den Spion.“
Der Mann, der ihr im Foyer begegnet war, hatte eine flüchtige Ähnlichkeit mit Elvis gehabt. Aber warum sollte er in ihrer Wohnung gewesen sein? Es gab keinen Grund, bei ihr einzubrechen. Sie besaß keine Wertgegenstände, sie hatte kein Bargeld im Haus, und ihre Fotoausrüstung befand sich stets im Atelier, ausgenommen an jedem Tag, an dem sie im Dachgarten die Fotoserie für
Today’s Cuisine
geschossen hatte.
Die Fotos! Natürlich! Warum hatte sie an die nicht gleich gedacht? Hektisch suchte sie am
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