Duftspur
Kurt zum Wort Polizei ein. Das stimmt mich positiv. In mir keimt die Hoffnung, dass Kurt mir helfen wird.
»Sag mal, der Alfons, ist das so ein dunkler Typ?«, fragt er und ich gebe ihm eine Beschreibung.
»Weißt du was, den hab ich gesehen, am Sonntag, als du hier ankamst, da lungerte einer auf der Bastion herum. Idefix hat ihn zuerst gesehen. Der Mann stand hinterm Baum. Ich glaub, der wollte nicht gesehen werden.« Ich bedanke mich bei Kurt, bitte ihn um absolute Verschwiegenheit und um Obacht.
»Schon gut«, wiegelt er ab. Lass ihn nicht zum Nachdenken kommen, dann überlegt er es sich noch anders, rät Kalle, der sich mit Überredungstechniken auszukennen scheint.
»Weißt du, wo ich mal ins Internet gehen könnte?«, frage ich ihn schnell, bevor ich meinen Dienst bei Udo antrete und Kurt anfangen könnte, sich mit seiner Entscheidung, mich zu unterstützen, unbehaglich zu fühlen. Er sagt mir, dass er einen alten Computer hat, mit dem sollte das wohl klappen, probiert habe er das aber noch nie. Wir verabreden uns zur Mittagspause auf seinem Zimmer im Tropfsteinhöhlenflur.
41
Udo lässt mich den ganzen Morgen im Wald übel schuften. Früher hatten die Menschen Gäule fürs Stämmerücken, heute bedient man sich billiger Arbeitskräfte. Immerhin kann ich auf die Art keinen Gedanken an meine eigentliche Misere verschwenden. Die wird mir erst wieder in dem Moment bewusst, als ich austrete. Luca muss bestimmt auch mal pinkeln. Zur Not hat sie den Eimer. Außerdem fällt mir ein, dass ich mein Wäschebündel in eine Ecke des Duschraums geschleudert habe. Oh, Mann! Hoffentlich sind meine Klamotten noch da. Als ich zu den Nasszellen des Seenflurs komme, höre ich gerade eine ältere Putzkraft zur anderen sagen: »So eine Sauerei. Guck dir das mal an. Da hat doch einer tatsächlich seine Dreckwäsche hingeknallt!« Angewidert stochert die Frau mit dem ausgestreckten Schrubberstiel in meinen Textilien.
»Wo?«, frage ich bestürzt, als ich die Sprecherin erreiche. Die Reinemacherin hat sich meine jetzt quatschnasse Hose geangelt und hält sie strafenden Blickes in die Höhe. Platsch, nun liegt sie in einer leicht schaumigen Pfütze neben dem Siffon.
»Na so was«, wundre ich mich, während ich mich entschlossen und hektisch ans Aufsammeln mache, »da muss mir jemand einen üblen Streich gespielt haben!«, presse ich wütend heraus, während ich gebückt um die krampfadrigen Beine der brüskierten Person herum meine Sachen aufpicke. Heiner, dass du das nötig hast, jetzt zu lügen, kommt die mahnende Stimme meiner Grundschullehrerin in mir hoch, als ich mein Mäppchen schlicht vergessen hatte, aber ihr erzählen wollte, dass ich überfallen worden sei. Es muss der demonstrative missbilligende Ton aus weiblichen Mündern sein, der mich dazu veranlasst.
»Das ist wirklich unglaublich«, setzte ich noch einen drauf, während ich das nasse Zeug etwas von mir weg halte und sich meine Augen kaum von dem dunklen Mal am Kinn der Putzfrau trennen kann. Da sprießen sogar Haare raus. Kalle wird meine Vorstellung schon peinlich. Geh, raunt er eindringlich. Ohne ein weiteres Wort verlasse ich die Bühne. Ich weiß zwar nicht, ob ich eine der Waschmaschinen benutzen darf, aber das Risiko eines Anschisses muss ich eingehen. Hinten links ist eine Maschine frei und ich stopfe alles in die Trommel, kippe etwas Pulver direkt rein, wähle das 30°-Programm, Wasser Marsch und zurück ins Gehölz.
Kurz vor der Mittagspause reißt die Kette von Udos Motorsäge. Ich nutze die willkommene Zwangspause und schau im Turm vorbei. Kaum dass ich den Kopf zur Tür reinstecke, schleudert das blaue Biest mir eine Wasserflasche entgegen. Ich kann die Tür schnell genug wieder schließen. In knappen Worten erzähle ich ihr, was ich angeleiert habe und dass es wichtig sei, dass sie friedlich im Turm bleiben solle, bis die Kerle aus dem Mustang kassiert seien. Von dem Toten in dem brennenden Haus sage ich erst mal nichts. Sie verlangt eine Dusche und ein Klo. Sie kann wählen: Eimer oder Baum. Sie will raus. Die will abhauen, warnt Kalle.
»Entweder du singst oder ich muss zugucken«, stelle ich sie vor die zweite Wahl.
»Hast du auch noch einen Liedwunsch?«, giftet sie zurück.
»Es klappert die Mühle am rauschenden Bach ...« Sie gibt einen fauchenden Laut von sich. Ich weiche nicht von der Tür, bis sie zu singen beginnt.
»Oh Lord, won’t you buy me a Mercedes Benz ...« Ich muss staunen, sie hat eine tolle Stimme. Nachdem
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