Duft des Mörders
gelungen, ein Taxi zu ergattern, woraufhin sie die achtzehn Blocks bis zum Herald Square gelaufen war und ein paar Minuten zu spät kam.
„Kann ich Ihnen behilflich sein, Miss?“
Jenna lächelte die freundliche Bedienung an. „Ich bin mit einer Bekannten verabredet“, antwortete sie und ließ ihren Blick durch das Lokal schweifen. Die Tische standen dicht an dicht, und sie waren alle besetzt, doch Claire war nirgends zu sehen. „Ich fürchte nur, sie ist noch nicht hier.“
„Ich habe im hinteren Teil noch einen Tisch für zwei Personen.“ Die Bedienung deutete auf einen Bereich nahe der Theke.
„Ja, das ist gut, vielen Dank.“
Jenna bestellte ein Sodawasser und setzte sich so, dass sie den Eingang im Blick hatte. Immer mehr Angestellte aus den umliegenden Büros und Geschäften drängten in das Lokal, manche machten sofort wieder kehrt, als sie sahen, dass alle Tische besetzt waren, andere waren geduldig genug, darauf zu warten, dass einer frei wurde. Um kurz nach eins bestellte Jenna einen Salatteller. Sie fragte sich, ob Claire es sich vielleicht anders überlegt hatte. Einen Grund dafür konnte sich Jenna allerdings nicht denken, und am Telefon hatte Claire viel zu aufgeregt geklungen, um dann nicht am vereinbarten Treffpunkt zu erscheinen.
Der Salat wurde ihr serviert, und Jenna begann zu essen. Sie wurde von Minute zu Minute unruhiger. Ein Blick auf ihr Handy bewies, dass kein Anruf eingegangen war, den sie möglicherweise überhört hatte. Als es fast halb zwei war, beschloss sie, bei Global Access anzurufen.
„Global Access“, meldete sich eine Frau in der Zentrale. „Mein Name ist Ginny, was kann ich für Sie tun?“
Jenna hielt es für das Beste, sich nicht mit Namen zu melden. „Hallo, ich bin mit Claire Peabody verabredet, aber bislang ist sie nicht …“
„Oh, Sie wissen es noch nicht“, unterbrach sie die Frau mit ernstem Tonfall. „Miss Peabody ist aus dem siebten Stock ins Foyer gestürzt. Sie … sie ist tot.“
„Was?“
Einige Gäste drehten sich nach ihr um, weil Jenna das Wort geschrien hatte. Sie bemerkte die verärgerten Blicke nicht mal.
„Es geschah vor einer halben Stunde“, fuhr die Frau in der Zentrale fort. „Claire hatte eben erst ihr Büro verlassen. Was genau geschehen ist, wissen wir nicht, aber es …“ Sie stockte, dann war ihrer Stimme anzuhören, dass sie weinte. „Es ist so schrecklich.“
Jenna fehlten die Worte; die Nachricht war ein zu großer Schock für sie. Sie bedankte sich für die Auskunft und legte auf. Einige Augenblicke lang saß sie wie benommen da, dann wurde ihr bewusst, dass einige Gäste sie immer noch musterten. Sie legte ein paar Geldscheine auf den Tisch und stürmte nach draußen.
Das Foyer von Global Access war weiträumig abgesperrt, lediglich der Empfangsbereich war noch zugänglich. Der Pförtner, der seit zwanzig Jahren für das Unternehmen arbeitete und immer die Tagschicht hatte, saß mit versteinerter Miene an seinem Platz. Als Jenna noch mit Adam zusammen gewesen war, hatte sie sich oft mit dem freundlichen und stets hilfsbereiten Mann unterhalten.
Als sie sich ihm näherte, warf sie einen Blick in Richtung des Foyers. Der runde Lichthof war von emporenartigen Gängen umgeben, die bis hinauf in den siebten Stock reichten, wo die Rechtsabteilung alle zehn Büroräume beanspruchte. Strahlender Sonnenschein fiel durch die Glaskuppel auf dem Dach und tauchte die große Blutlache auf dem Marmorboden des Foyers in ein bizarres goldfarbenes Licht.
„Hallo, George“, sagte Jenna, nachdem sie sich die Kehle freigeräuspert hatte. „Ich habe gerade von dem Vorfall mit Claire Peabody erfahren.“
Der Wachmann schüttelte traurig den Kopf. „Schreckliche Sache, Miss Meyerson, ganz schreckliche Sache.“
„Wie ist es passiert?“
„Ich weiß nicht. Mr. Black hat Claire als Letzter lebend gesehen. Er hat der Polizei erzählt, sie habe für ihn noch wichtige Briefe getippt und dafür ihre Mittagspause verschoben. Ich saß hier an meinem Desk, als ich auf einmal diesen entsetzlichen Schrei hörte. Als ich aufsprang, schlug Claire gerade auf den Fußboden.“
Jenna wollte etwas sagen, doch in ihrem Gehirn wollte sich kein vernünftiger Satz bilden.
„Einige meinen, es sei Selbstmord gewesen“, erklärte George mit gesenkter Stimme.
Sie sah ihn schockiert an. „Wer sagt denn so was?“
Er zuckte mit den Schultern. „Einige der Sekretärinnen aus dem Schreibpool. Sie glauben, der Tod von Mr. Lear habe sie aus der
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