Dumm gelaufen: Roman (German Edition)
ja, wo du mich findest.«
Es ist Nachmittag, als wir Phil treffen. Inzwischen bietet unser Gehege das vertraute Bild. Überall sieht man spielende, in der Sonne dösende und auch ein paar wachsam umherblickende Erdmännchen. Um seine Autorität zu unterstreichen, hat Rocky nach dem Abzug von Sergeant Rick die Wachen verdoppelt. In gewisser Weise sind wir also jetzt doppelt so gut darauf vorbereitet, im Fall der Fälle einfach panisch ins Steinhaus zu rennen. Aber im Grunde verstehe ich Rocky. Er will einfach seine Ruhe, und das heißt: Hauptsache Pa und Roxane sind zufrieden.
»Warum, zur Hölle, hat das denn so lange gedauert?«, will Phil wissen. Er lehnt am Geländer, seine Sonnenbrille scheint in die Ferne zu blicken.
»Ray hatte noch eine Gesprächstherapie mit einer Seeschlange«, erklärt Rufus.
»Das muss ich nicht verstehen, oder?«, erwidert Phil.
»Nein. Musst du nicht«, bestätigt Rufus.
»Ich dachte, Schlangen und Erdmännchen wären sich nicht grün.«
»Ist auch so«, sage ich. »Aber zum einen hilft man ja immer gern, wenn man helfen kann. Und zum anderen ist es manchmal nicht schlecht, jemanden zu kennen, der tödliches Gift in den Backen hat.«
»Eigentlich befindet sich das Gift im Oberkiefer …«, beginnt Rufus, aber Phil stoppt einen längeren Vortrag, indem er meinem Bruder einfach das Wort abschneidet. »Okay. Euer Ding. Gibt es Neuigkeiten im Pferdefall?«
Rufus strafft sich und zieht ein paar lose Blätter unter seiner Achsel hervor.
»Also, wir haben einen nackten Mann, dem jemand den Kopf weggeblasen hat und der mit Vornamen Xaver heißt«, beginnt Rufus. »Ihr wisst hoffentlich selbst, dass es nicht ganz leicht ist, auf Basis dieser mehr als spärlichen Angaben jemandes Identität zu ermitteln.«
»Deswegen haben wir dich ja gefragt«, sagen Phil und ich wie aus einem Mund.
Rufus nickt zufrieden. »Ich habe zunächst einmal die These aufgestellt, dass unser Toter aus der Schweiz stammt …«
»Warum denn das?«, frage ich verblüfft.
»Weil er und Piet Hansen sich in St. Moritz kennengelernt haben. Und das liegt ja bekanntlich in der Schweiz.«
Ich nicke verlegen und schweige. Mir war das nicht bekannt, aber das muss ich ja nicht gleich an die große Glocke hängen.
»Außerdem bin ich davon ausgegangen, dass Xaver mit großer Wahrscheinlichkeit unverheiratet ist.«
Ich verkneife mir, noch einmal nach dem Warum zu fragen, aber mein schlauer Bruder ahnt, dass mir die Frage unter den Krallen brennt.
»Unverheiratet, weil er schwul ist«, fährt Rufus fort.
»Aha«, sage ich mit fachmännischem Gesichtsausdruck.
»Danach habe ich überprüft, ob einer aus der Gruppe unverheirateter Schweizer mit dem Namen Xaver im Laufe der letzten zehn Jahre in der Presse für Schlagzeilen gesorgt hat.«
Rufus reicht uns ein Blatt Papier. »Dabei habe ich das hier gefunden.«
Das ausgedruckte Foto zeigt zwei Männer, die von Polizisten in ein Gerichtsgebäude geführt werden. Einer der Männer ist Luis Schacher.
»Wer ist der andere?«, will ich wissen.
»Das sind Xaver Landolt und sein Kompagnon …«
»Wie schon gesagt, Luis Schacher«, ergänzt Phil.
»Nein. Nicht ganz. Im richtigen Leben heißt er Giuseppe Marbati. Und das ist auch der Grund, warum ich nichts über Luis Schacher gefunden habe. Er ist eine Erfindung von Giuseppe.«
»Spann uns nicht auf die Folter, Rufus. Was haben die beiden angestellt?«
»Sie waren Inhaber einer Sicherheitsfirma. Und wenn du mich fragst, dann haben sie ihren eigenen Geldtransporter überfallen.«
Phil pfeift anerkennend.
Rufus nickt. »Rund eine Million Euro sind dabei herausgesprungen, allerdings wurde nur ein Bruchteil des Geldes gefunden. Und zwar pikanterweise in der Wohnung von Xaver Landolt. Während man Giuseppe keine Beteiligung an dem Verbrechen nachweisen konnte, wanderte Landolt in den Knast.«
»Heißt das, Giuseppe alias Luis hat seinen Kompagnon reingelegt?«, fragt Phil.
»Das ist meine Vermutung«, erwidert Rufus.
»Aber warum hat Xaver dann nicht gegen ihn ausgesagt?«, frage ich.
»Ich vermute, dass Giuseppe ihm versprochen hat, Xavers Anteil an der Beute zu verwahren und sich außerdem um dessen alte Mutter zu kümmern. Es heißt in einem Presseartikel, Xaver habe sie zu sich nach Hause holen wollen. Sie lebte damals nämlich in einem Heim …«
»Lebte …?«
»Ja. Inzwischen ist sie gestorben«, sagt Rufus. »Von Xavers Beuteanteil hat sie wahrscheinlich nie etwas gesehen.«
»Und dann sind sich Xaver
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