Duft des Mörders
körperliches Verlangen nicht genügte. Er wollte mehr als bloße Lust, Leidenschaft und das Versprechen auf eine heiße Nacht. Er wollte, dass sie ihn so liebte, wie er sie liebte. Wie er sie schon immer geliebt hatte.
Vinnie war in der Küche und las die Abendzeitung. Als Frank eintrat, sah sein Onkel von seiner Zeitung auf und hob die Augenbrauen. „Was ist denn jetzt passiert?“
Frank überlegte, ob er sich ein Bier aus dem Kühlschrank nehmen sollte, entschied sich aber dagegen. So, wie er sich im Moment fühlte, würde ihm das Bier sicher nur bitter aufstoßen. „Was meinst du, Vinnie?“
„Du siehst völlig niedergeschlagen aus. Wieder Probleme mit den Damen?“
„Nichts, wobei du mir helfen könntest.“
„Na, ich weiß nicht.“ Vinnie faltete die Zeitung zusammen. „Versuch es doch wenigstens mal. Sag deinem Onkel, wo der Schuh drückt.“
Frank setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. „
Bratstvo
könnte hinter dem Mord an Adam Lear stecken.“
Die Gelassenheit war aus Vinnies Miene wie weggewischt. „Machst du Witze?“
„Ich wünschte, es wäre so. Ich habe es eben erst erfahren. Besser gesagt: Jenna hat es herausgefunden und es mir gesagt. Und jetzt, da ich es weiß, will ich sie aus der Sache raushaben.“
„Das kann ich verstehen. Diese Kerle sind gefährlich.“
„Tja, nur versuch mal, ihr das zu erklären. Ich bin um sie besorgt, Vinnie. Ich habe ihr gesagt, dass ich zu ihrer Sicherheit nicht weiter mit ihr zusammenarbeiten werde. Nur fürchte ich, dass sie nicht lockerlassen wird.“
„Dann solltest du deine Einstellung noch mal überdenken.“
„Ihr wird etwas zustoßen. Sobald
Bratstvo
merkt, dass sie herumschnüffelt, werden sie Jenna ins Fadenkreuz nehmen.“
„Aber wenn du in ihrer Nähe bleibst, dann kannst du kontrollieren, was sie tut und wohin sie geht. Komm schon, Frank, du bist doch kein Dummkopf. Du musst nur die Leine etwas locker halten, dann ist sie zufrieden, und du kannst darauf achten, dass ihr nichts zustößt. Das kann doch nicht so schwer sein, oder?“
Eine Zeit lang schwieg Frank. Vinnies Vorschlag hatte etwas für sich. Wenn er Jenna im Auge behielt, dann konnte er sie beschützen. Er würde ihr ein paar Verhaltensregeln aufzwingen, auch wenn es keine Garantie gab, dass sie sich daran hielt. Doch es war einen Versuch wert.
„Ich glaube, ich kann jetzt doch ein Bier vertragen“, sagte er.
Vinnie schlug wieder seine Zeitung auf. „Dann gib mir auch eins.“
Sam Meyerson stand vor dem Kühlschrank und überlegte, was er zu Abend essen sollte, die restliche Pizza oder eine Dose Champignonsuppe von Campbell’s. Beides sagte ihm nicht besonders zu, doch er war hungrig und musste etwas essen. Die Entscheidung fiel zuungunsten der Pizza aus, weil er seinen nervösen Magen ein wenig schonen wollte.
Seit Adams Tod und dem unerschrockenen Bemühen seiner Tochter, bei der Suche nach dem Mörder zu helfen, schluckte Sam eine Magentablette nach der anderen, ohne sich besser zu fühlen. Vielleicht wäre eine Portion Cornflakes doch besser, um seinen Magen zu schonen.
Ein tiefer Seufzer kam ihm über die Lippen, als er die Milchpackung aus dem Kühlschrank nahm. Würde er sich jemals daran gewöhnen, allein essen zu müssen? Als er und Elaine noch verheiratet waren, machte ihm das Essen Spaß. Elaine war eine wunderbare Köchin, die ihn oft mit etwas Neuem und Ausgefallenem überraschte. Aber es waren nicht die Mahlzeiten, die dafür sorgten, dass er sich stets auf den Feierabend freute. Es war die Zeit, die sie zu zweit verbrachten, die Abende, an denen sie stundenlang über ihren Tag redeten, Wochenendausflüge planten, sich Gedanken machten über Geburtstagsfeiern und die Ferien.
Es war eine gute Ehe. Und dann …
Mühsam verdrängte er diese Gedanken und schaltete den Fernseher ein, der auf dem Tresen stand und ihm als Einziger beim Essen Gesellschaft leistete. Er entschied sich für Channel 4. Er wollte Nachrichten sehen. Gerade hatte er seine Schale mit Cornflakes auf den Tisch gestellt, als eine Sondermeldung gesendet wurde.
Sam griff nach der Fernbedienung, um den Ton lauter zu stellen.
„… stürzte heute Mittag aus dem siebten Stock zu Tode. Das Opfer war die neunundfünfzigjährige Claire Peabody, die seit zehn Jahren als Anwaltssekretärin bei Global Access arbeitete.“
Sam legte den Löffel aus der Hand.
„Miss Peabody war auf der Stelle tot. Es ist bereits die zweite Tragödie innerhalb weniger Tage, von der das
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