Duft des Mörders
auf ihre Lippen und gab ihr einen Kuss. Es war ein Kuss voller Leidenschaft, der sie ihre Wut vergessen ließ. Sie reagierte ohne zu überlegen, schlang ihre Arme um seinen Nacken und drückte sich an ihn.
So abrupt, wie er sie gepackt hatte, ließ er sie wieder los. „Meinst du jetzt auch noch, ich sei über dich hinweg, Jenna?“
Er nahm sein Jackett, warf es sich über die Schulter und ließ sie in der Küche stehen, während er die Wohnung verließ. Sie stand da und kam sich vor wie ein Idiot.
Vom Küchenfenster aus konnte Jenna sehen, wie Frank mit zügigen Schritten in Richtung 64th Street ging, wo sein Wagen stand. Sie berührte die Lippen, die noch immer von seinem Kuss glühten. Was war geschehen? Von einer harmlosen Flirterei abgesehen, hatte er mit keiner Geste erkennen lassen, dass er mehr als nur freundschaftliche Gefühle für sie empfand. Doch das war nicht bloß ein freundschaftlicher Kuss gewesen. Nur – was hatte er ihr damit sagen wollen?
Sie musste daran denken, dass er sie schon einmal so leidenschaftlich geküsst hatte. Es war an dem Tag, an dem sie und Adam ihre Verlobung bekannt gaben. Frank fuhr später am Abend bei ihr vorbei, um ihr von seinem Umzug nach Virginia zu erzählen und um ihr alles Gute zu wünschen.
Sie standen an der Tür, da packte er sie auf einmal. Er küsste sie mit der gleichen Leidenschaft wie gerade eben, ehe er dann für eine lange, lange Zeit fortging.
War die Situation jetzt eine ähnliche? Musste sie fürchten, ihn abermals zu verlieren?
Bevor sie sich mit ihren Überlegungen verrückt machen konnte, klingelte das Telefon. Sie lief zum Apparat und wünschte, dass es Frank war, der anrief.
„Miss Meyerson, hier ist Detective Stavos.“
Jenna hoffte, dass er ihren enttäuschten Seufzer nicht hörte.
„Ich soll Sie anrufen und Ihnen sagen, wie es im Fall Peabody aussieht.“
„Haben Sie die Faxel-Akte gefunden?“
„In Miss Peabodys Aktentasche fanden sich ein paar Memos, ein Terminplaner und der übliche Kleinkram, weiter nichts. Das Gleiche gilt für die Handtasche.“
Jenna war enttäuscht, aber nicht überrascht. Sie hatte Marcie ja vorhergesagt, dass Stavos nichts finden würde. „Das ist der Beweis!“ sagte sie.
„Der Beweis wofür?“
„Dafür, dass Claire ermordet wurde“, antwortete sie und hatte Mühe, ihre Erregung im Zaum zu halten. „Es ging um das, was sie entdeckt hat.“
„Miss Meyerson …“
„Es
gab
eine Akte“, beharrte sie, auch wenn sie wusste, dass sie sich anhörte wie eine Schallplatte, die einen Sprung hatte. „Claire rief mich gegen Mittag von Adams Büro aus an und teilte mir mit, dass sie eine Akte gefunden hatte. Die wollte sie zu unserem Treffen mitbringen. Keine vierzig Minuten später war sie tot, und jetzt ist die Akte verschwunden. Haben Sie dafür eine Erklärung, Detective?“
„Nein, dafür habe ich keine Erklärung – noch nicht.“
„Noch nicht?“ Sie machte eine Pause. „Heißt das, Sie betrachten Adams Fall nicht länger als abgeschlossen?“
„Wenn es nach mir ginge, wäre er das. Aber angesichts dessen, was heute passiert ist, ist die Staatsanwältin der Ansicht, dass wir Ihren Vermutungen auf den Grund gehen sollten. Mit anderen Worten: Nein, der Fall Adam Lear ist noch nicht abgeschlossen!“
Jenna lächelte und bedankte sich in Gedanken bei Marcie. „Danke für Ihren Anruf, Detective Stavos“, sagte sie zu ihm, weiter nichts.
22. KAPITEL
W ährend Franks einstündiger Autofahrt vom Columbus Circle bis nach Staten Island wollte ihm Jenna einfach nicht aus dem Kopf. Dadurch, dass sie seinen Kuss erwidert hatte, war es ihm noch schwerer gefallen, einfach zu gehen. Warum war er überhaupt gegangen? Warum hatte er die Gunst der Stunde nicht ausgenutzt? Ja, wie gern hätte er es getan.
Doch Jenna war verwirrt gewesen, und er hatte sie nicht überrumpeln wollen. Das war nicht seine Art und würde es niemals sein. Er wollte Jenna, aber er wollte sie zu seinen Bedingungen, was bedeutete, dass sie sich genauso nach ihm verzehren musste wie er sich nach ihr. Aus diesem Grund hatte er es vor fünfzehn Jahren auch aufgegeben, sich um sie zu bemühen. Das Spiel, was sie zu dritt gespielt hatten, hatte ihr gefallen, aber Franks tiefe Gefühle, die er für sie empfand, hatte sie nicht erkannt.
Möglich, dass auch sie ihn wollte. Wie sie ihn festgehalten und sich an ihn gedrückt hatte – das waren Zeichen, die nicht zu ignorieren waren. Das Problem war allerdings, dass ihm ein rein
Weitere Kostenlose Bücher