Dumm gelaufen: Roman (German Edition)
deute ich das folgendermaßen: Herr Uckermark erkennt die Clanherrschaft des anderen Männchens an, dennoch will Ann-Sophie sich nicht von ihm begatten lassen.
Schließlich steht der Mann bei uns. Er ist älter, als sein strammer Schritt und seine aufrechte Haltung hätten vermuten lassen. Die in Form gestriegelten Haare sind weitgehend ergraut, sein asymmetrisches Gesicht ist zerfurcht. Von der schwarzgeränderten Brille abgesehen, hat es sogar eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Steinbruch auf der Rückseite unseres Geheges.
»Das ist Herr Schacher«, erklärt Uckermark. »Herr Schacher ist Teilhaber des Gestüts. Er kümmert sich um alles Geschäftliche. Herr Schacher: Das ist Herr Mahlow von der Versicherung. Er ist gekommen, um …«
Uckermark verliert den Faden, also sagt Phil: »Ich prüfe, ob es Gründe gibt, die der Auszahlung der Versicherungsprämie entgegenstehen.«
Herr Schacher verzieht den Mund zu etwas, das ich nicht deuten kann, und nickt: Hat er verstanden.
Phil blickt zwischen Uckermark und Schacher hin und her. Seine Frage ist an beide gerichtet: »Ich wusste gar nicht, dass es einen Teilhaber gibt.«
»Dann wissen Sie es jetzt«, erwidert Herr Schacher.
Phil setzt sofort nach: »Darf ich erfahren, wie groß diese Teilhabe ist?«
Herr Schacher nimmt seine Brille ab und reibt sich die Nasenwurzel. Er liebt Versicherungsfuzzis. Über alles. Das sieht man ihm deutlich an. Dann setzt er seine Brille wieder auf. Er überlegt noch, welche Worte er wählen soll, um Phil möglichst unmissverständlich klarzumachen, dass er ihm mal das Fell lausen kann, als Uckermark an seiner Stelle antwortet. »Fünfzig Prozent.«
Phil bleibt bei Schacher. Ist eine Masche von ihm: Wenn jemand ihm »du kannst mich mal« signalisiert, dann verbeißt er sich erst recht in dessen Nacken. Kann einen nerven wie ein Abszess am Hintern. Ich hatte glücklicherweise noch keinen, aber Angie aus dem dritten Wurf … Okay, lassen wir das.
»Dann würden Sie also von der Auszahlung der Versicherungssumme im gleichen Maße profitieren wie Herr Uckermark«, stellt mein Partner fest.
Ann-Sophie verschränkt die Arme vor der Brust. Die ganze Situation ist ihr höchst unangenehm. »Brauchen Sie mich noch?«, fragt sie Phil.
Jetzt lässt mein Partner Schacher doch einen Moment von der Leine und antwortet Ann-Sophie mit einer Stimme wie grob geraspelte Zartbitter-Schokolade: »Im Moment nicht, vielen Dank, Frau Uckermark. Sollten sich noch Fragen ergeben, melde ich mich.«
Sie wendet sich an ihren Vater: »Dann gehe ich mir jetzt die Achillessehne von ›Golden Beauty‹ ansehen.«
»Ist gut, Liebes«, sagt Herr Uckermark.
Auch Schacher will etwas sagen, doch zuvor streift Ann-Sophie ihn mit einem Blick, der einer Drohung gleichkommt. Er überlegt es sich anders, doch die Bewegung seiner Hand kann er nicht unterdrücken. Die würde Ann-Sophie nur zu gerne in den Stall folgen.
Alle blicken der Tochter des Gestütsbesitzers nach. Solange sich die Stalltür hinter ihr nicht geschlossen hat, sagt keiner ein Wort. Dann sitzt mein Partner Schacher sofort wieder im Nacken: »Ist das so richtig?«, fragt er. »Sie und Herr Uckermark würden zu gleichen Teilen von der Versicherungssumme profitieren?«
»Da ich mit fünfzig Prozent an diesem Gestüt beteiligt bin«, erwidert Schacher, die Hände in den Jackentaschen, »ist das wohl offensichtlich.«
Wie zuvor Ann-Sophie, befragt Phil jetzt Schacher, ob ihm etwas aufgefallen sei und ob er sich einen Grund vorstellen könne, weshalb jemand den Sturz hätte herbeiführen wollen. Natürlich weiß er vorher, das Schacher verneinen wird, aber darum geht es nicht. Je genervter Schacher ist, umso größer ist die Chance, dass er sich verplappert. Eine Weile fragt Phil ihm Löcher in den Bauch, dann, als es nichts mehr zu fragen gibt, schlägt er einen plötzlichen Haken.
»Wie geht es Ihrem Jockey? Waren Sie schon bei ihm?«
»Bin noch nicht dazu gekommen«, knurrt Schacher. »Damit wenden Sie sich besser an Ann-Sophie, die verbringt im Moment mehr Zeit im Krankenhaus als auf dem Gestüt. Wieso fragen Sie? Ist das versicherungstechnisch relevant?«
»Nein, ist es nicht.«
»Hm. Sollten Sie keine weiteren Fragen mehr haben, dann würde ich jetzt gerne meiner Arbeit nachgehen.«
Ich kann es nicht sehen, ahne aber, dass Phil ihm gerade sein entzückendstes Lächeln zuwirft. Würde man nicht glauben, aber wenn die Situation es erfordert, kann er sogar lächeln: »Sicher.«
»Herr
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