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Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Titel: Dumm gelaufen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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Lupe und eine Pinzette gezückt und mit der Untersuchung der Partikel begonnen. »Bis dahin weiß ich’s.«
    Na bitte. Geht doch.
     
    Ich lasse mich in meinen Schwimmflügel sinken. Immer wieder fallen mir vor Müdigkeit sekundenlang die Augen zu. Ich habe bereits mit einem Bein die Schwelle zum Schlaf überschritten und blinzele ein letztes Mal zum Tisch hinüber, als ich bemerke, dass Rufus mich eindringlich betrachtet, die Pinzette in der Luft.
    »Ist noch was?«, frage ich.
    »Ich fürchte, ja.«
    »Du fürchtest?«
    Er legt die Pinzette ab. »Ich habe nachgedacht.«
    O nein.
    »Es ist, wie du gesagt hast«, überlegt mein Bruder, »es gibt Weibchen, die brauchen die Tragik. Auch wenn sie es nicht wollen. Ist wie Nahrung für die. Und wenn man sich selbst nicht zugrunde richten will, muss man sie irgendwann ziehen lassen.«
    Brav, denke ich und schließe die Augen. Du schaffst das.
    »Ich wollte dir das eigentlich nicht zeigen, Ray, aber ich habe etwas, das dir möglicherweise helfen wird, Elsa ziehen zu lassen.«
    Auf einen Schlag bin ich hellwach.

Kapitel 12
    »Eine BEUTELRATTE ?« Meine Bestürzung ist so groß, dass ich mehrere Anläufe brauche, um dieses eine Wort auszusprechen. Danach allerdings ist der Damm gebrochen: »Wie kann sie mir das antun? Monatelang erzählt sie mir, es hätte keinen Sinn, wir seien zu verschieden, und dann macht sie sich auf und davon und hängt ihr Herz an eine scheiß BEUTELRATTE !? Die können noch nicht einmal auf zwei Beinen laufen!«
    »Ich hatte ja gesagt, dass es möglicherweise helfen würde, dich emotional von ihr zu lösen«, flüstert Rufus.
    Ich kann meinen Blick nicht von dem Bild abwenden, das mich von Rufus’ Smartphone anleuchtet: Was für ein Widerling! Feistes Grinsen, Schweinsnase, ein Schwanz wie eine Peitsche und mehr Fett unter seinen Fellfalten als Erwin, die peruanische Hasenmaus. Das Ekelerregendste jedoch ist: Der Typ trägt einen Nerzmantel! Eine Beutelratte, die sich in einen Nerz hüllt! Wie pervers ist
das
denn!
    Leider ist die Beutelratte auf dem Bild nicht alleine: An ihr schlabberiges Fell geschmiegt und alles andere als unglücklich aussehend, ist ELSA zu erkennen. Sie hält einen Hustensaftmessbecher zwischen ihren zarten Pfötchen, der unter Garantie mit Champagner gefüllt ist, außerdem hat sie einen Piercingstecker im Ohr und zwar mit einem … Ich kneife die Augen zusammen.
    »Diamant«, antwortet Rufus, ohne dass ich gefragt hätte, »Viertelkaräter mit Goldeinfassung. Von Swarovski. Hab es gecheckt.«
    Diese Schlampe.
    Diese göttliche, liebliche, anbetungswürdige Schlampe!
     
    Wie Rufus zu dieser Aufnahme kommt? Ganz einfach: Sie ist ihm in die Klauen gefallen – als er in stundenlanger Fitzelarbeit mit seiner Frame-to-frame-Software die Aufnahmen von der Rennbahn in ihre Bestandteile zerlegt hat. Und plötzlich war da etwas am Bildrand …
    Auf dem eingezäunten VIP -Gelände, abseits der an diesem Tag spärlich besetzten Tribüne für die Ehrengäste, gibt es ein eigens für die Schönen und Reichen reserviertes Toto-Häuschen, das allerdings beim Saisoneröffnungsrennen mangels Nachfrage geschlossen blieb. Es ruht auf Stelzen, zwei Stufen führen zu einer Art Veranda, und eben unter dieser Veranda waren ein paar komische Flecken zu sehen, die jedem entgangen wären. Nur meinem Bruder nicht. Elsa war da – bei demselben Rennen, das Phil und ich uns angesehen haben –, Champagner schlürfend und in Gesellschaft einer Beutelratte, umringt von einer Entourage aus weiteren Beutelratten und Opossums, die alle den Eindruck erwecken, der VIP -Bereich sei ihr zweites Zuhause.
    Ist ein größeres Elend überhaupt denkbar?
    Bittere Galle steigt meine Speiseröhre hinauf. Mich interessiert nur noch eins: »Wer ist dieser Typ?«
    »Wie du dir denken kannst, habe ich die Aufnahmen bereits von einer Gesichtserkennungssoftware abgleichen lassen.«
    Wie ich mir denken kann … Pff! Bis eben wusste ich nicht einmal, dass es diesen Gesichtserkennungsscheiß überhaupt gibt.
    »Leider waren die Ergebnisse eher ernüchternd: ein Pelzschieber aus Französisch-Kanada, die Kinder-Attraktion eines Wildreservats in Montana, Probesniffer eines Coca-Bosses aus Kolumbien …«
    Mein Gehirn hat sich verhakt: » WER IST DAS !?«
    »Tut mir leid«, erwidert Rufus.
    »Du weißt es nicht?«
    »Das ist es, was ich dir zu erklären versuche.«
    Längst bin ich von meinem Schwimmflügel aufgesprungen und drehe Runden unter Rufus’ 430

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