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Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Titel: Dumm gelaufen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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geheißen und einen komischen Akzent gehabt haben, schwedisch oder so, aber Michael, der Wirt, hat sich seinen Ausweis nicht zeigen lassen, und sonst hat er wohl auch nichts dabei gehabt. Na ja, und am nächsten Tag hat sich dieser Xaver dann das Fahrrad vom Michael geliehen, und, na ja, das war’s dann. Fahrrad weg, Xaver weg.
    Phil kann sich vor Spannung kaum auf dem Sitz halten. Außerdem hat er Henger so lange beim Essen zusehen müssen, dass er sich jetzt einen doppelten Schnaps bestellt, zur Verdauung. »Hat diesen Xaver jemals jemand vermisst?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Dann könnte er sich das Fahrrad also auch einfach geklaut haben und damit weggefahren sein?«
    Henger reißt die Augen auf: »Meinen Sie?«
    Phil antwortet mit einer Gegenfrage: »Merksatz Nummer Eins?«
    »›Alles zulassen, nichts ausschließen‹ …«
    Mein Partner kippt seinen Schnaps runter. Das, was davon in meine Nüstern zieht, würde ausreichen, um einen Gecko tot von der Decke fallen zu lassen. Ich höre Phil japsen.
    »Nicht schlecht, was?«, fragt Henger. »Den destilliert der Michael selbst.«
    »Aus was?«, keucht Phil, »Tollkirschen?«
    Zum dritten Mal fixiert der Polizist mit seinem Messer meinen Partner: »Mann, Sie sind echt gut.«
    Phil traut seinen Ohren nicht. Er betrachtet das Schnapsglas: »Aber Tollkirsche ist giftig!«
    »Der Michael meint, das verfliegt beim Destillieren.«
    Ich schätze, mit dem Schnaps ist es wie mit dem Kotelett: Muss man mit groß geworden sein.
    »Eins würde ich gerne noch wissen«, sagt Phil, der diesen Abend und diesen Tag einfach nur noch hinter sich bringen will, »wie sind Sie auf die Idee gekommen, das verschwundene Fahrrad ausgerechnet bei den Uckermarks zu suchen?«
    »Naja, ich konnte es sonst nirgends finden, und da hab ich gedacht: Warum sollte dieser Xaver sich überhaupt ein Fahrrad leihen, wo doch praktisch alles hier im Ort zu Fuß zu erreichen ist – außer dem Hof von Hansens und dem vom alten Uckermark.«
    »Aber gefunden haben Sie’s nicht.«
    Henger schüttelt den Kopf: »Ist wie vom Erdboden verschluckt.«
    Petra kommt, nimmt den Teller und fragt: »Darf’s noch was sein?«
    Henger bestellt eine Rote Grütze, »mit extra viel Soße«.
    Petra nickt Phil zu: »Sie?«
    Phil zeigt sein Schnapsglas vor: »Ich nehme noch einen Doppelten hiervon, bitte.«
     
    Nach dem dritten doppelten Tollkirschenschnaps bekommt Phil eine SMS , die ihm wahrscheinlich das Leben rettet.
    »Bin gleich wieder da«, sagt er, schultert seine Tasche und wankt mit mir aufs Klo.
    Huiuiuiuiui! Die scheinen ihre Toiletten zweimal täglich mit Salzsäure zu schrubben. Gegen diesen Geruch ist der im Gastraum nur ein zarter Vorgeschmack. Phil öffnet die Tasche, ich werde von fiesem Verhörlicht geblendet, dann hält er mir sein Handy vor die Nase. Da steht etwas. Als könnte ich lesen.
    »Schickes Handy«, sage ich, »kenne ich aber schon.«
    Seine Augen sind glasig: »Was bitte ist ein« – er hält sich das Handy so nah vor die Augen, dass seine Wimpern das Display berühren – »Vierzehn B?«
    Rufus. Mein Schlaumeier-Bruder. Hat alle denkbaren Ereignisse von »Aalattacke« bis »Zuckerschock« katalogisiert und mit Codes versehen. So ist er. Natürlich kann niemand außer ihm etwas mit diesen Codes anfangen. Doch er gibt nicht auf. Sisyphos. Schon wieder. Ich schätze, man muss ihn sich als glückliches Erdmännchen denken.
    »Keine Ahnung«, sage ich. Wahrscheinlich ist ein Vierzehn B nur »Fremdkot im Gehege« oder etwas ähnlich Unwichtiges, aber da mir die Gesundheit meines Partners am Herzen liegt und er auf keinen Fall noch einen Schnaps kippen sollte, ergänze ich: »Könnte aber wichtig sein. Besser, wir fahren zurück.«
    Phil rülpst. »Dein Bruder geht mir auf den Sack.«
    »Da sagst du was.«
     
    Kurz darauf bekomme ich ausgiebig Gelegenheit, meinen Vorschlag zu bereuen. Wir fahren auf derselben Landstraße, die uns hergeführt hat, nur ist mein Partner davon überzeugt, dass sie seit heute Mittag zu einer sechsspurigen Autobahn ausgebaut worden ist. Wir schlingern also über die Fahrbahn, rechts Bäume, links Bäume, und ich setze ein Stoßgebet nach dem anderen ab, dass uns kein Auto entgegenkommen möge, denn wenn ich schon sterben muss, will ich nicht noch einen Unschuldigen mit in den Tod reißen.
    Aus dem Nichts heraus macht Phil eine Vollbremsung, stemmt sich gegen das Lenkrad, die Räder blockieren, und der Wagen dreht sich quer zur Fahrbahn. Würde in einem

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