Duftspur
diesem Fall auf den Namen Udo hört und dass das alte verlassene Haus sein heimlicher Zerlegebetrieb gewesen sein muss.
»Aber, das ist ja noch lange nicht alles«, fährt der brötchenbackende Feuerwehrmann und Bürgermeister in der Schilderung der Ereignisse fort. Es sei eine weitere schaurige Entdeckung gemacht worden. Er selbst habe es nicht mit eigenen Augen gesehen, doch Feuerfred, der sei hautnah dabei gewesen, beinahe drüber gestolpert.
»Ich sage euch, ich habe den roten Teufel noch nie so kotzen sehen. Wir mussten einen Sanitäter rufen. Gesagt hat Feuerfred erst mal nichts. Konnte er gar nicht. Er hat nur gewürgt. Dann hat er immer wiederholt ›Der war schon tot‹. Ruckzuck hatte die Polizei dann den Keller abgeriegelt und ebenso schnell kamen Männer in weißen Anzügen und haben Spuren gesichert. Wie im Fernsehen. Es ist von einem Toten die Rede.«
Die Köpfe der Zuhörer neigen sich dem Bürgermeister zu, der mit dem Fortschreiten der Erzählung immer leiser geworden ist. Er kenne Feuerfred nun schon seit seiner Kindheit und wisse, dass er schon einiges mitgemacht habe.
»Ihr wisst doch noch, die Geschichte damals mit seinem Vadder«, ich betrachte den Boden meiner leeren Tasse. Die nette Frau beugt sich ein wenig zu mir und sagt leise: »Fred hat damals seinen Vadder vom Dachbalken abgeschnitten. Seitdem ist er so, wie er ist.« Ich nicke, als wüsste ich, wie man dann ist.
»Nä, so habe ich ihn noch nie erlebt. Irgendwas muss komisch gewesen sein bei dem Fund. Ein normales Brandopfer hätte Feuerfred nicht derartig zugesetzt.« Der Erzähler greift sich sein Bäckerschiffchen vom Tisch und rückt es auf dem kahlen Schädel zurecht. Fassungsloses Schweigen.
»Ich habe den einen Kriminalen was sagen hören, während er mit seiner Leitstelle sprach. Er sagte was von Mordopfer und Feuer zur Vertuschung eines Verbrechens.« Mir wird schlecht. Wenn die Spurensicherer da rumsichern, werden sie auch von mir Spuren finden.
»Was denn für ein Kriminaler? War der Wolle nicht da?«, fragt der Imbissbetreiber. Wolle steht für Wolfgang Groß und das steht für übelste Erinnerungen an meine Zeit mit dem Schulfeind.
»Ne, der hat sich doch Urlaub genommen und ist auf seinem Bau. Der hätte doch im Lebtag nicht die Kripo und mit ihr das ganz große Besteck aufgefahren. Ne, der nicht. Der Kriminaler war neu. Der muss sich erst mal bei mir vorstellen«, erläutert der Bürgermeister. Aus langjähriger Erfahrung als Feuerwehrmann wisse er, dass sich die Spurensicherung bei Bränden als schwierig erweise, kommt er auf das Ereignis der vergangenen Nacht zurück. Wenn Benzin oder andere Brandbeschleuniger ins Spiel kämen, würde die komplette Untersuchung noch aufwändiger und teurer, könne er sich vorstellen. Andere Temperaturen, andere Verläufe und dann das Asbest. Er wolle nicht wissen, welche Gifte alle frei gesetzt worden seien.
Ich bedanke mich für den Kaffee, lasse mir die Brote aushändigen, bekräftige mein vages Konzept und beschließe, die Polizei zu alarmieren. Anonym. Wenn das stimmt, was der Mann da eben sagte, habe ich vielleicht etwas Zeit gewonnen und kann verhindern, dass Luca mich glaubhaft belasten kann, indem ich sie drankriege. Nur wie? Ich verabschiede mich, schultre den Brotkorb und wende mich zum Gehen.
»Hey«, werde ich zurückgerufen, es ist der Bäckermeister, »du gehst doch wieder zur Burg, ne?« Ich nicke. »Gib bitte meinen Leuten die Brötchen hier, dann brauch ich nicht noch mal hoch.« Der Mann reicht mir zwei Frühstücksbeutel. Die dick belegten Brötchen tragen die Handschrift der Imbissbudenfrau.
»Sicher«, entgegne ich. Doch zuerst zur Zelle. Ich finde eine an der Hauptstraße am anderen Ende des Ortes und hätte nicht gedacht, dass ich für dieses klapprige Rad so etwas wie Dankbarkeit empfinden könnte. Kartentelefon. In meinem Portemonnaie müsste ein Kärtchen stecken. Ein Tankstellenkunde hatte es liegen lassen. Ich hoffe, dass das Ding noch nicht abgelaufen und genügend Guthaben drauf ist. 1,80, Glück gehabt.
Von der Auskunft lasse ich mich gleich mit der Polizei in Hamburg verbinden. Standhaft verweigere ich meine Personalien und erzähle, dass ich die zwei gesuchten Zeugen im Mordfall um einen Kapitän im Ort Freusburg an der Sieg gesehen habe. Sie hätten sich in der Nähe eines brennenden Hauses aufgehalten. Ich beschreibe noch den Mustang, damit sie mich nicht für einen Wichtigtuer halten, der sich mit dem in Gang setzen des Polizeiapparates
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