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Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Klein
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»Iiiihhhh, da ist Mäusekacke drin.« Mein Stuhl krachte gegen die Fensterbank, so schnell schoss ich hoch. »Das ist ja widerlich, was macht das denn im Ordner?«
    Mimi lachte nur. »Willkommen in der Welt der Verwaltungen. Das machen Mieter gerne, zum Beweis Mäuse- oder Rattenkot zu schicken. Warum das aber jemand in den Ordner gelegt hat, weiß ich wirklich nicht. Komm, ich schmeiß es weg.«
    Sie nahm den ekligen Beutel und entsorgte ihn in unserer kleinen Küche.
    »Danke schön«, schniefte ich. »Tust du mir noch einen Gefallen und guckst mal, ob da jemand noch mehr abgeheftet hat?«
    Das tat sie, aber die Mäusekacke war das einzige Corpus Delicti. Ich blätterte durch den Schriftverkehr und stellte fest, dass in der Gropiusstraße sehr, sehr unzufriedene Mieter wohnten.
    »Am besten packst du den Ordner ganz hinten in den Schrank«, instruierte Mimi mich. »Informier alle Mieter, dass du jetzt für das Objekt zuständig bist. Wem dann seine Beschwerde noch wichtig ist, wird sie dir schon noch mal schicken. Und du fängst mit einem leeren Ordner an.«
    Ein guter Rat. Ich setzte ein Schreiben auf und wuchtete die Akte in den letzten Schrank. Aus den Augen, aus dem Sinn, das war effektives Arbeiten.
    Mimi fuhr mich abends nach Hause, und gemeinsam machten wir uns für unsere Clubrunde fertig. Das war fast so wie in der sechsten Klasse, als meine Freundinnen und ich uns jeden Freitagabend für die Pop-Party aufrüschten. Die Pop-Party war eine Disco im Keller der Kirche und für Teenies zwischen zwölf und fünfzehn. Vorher saßen wir zusammengedrängt vor der Friseurkommode meiner Mutter und schmierten uns alles ins Gesicht, was die Avon-Beraterin dagelassen hatte. Vielleicht hätte ich meinen Freundinnen nicht glauben sollen, dass der himmelblaue Lidschatten, der bis zu meinen Augenbrauen reichte, wunderbar mit dem orangenen Lippenstift harmonierte. Aber Spaß hatten wir trotzdem ohne Ende.
    Mimi und ich gingen heute beim Make-up etwas subtiler vor, dafür teilten wir uns während des Schminkens eine Flasche Sekt. Bester Laune riefen wir uns ein Taxi und stöckelten einem lustigen Abend entgegen.
    Im La Ola gingen wir zuerst in den Lounge-Bereich, weil ich mit Mimi noch ein ernstes Wort zu reden hatte.
    »Stell dir jetzt bitte mal vor, du hättest seit zwei Jahren einen festen Freund und wärst superglücklich mit ihm, ja?«
    »Wieso soll ich das denn tun? Ich will doch gerade jemanden kennenlernen.«
    »Genau, und das geht am einfachsten, wenn du diese lockere Ausstrahlung hast, diese ›ich brauche keinen Mann, ich will nur Spaß‹. Du strahlst im Moment eher Verzweiflung aus, und da nimmt jeder Mann Reißaus. Aber mit einem Freund zu Hause wirkst du viel entspannter.«
    Das leuchtete Mimi ein. Sie stellte sich diesen Mann nicht nur vor, sie verfasste im Kopf ein ellenlanges Drehbuch und berichtete mir alle Details. Als sie bei dem Namen ihres ersten Kindes angekommen war, stoppte ich sie.
    »So, gut, du weißt, was ich meine, lass uns tanzen gehen.«
    Das taten wir den ganzen Abend lang und hatten einen Riesenspaß. Als ich zur Bar ging, sah ich Mimi mit einem ganz akzeptablen Mann bei einem Glas Sekt. Das sah doch vielversprechend aus. Ich ging zu den beiden, und Mimi stellte mich vor.
    »Alice, das ist Tom. Ich habe Tom gerade erzählt, dass Patrick und ich diesen Sommer auf die griechischen Inseln wollen.«
    Was? Irgendwie hatte sie mich nicht richtig verstanden. Tom murmelte irgendwas und machte sich entnervt vom Acker.
    »Mimi. Wie doof ist das denn? Du solltest dir doch nur für dich einen Mann vorstellen, damit du nicht so bedürftig wirkst. Du kannst doch keinen Typ kennenlernen, wenn du ihm als Erstes erzählst, dass du in einer festen Beziehung lebst.«
    »Ich weiß ja«, gab sie schuldbewusst zu. »Aber das hat so gut funktioniert mit dem Vorstellen, dass ich mich total in Patrick und unser Leben verliebt habe.«
    »Mimi, dir ist einfach nicht mehr zu helfen. Lass uns noch im Vega einen Absacker nehmen, und dann fahren wir nach Hause.«
    Dort bekamen wir einen Cocktail von zwei netten Typen namens Hannes und Phillip spendiert, und jedes Mal, wenn Mimi versuchte, das Gespräch auf Urlaube oder Einrichtungen zu bringen, trat ich ihr auf den Fuß. Langsam konnte sie ihren Freund Patrick vergessen, und bald schon flirtete sie mit Hannes. Bevor sie wieder irgendwas Dummes tun würde, wie ihn zu fragen, ob er sich auch kein Leben ohne Kinder vorstellen könne, sagte ich Hannes und Phillip, dass wir

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