Duft des Mörders
gehen, hat sie mich getreten.“
„Er hat mich in den Hintern gekniffen“, behauptete die Frau und hob zornig das Kinn, als wollte sie Stavos untersagen, ihr zu widersprechen. „Behandelt man so etwa eine Dame?“
Der Officer lief rot an. „Detective, ich schwöre Ihnen, ich …“
Stavos hob die Hand. „Was machen Sie hier, Estelle?“
Frank begriff sofort. Estelle war Stavos’ Augenzeugin, und sie war die Frau, mit der Jenna im Central Park gesprochen hatte.
„Ich will meinen Freund Roy besuchen“, antwortete sie. „Letztes Mal haben Sie gesagt, ich darf das.“
„Ja, ich weiß. Aber die Umstände haben sich geändert. Roy darf nur noch von seinem Anwalt und von Familienangehörigen besucht werden.“
„Er hat keine Familie. Ich bin alles, was er hat.“
Stavos hörte ihr längst nicht mehr zu. Irritiert betrachtete er die Jacke mit dem kleinen Anstecker am Revers. Der Anstecker stellte die amerikanische Flagge dar. „Wo haben Sie die Jacke her?“
Estelle verschränkte mürrisch die Arme vor der Brust. „Ich hab sie nicht gestohlen, wenn Sie das meinen.“
„Woher haben Sie sie?“
„Ich habe sie von einer Freundin.“
Stavos war am Ende seiner Geduld. „Heißt diese Freundin zufällig – Jenna Meyerson?“ Er spie den Namen förmlich aus.
Frank, der genau wusste, dass es tatsächlich Jennas Jacke war, fragte mit gespielter Überraschung: „Wie kommen Sie denn auf
diese
Idee?“
„Weil Jenna gestern genau diese Jacke trug.“
„Wie können Sie mit Sicherheit sagen, dass es dieselbe Jacke ist?“
„Es
ist
dieselbe Jacke. Jenna hatte diesen Anstecker am Revers. Estelle, hat Jenna Ihnen die Jacke gegeben?“
„Und wenn sie’s gemacht hätte?“
Stavos wandte sich ab, den Mund zu einem schmalen Strich zusammengekniffen. Mühsam versuchte er seine Wut im Zaum zu halten. „Ich glaub es nicht!“ zischte er. Dann drehte er sich wieder zu Estelle um. „Was hat sie von Ihnen gewollt?“
Estelle aber hatte zu dem Thema nichts mehr zu sagen. Trotzig sah sie ihn an, schwieg verbissen und hielt weiterhin die Arme vor der Brust verschränkt. Frank bezweifelte, dass Stavos noch einen Ton aus ihr herausholen würde.
Der Detective kam offenbar zum selben Schluss. Er stöhnte verärgert und sagte zu dem Officer: „Bringen Sie sie raus! Und sorgen Sie dafür, dass sie nicht prompt wieder zurückkommt!“ Er begab sich zurück an seinen Schreibtisch. „Da sehen Sie, womit ich hier zu kämpfen habe“, sagte er zu Frank. „Jenna wirkt auf eine Zeugin ein und besticht sie mit Kleidung und wer weiß mit was noch!“
„Ich bin sicher, sie wollte sie nicht bestechen.“
Stavos wurde hellhörig. „Schnüffeln Sie gemeinsam in diesem Fall herum? Habe ich es mit einer neuen Ausgabe von Miss Marple und Mr. Stringer zu tun?“ Er kniff misstrauisch die Augen zusammen. „Oder haben Sie beide ein Verhältnis? Verteidigen Sie sie deshalb?“
„Natürlich nicht.“
Aber Stavos war nicht dumm. „Sagen Sie ihr, sie soll sich nicht in meine Arbeit mischen“, warnte er und hob drohend den Zeigefinger. „Sonst kann sie sich die Zelle mit ihrem guten Freund Roy Ballard teilen.“ Er setzte sich hin. „Zurück zu unserem Gespräch von vorhin: Was wissen Sie, was ich nicht weiß?“
„Lassen Sie mich die Akte einsehen?“
„Wenn Sie mir sagen, was Sie wissen.“
Frank erzählte ihm von Adams Verdacht, Amber könnte eine Affäre gehabt haben, und von ihrem heimlichen Treffen mit Billy Ray Shaeffer sowie von ihrem Besuch in seinem Büro.
Franks Informationsfreudigkeit schien den Detective ein wenig zu beschwichtigen. Er nahm einen Bleistift und spielte damit herum, dann sagte er: „Das heißt aber noch lange nicht, dass sie ihren Mann umgebracht hat.“
„Das nicht. Doch es verleiht dem Ganzen eine neue Facette, oder finden Sie nicht? Es wäre sicher gut, Angie Delanos Verdacht nachzugehen. Und es würde wohl auch nicht schaden, Ambers Kontoauszüge zu überprüfen, um zu sehen, welche Summen sie in den letzten Wochen abgehoben hat.“
Der Detective saß da und schwieg, um zu verarbeiten, was er da gerade erfahren hatte. Schließlich stand er auf, zog eine Akte aus dem Stapel auf seinem Tisch und legte sie obenauf. „Ich mache jetzt zehn Minuten Pause. Wenn ich wiederkomme, sind Sie weg.“
Frank hatte verstanden. An der Tür angekommen, drehte sich Paul um und brummte: „Und Finger weg von den Doughnuts.“
Frank sah sich beiläufig um, ob keiner der anderen Detectives ihn
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