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Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken
Autoren: Kerstin Klein
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ihn dabei stören.
    »Bernie, kann ich am Mittwoch einen Tag Urlaub nehmen?« Ich erzählte ihm von der Fernsehshow und Melindas Rolle darin. »Meine Mutter und ich wollen da unbedingt hin.«
    »Eine Fernsehshow? Das ist ja fantastisch.« Er hüpfte vor Begeisterung auf und ab. »Wir machen am Mittwoch einen Betriebsausflug. Ich habe noch nie bei Fernsehaufnahmen zugeguckt. Wir fahren alle hin – wer weiß, vielleicht werden wir entdeckt?«
    »Meinst du?«, fragte Mimi, die gerade hereinkam, begeistert. »Glaubst du, wir kommen auch ins Fernsehen?«
    »Warum nicht? Ihr beide wärt perfekt für eine Soap und ich – wer weiß? Da gibt es doch diese Makler-Doku, da wäre ich doch genau die richtige Besetzung, oder? Gerade jetzt mit meinen neuen Promi-Kontakten. Ach, Alice, übrigens, it’s Showtime. In einer Stunde hast du einen Termin zur Hausbesichtigung im Brahmsweg.«
    Wir ließen den träumenden Bernie allein und gingen in unser Büro.
    »Mensch, Mimi, du hast dich gestern gar nicht mehr gemeldet? Wie ist dein Date mit Hannes gelaufen?«
    »Ach, na ja, eigentlich ganz gut«, sagte sie zögernd. »Ich schätze mal, man muss in jeder Beziehung Kompromisse machen.«
    »Kompromisse? Beziehung? Mimi, das war euer erstes Date. Da macht man noch keine Kompromisse.«
    »Ach was. Ich habe beschlossen, nicht mehr so kritisch zu sein. Wenn ein Mensch gerne redet, ist das doch schön. Er ist kommunikativ. Und ich finde es auch gut, dass er gut mit Geld umgehen kann. Das ist was Positives.«
    »Was meinst du damit, ›er kann gut mit Geld umgehen‹? Nein, sag nichts. Du durftest dein Essen selbst bezahlen, stimmt’s?«
    »Ja, sag ich doch. Er versucht eben nicht, eine Frau mit seinem Geld zu beeindrucken.«
    »Mimi. Ein Typ, der dich zum Essen einlädt und es dich dann selbst bezahlen lässt, ist einfach nur übel geizig. So jemand hat dich doch nicht verdient.«
    Sie ignorierte meine Einwände. »Glaub mir, dieses Mal habe ich wirklich ein gutes Gefühl.«
    Ich hatte mir schon immer gedacht, dass Gefühle überschätzt werden.
    Um Viertel vor elf kam ich im Brahmsweg an. Die Gartenpforte war nicht vermint, auch Protestschilder standen nicht im Garten. Vielleicht hatte der Gnom wirklich Vernunft angenommen.
    Frau Marschacht hatte das Haus toll hergerichtet. Es strahlte vor Sauberkeit, und aus der Küche roch es sogar nach frisch gebackenem Brot. Perfekt. Um kurz nach elf klingelte es, und die Interessenten standen vor der Tür. Es handelte sich um ein Ehepaar um die vierzig, das so aussah, als wäre es ziemlich wohlhabend. Die Frau geriet schon im Eingang ins Schwärmen.
    »Was für eine tolle Lage. Und der Garten so gepflegt, ich muss unbedingt mehr sehen.«
    Ich hatte definitiv eine Glückssträhne. Jedenfalls bis wir zum Esszimmer kamen. Denn dort erklang plötzlich laute Marschmusik. Im Takt dieser Musik marschierte der Gnom, der eine Militäruniform anhatte und in der Hand einen alten Degen hielt. Und er hatte sich noch Verstärkung mitgebracht, noch einen alten Mann. Die Militäruniform gab es im Kostümverleih wohl nur einmal, darum sah sein Freund aus wie ein Kapitän zur See. Allerdings wie ein Kapitän, der einen Rollator brauchte. Der Gnom skandierte laut zur Musik. »Wir werden nicht kapitulieren. Dies ist unser Haus, niemand kriegt uns hier raus.«
    Das Ehepaar sah mich fragend an.
    »Oh, kümmern Sie sich nicht um die beiden. Sie gehören zu einer Laienspielgruppe, die dieses Haus bisher für ihre Proben genutzt hat. Ich habe leider versäumt, die heutige Probe abzusagen«, improvisierte ich.
    »Glauben Sie der Maklerschlampe kein Wort. Das ist keine Probe«, schrie der Gnom. »Ich soll hier vertrieben werden. Kaufen Sie ruhig das Haus. Ich werde Sie verklagen, ich gehe damit bis zum Europäischen Gerichtshof. Dies ist mein Haus.«
    »Also«, stotterte die Frau, »ich glaube, das ist hier doch nicht so ganz das Richtige für uns. Aber vielen Dank für Ihre Mühe.«
    Mit diesen Worten verschwanden die beiden so schnell, dass ich keine Chance mehr hatte, sie aufzuhalten.
    »Aber Vater«, stöhnte Frau Marschacht. »Du hast mir versprochen, keinen Ärger mehr zu machen.«
    »Ha! Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt. Und dies hier ist Krieg. Und sie hat ihn angefangen.«
    Wütend zeigte er mit seinem Degen auf mich.
    »Frau Marschacht, könnten wir uns vielleicht ganz kurz mal unter vier Augen sprechen?«, brachte ich hervor.
    In der Küche sah ich sie an. »Frau Marschacht, so wird das nichts. Es tut mir
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