Duft des Mörders
„Ach, ja? Hast du mir nicht eben noch erzählt, dass ihr beide gemeinsam Gulasch gegessen habt?“
„Hühnchen
paprikás
, um genau zu sein. Und gemeinsam zu Abend zu essen, bedeutet wohl nicht, dass man auf eine Romanze zusteuert.“
„Der Mann hat sich an deine Vorliebe für Süßes erinnert und dir deine heiß geliebten Apfelberliner mitgebracht. Viel romantischer kann es wohl kaum werden.“
„Da müsste ich dir wohl zustimmen,
wenn
ich nach einem Mann Ausschau halten
würde
. Aber das tue ich nicht, und damit ist das Thema abgehakt.“
Der letzte Satz sollte etwas Endgültiges haben, und sie hoffte, dass Beckie den Wink mit dem Zaunpfahl verstand. Jenna hatte sich noch nie gern über Männer unterhalten, nicht mal mit ihrer besten Freundin. Vielleicht lag es daran, dass sie in dieser Hinsicht immer auf der Verliererstrecke gewesen war. Doch Beckie wollte so schnell nicht aufgeben.
„Ach, hör doch auf. Ein so fantastischer Kerl. Willst du mir etwa weismachen, du hast keine Gänsehaut gekriegt, als er bei dir vor der Tür stand?“
„Nicht mal einen Hauch davon“, log Jenna.
Ihr Handy klingelte und bewahrte sie vor weiteren Fragen. Auf dem Display erschien Adams Dienstnummer. Sie hoffte, dass Claire gute Neuigkeiten für sie hatte. „Ja, Claire?“ fragte sie.
„Jenna, ich hab sie gefunden!“ Die Sekretärin war so aufgeregt, dass Jenna sie kaum verstehen konnte.
„Sie haben die Faxel-Akte?“
„Ja! Sie lag in Adams Safe. Er hat mir vor Jahren die Kombination gegeben, aber weil ich sie nie brauchte, hatte ich längst vergessen, dass es diesen Safe überhaupt gibt.“
„Sie sind fantastisch, Claire.“
„Danke.“ Jenna hörte, wie Papier raschelte. „Ich werde mich allerdings ein wenig verspäten, weil ich für Mr. Black noch einige Briefe tippen muss. Können wir das Treffen um eine Viertelstunde verschieben?“
„Kein Problem. Dann bis heute Mittag.“
Jenna sah auf die Uhr und bemerkte, dass auch sie viel zu spät zu dem Treffen gekommen wäre. Wenn sie den neuen Termin halbwegs halten wollte, musste sie sofort aufbrechen. Sie zog sich den schwarzen Umhang von den Schultern. „Das war Claire“, sagte sie aufgeregt. „Ich muss los!“
„Jetzt?“
„Wenn ich mich nicht sofort aufmache, komme ich zu spät.“
„Wir sind aber noch nicht fertig!“
Jenna fuhr sich mit den Händen durch das noch feuchte Haar. „Doch, sind wir. Siehst du?“
Jenna nahm ihre Handtasche, küsste ihre Freundin auf die Wange und eilte zur Tür. „Keine Angst, ich werde schon niemandem sagen, wo ich meine Haare habe schneiden lassen.“
Pincho servierte der hübschen Blondine ihren Mokka und lächelte sie betörend an. Aus früheren Unterhaltungen mit ihr wusste er, dass sie als Assistentin der Bezirksstaatsanwältin arbeitete, allein stehend war und ganz in der Nähe des Insomnia wohnte. Sie kam jeden Morgen her und nahm sich stets ein paar Minuten, um mit ihm zu flirten.
Der Draufgänger in ihm wollte sich an diese Frau heranmachen. Mit ihrem lässigen Auftreten und dem eine Spur zu blonden Haar war sie genau sein Typ.
Aber sie war die Assistentin der Staatsanwältin. Was, wenn sie mehr über ihn erfahren wollte? Was, wenn sie neugierig wurde und anfing, in seinem Leben herumzuschnüffeln? Herumschnüffeln war schließlich das, was Leute in ihrem Job am besten konnten.
Das Telefon, auf dem nur Anrufe für Kravitz eingingen, klingelte und hielt ihn davon ab, weiter über die Blondine nachzudenken. Er ließ Ricardo übernehmen und ging nach hinten. „Kravitz.“
„Es gibt einen Notfall“, sagte die Stimme.
„Ich übernehme keine Notfälle.“
„Diesen schon. Er ist gleich bei Ihnen um die Ecke.“
„Wie viel Vorbereitungszeit bleibt mir?“
„Weniger als eine Stunde. Wir treffen uns vor Ihrem Lokal und gehen die Einzelheiten durch. Ich warte gegenüber.“
Obwohl so viel Rummel um ihn gemacht wurde, war der Herald Square im Grunde nichts weiter als der Punkt, an dem die Sixth Avenue, der Broadway und die 34th Street zusammentrafen. Vor gut hundert Jahren gelangte der kleine, dreieckige Platz zum ersten Mal zu Ruhm, als dort Macy’s eröffnet wurde, das seinerzeit ‚größte Kaufhaus der Welt‘. Etliche Jahrzehnte später rückte der Herald Square durch den Weihnachtsfilm
Das Wunder von Manhattan
erneut ins Bewusstsein der Öffentlichkeit.
Das High Noon Café lag direkt gegenüber von Macy’s, nur zwei Blocks nördlich der Büros von Global Access. Es war Jenna nicht
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