Duft des Mörders
und könnte seine Dateien durchforsten.“
Der Gedanke, dass sich die eher spröde Miss Peabody als Spionin betätigte, erschien Jenna nahezu lächerlich. Ganz abgesehen davon, dass es gefährlich sein konnte. „Das kommt nicht in Frage, Claire. Es ist viel zu riskant.“
„Was soll daran riskant sein? Ich bin gebeten worden, für Mr. Black Dateien zu kopieren, und genau das werde ich auch tun. Mir kann nichts passieren.“
„Sie könnten Ihren Job verlieren.“
„Niemand wird davon erfahren.“
Nichts war Jenna wichtiger als zu erfahren, inwieweit es einen Zusammenhang zwischen Faxel und dem Mord an Adam gab. Nur sollte das nicht auf Claires Kosten geschehen. „Tut mir Leid, das kann ich nicht zulassen.“
„Ich
will
es machen. Hören Sie: Adam war nicht nur der beste Chef, den man sich wünschen kann, er war auch ein Freund. Er half meinem Sohn wieder auf die Beine, als er im letzten Jahr seine Arbeit verlor. Und als sich Jacob bei der Air Force Academy bewarb und ein Empfehlungsschreiben benötigte, da rief Adam einen Senator an, den er kannte. So etwas vergisst man nicht, aber man kann sich für so etwas nie wirklich revanchieren. Nun – vielleicht geht es auf diese Weise.“
Jenna stand schweigend da und dachte darüber nach, wie viel Gutes Adam über die Jahre hinweg getan hatte. Es war ein Zug, den sie an ihm immer bewundert hatte – und einer der Gründe für ihre Heirat mit ihm.
„Mir wird schon nichts passieren“, beteuerte Claire. „Ich rufe Sie an, sobald ich etwas herausgefunden habe. Vielleicht können wir uns zum Mittagessen treffen?“
Als sie den entschlossenen Ausdruck in Claires Augen sah, wusste Jenna, dass sie die ältere Frau ohnehin nicht mehr umstimmen konnte. Claire würde es tun, ob Jenna nun damit einverstanden war oder nicht. „Also gut“, sagte sie widerwillig. „Dann treffen wir uns im High Noon Café am Herald Square. Das ist nur ein paar Blocks von Global Access entfernt. Halb eins?“
„Gut, wir treffen uns dort. Sollte ich nichts finden, rufe ich Sie an. Haben Sie ein Handy?“
Jenna schrieb ihr die Nummer auf. „Aber gehen Sie bitte kein Risiko ein“, ermahnte sie Claire, als sie ihr den Zettel gab. „Wenn jemand mit Ihnen im Büro ist, tun Sie bitte genau das, was Mr. Black Ihnen aufgetragen hat.“
„Versprochen.“
Jenna nahm die Diskette aus dem Laptop. „Ich müsste mir die für eine Weile borgen. Geht das?“
„Oh, nehmen Sie sie ruhig mit.“ Claire machte einen erleichterten Eindruck. „Ich bin froh, wenn ich das Ding nicht mehr in meinem Haus habe.“
Sobald Jenna nach Hause zurückgekehrt war, schaltete sie ihren eigenen Laptop an und legte die Diskette ein, um sich die Datei noch einmal in Ruhe anzusehen.
Nirgends tauchte der Name Faxel auf, kein Hinweis darauf, dass Bratstvo mit dieser Firma irgendwelche illegalen Geschäfte betrieb. Aber was, wenn es sich bei Faxel um eines der Unternehmen handelte, die von
Bratstvo
infiltriert worden waren? Über Faxel konnten Unmengen Geld in alle möglichen dunklen Kanäle geschleust werden, ohne dass es jemandem auffiel.
Jenna spielte mit dem Gedanken, Marcie von dieser Entdeckung zu erzählen, entschied sich aber dagegen. Erst wollte sie abwarten, ob Claire noch mehr in Erfahrung bringen konnte. Erst wenn sie stichhaltige Beweise gegen Faxel in der Hand hatte, wollte sie die Behörden einschalten.
Die Kuckucksuhr machte Jenna darauf aufmerksam, dass es bereits Mitternacht war. Sie hatte früh am Morgen einen Fototermin und brauchte dringend ein paar Stunden Schlaf.
Obwohl sie völlig erschöpft war, schaffte sie es noch, sich die Zähne zu putzen und sich abzuschminken, ehe sie in ihr Himmelbett mit der federleichten Decke und den weichen Kissen sank.
Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen galt Frank und dem Kuss, den er ihr zum Abschied gegeben hatte. Es war mehr wie ein Kuss unter Geschwistern gewesen, der weit entfernt war von dem Kuss damals, der ihr die Luft und die Sinne geraubt hatte. War sie enttäuscht, dass er sich heute Abend so zurückgehalten hatte? Hatte sie mehr erwartet? Mehr
gewollt
?
Zum Glück schlief sie ein, ehe sie eine Antwort auf ihre Fragen finden konnte.
18. KAPITEL
D as Tätowierstudio an der West 47th Street hieß Skin Deep. Seit über zwanzig Jahren existierte es. Eigentümer war Carlos Diaz, und er war der festen Überzeugung, dass sich ein Individuum von der Masse abheben müsse und nichts dafür besser geeignet sei als eine der einzigartigen
Weitere Kostenlose Bücher